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Grünen-Treffen in Hirschaid massiv gestört - "Versuch der Einschüchterung"


Autor: Ralf Welz, Agentur dpa

Hirschaid, Freitag, 23. Februar 2024

In Hirschaid ist eine Versammlung der Grünen massiv gestört worden. Rund 300 Menschen nahmen an einer unangemeldeten Protestaktion teil. "Es war ein Angriff auf unsere demokratischen Grundpfeiler", kritisiert eine Sprecherin der Partei.


Grünen-Treffen in Hirschaid gestört - rund 300 Menschen bei unangemeldetem Protest. Veranstaltungen der Grünen wurden zuletzt immer wieder von öffentlichen Unmutsäußerungen und Ablehnung begleitet. Vor gut einer Woche wurde Grünen-Chefin Ricarda Lang im baden-württembergischen Schorndorf wüst beschimpft. Kurz zuvor war in Biberach der politische Aschermittwoch der Partei wegen Sicherheitsbedenken abgesagt worden. Grund war eine aus dem Ruder gelaufene Demonstration. 

Auch der Neujahrsempfang des Grünen-Kreisverbands Hof in Helmbrechts am 9. Februar wurde durch eine Spontan-Aktion beeinträchtigt, wie die Bamberger Grünen-Bundestagsabgeordnete Lisa Badum inFranken.de berichtete. Die 40-Jährige schilderte bedrohliche Szenen. Bei einer Kundgebung des Bayerischen Bauernverbands vor der Bamberger Brose-Arena hatten die Versammlungsteilnehmer Badum mit einem Pfeifkonzert empfangen. Nun wurden die Grünen erneut Zielscheibe von Demonstranten. In Hirschaid führte eine Veranstaltung am Mittwochabend (21. Februar 2024) zu lautstarken Protesten.

Update vom 23.02.2024, 11 Uhr: Grünen-Sprecherin berichtet von Einschüchterungsversuchen - "reine Machtdemonstration"

Der Grünen-Kreisverband Bamberg-Land übt an der Protestkundgebung von Landwirten und anderen Teilnehmern am Mittwochabend in Hirschaid heftige Kritik. Die Jahreshauptversammlung der Partei sei "aus Sicherheitsgründen abgebrochen" worden, erklärt Vorstandssprecherin Sarah Eisenberger auf der Facebook-Seite des Verbands.

Der Vorstand habe bereits am Nachmittag erfahren, dass Landwirte kommen wollen - aus diesem Grund habe der Kreisverband proaktiv Gespräche angeboten. "Ab kurz vor 19 Uhr standen wir bei den Demonstrierenden, aber nur einige wenige suchten das Gespräch", heißt es in dem am Freitagmorgen (23. Februar 2024) veröffentlichten Social-Media-Beitrag der Grünen.

Die Parteiversammlung sei zudem von Anfang an mit Klopfen gegen die Scheiben, Hupen, Sirenen, Böllern, Sprechchören und Beschimpfungen gestört worden. "Wie die Polizei in der Berichterstattung dann von friedlichen Protesten reden kann, ist mir schleierhaft", hält Eisenberger fest. Augenscheinlich sarkastisch ergänzt sie: "Aber klar: es war so friedlich, dass wir letztlich das Gebäude nur mit Polizeischutz verlassen konnten!"

Laut Eisenbergers Auffassung sei es den meisten Versammlungsteilnehmern nicht um "vielleicht berechtigte Interessen der Landwirtschaft" gegangen. "Das in Hirschaid war reine Machtdemonstration und der Versuch der Einschüchterung - es war ein Angriff auf unsere demokratischen Grundpfeiler", hält die Vorstandssprecherin des Grünen-Kreisverbands Bamberg-Land fest.

Update vom 23.02.2024, 8 Uhr: Grünen-Fraktionschefin äußert deutlichen Unmut über Störaktion

Die Grünen-Fraktionschefin im Landtag, Katharina Schulze, forderte eine Aufklärung der Vorfälle: Meinungs- und Versammlungsfreiheit gehörten zum Kern der Demokratie, "aber so eine Störaktion wie gestern Abend in Hirschaid ist absolut inakzeptabel". Ehrenamtliche seien eingeschüchtert worden und die geplante Veranstaltung habe nicht durchgeführt werden können. "Das ist ein weiteres Warnsignal für alle Menschen in unserem Land. Es ist wichtig, dass dieser Vorfall nun von höchster Stelle aufgearbeitet wird."

Der Bayerische Bauernverband (BBV) in Oberfranken distanzierte sich von der Aktion, man habe damit nichts zu tun, betonte ein Vertreter der Geschäftsstelle am Donnerstag.

Originalmeldung vom 22.02.2024: Protestaktion bei Grünen-Versammlung in Hