Gunzendorf, das ist Irmi Knaus' Lebenswerk

3 Min
Irmi Knaus, die Seele von Gunzi live, mit der Auszeichnung für ihr Lebenswerk - erfolgreiche Veranstaltungen in fünf Jahrzehnten in Gunzendorf.Foto: Anette Schreiber
Irmi Knaus, die Seele von Gunzi live, mit der Auszeichnung für ihr Lebenswerk - erfolgreiche Veranstaltungen in fünf Jahrzehnten in Gunzendorf.Foto: Anette  Schreiber

Irmi Knaus gilt als die Seele der Jugendkultstätte in Gunzendorf. Sie kann und will deren Ende nicht akzeptieren und hofft auf ein Happy End.

"Das hätte nicht passieren dürfen, oder?!" Bei der resoluten Dame klingt das mehr wie ein Vorwurf denn eine Frage. Irmi Knaus darf das. Denn "Irmi", wie sie rund um die Gunzendorfer Jugend-Kultstätte, Gunzi live, zuletzt GunzLive, genannt wird, ist im Laufe der Jahrzehnte Generationen von Besuchern zur Ikone geworden. Und als solche betrauert und bedauert gerade sie den Niedergang, das heißt die von den neuen Betreibern jüngst verkündete und umgesetzte Schließung.

Jahrzehnte an der Spitze

Bis die Sauer-Erben das große Firmenareal 2017 verkauften, stand hier Irmi etliche Jahrzehnte an der Spitze, viele Jahre sogar bei vier Firmen mit insgesamt knapp 100 Mitarbeitern in Voll-und Teilzeit. Als Geschäftsführerin führte sie den Laden auf jeden Fall so lange weiter, bis ein neuer Besitzer und Betreiber gefunden war, das war sie sich einfach schuldig. Obwohl sie dafür eigentlich ein Jahr länger schaffte, als sie es rententechnisch gemusst hätte. Hätte es da nicht ein bisschen nahe gelegen, dass sie Gunzi live selbst übernimmt?

"Das war keine Option, irgendwann muss auch einmal Schluss sein." Die Zeit der Drügendorferin in Gunzendorf war eine lange und intensive. Kein Wochenende daheim, da hätte sie ohnehin keine Ruhe gehabt, wenn in Gunzendorf Betrieb ist.

Die gelernte Industriekauffrau erinnert sich noch an die Anfänge. Wie sie darauf gefiebert hatte, 16 zu werden, "dass ich die geheiligten Hallen von Gunzendorf betreten darf". Diese waren auch für sie damals schon Kult. Irgendwann hat Besitzer Andreas Sauer seinen Betrieb vergrößert und Irmi angestellt. Der Moment, ab dem Irmi nach und nach zu dem geworden war, was für Stammgäste die Seele von Gunzi live ist, größtenteils auch heute noch. Der Irmi-Fanclub ist groß. So groß, dass Irmi gebeten wurde, zur spontan organisierten Trauerfeier zu kommen. "Selbstverständlich bin ich dann da hin."

Freilich war sie auch in Rente immer wieder zu der einen oder anderen Veranstaltung gekommen, bei der Bands auftraten, zu denen sie eine besonders enge Verbindung hat. Justice, F.U.C.K., Troglauer, Schlachtschüssel, Audio Gun, Leutenbacher Musikanten - alles ihrerseits Kultbands. Bei den neuen Betreibern war sie stets willkommen, hatte ein, wie sie sagt gutes Verhältnis, "ich kannte die beiden ja".

Nach Jahrzehnten kann Irmi emotional nicht einfach so loslassen. Wohl auch weil sie immer wieder für die Tanz- und Livemusik-Einrichtung vor Gericht gezogen ist und gekämpft hat. Anzeigen gab es wegen der unterschiedlichsten Dinge.

Am hartnäckigsten waren die in Sachen Lärm. Immer wieder stand die Geschäftsführerin vor Gericht Nachbarn gegenüber. Zu Beginn war es eine Gruppe von vier Personen, die reduzierte sich im Lauf der Zeit auf eine. Im neuesten Prozess, den die jüngsten Betreiber führten, waren es wieder zwei.

"Ich war insgesamt bestimmt 20 Mal vor Gericht." Irmi Knaus kann nicht verstehen, dass jetzt alles vorbei sein soll. "Ich hab' immer weiter gekämpft, Aufgeben war nie eine Option, das war ich meiner Jugend schuldig." Das hat erheblichen Aufwand bedeutet. Allein 1998, bringt sie als ein Beispiel, wurden 300 000 Mark in Lärmschutz investiert.

Eines der großen Beschwerde-Themen. "Wir haben immer wieder nachgebessert, etwas getan, uns aber auch aus unserer Sicht gegen nicht Gerechtfertigtes zur Wehr gesetzt." Weil Irmi es diese besondere - Location würde man heute sagen - wert war. "Wir haben hier Maßstäbe gesetzt, musikalisch und auch sonst."

Der Zeit voraus

Irmi war ihrer Zeit voraus, beispielsweise baute sie bereits 2006 ein Raucherzelt, obwohl die Raucher erst 2008 gesetzlich an die Luft geschickt wurden. Musikalisch spielten hier immer die angesagtesten Bands , oder solche, die es in Folge genau dazu brachten. In Gunzendorf wurden Trends gesetzt, fasst Irmi zusammen.

Lebenswerk ausgezeichnet

Sie hatte offenbar ein feines Gespür dafür, was ging, oder gehen könnte. 2018 jedenfalls wurde Irmi Knaus für ihr Lebenswerk als erfolgreichste Tanzveranstalterin der letzten 50 Jahre in Franken ausgezeichnet. In Modschiedel. Auch eine Kult-Location und eine der ganz wenigen, die geblieben ist. Irmi Knaus erinnert sich an all die anderen verschwundenen in Moggast, Schnaid, Hallstadt, Bamberg.

"Wo soll die Jugend hin?" Die Frage klingt eher wie ein Vorwurf. "Bei uns wussten die Eltern, wo ihre Kinder sind." Für viele hat sie persönlich eine Mitfahrgelegenheit oder ein Nachtquartier organisiert. Der Jugend fehlt nun eine ganz wichtige Anlaufstelle. Irmi Knaus bezeichnet es als so etwas wie Heimat. "Das hätte nicht passieren dürfen!" Diesmal lässt sie den Nachsatz weg. Die Hoffnung, dass die Kultstätte weiterlebt, hat sie aber noch nicht begraben.

CHRONOLOGIE

Anfänge Seit 1612 ist in Gunzendorf auf dem heutigen Areal eine Brauerei dokumentiert, dazu gesellte sich ein Gasthaus.

Entwicklung Im 20. Jahrhundert kamen ein Fuhrunternehmen und Tiefbauunternehmen dazu. Das Tanzlokal gibt es seit 1956, 1973 wurde ein großer Saal gebaut, nachdem der kleinere Vorgängerbau abgebrannt war. 1989 wurde der Saal erweitert, Disco-Musik hielt Einzug. Es wurden ein Veranstaltungs- und eine Erlebnisgastronomiefirma gegründet.

Einschnitt 1994 starb Andreas Sauer, Irmi Knaus führte im Auftrag der Familie die Einzelfirmen weiter, das Gasthaus wurde verpachtet. 2014 stellte das Tiefbauunternehmen den Betrieb ein, 2016 die Brauerei.

Neuzeit Immer wieder gab es Klagen aus dem Ort, 2012 war die letzte große Verhandlung mit einschneidenden Begrenzungen. 2017 verkaufte die Familie das Areal. 2019 gab es das letzte Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, die Betreiber stellten im September diesen Jahres den Betrieb ein.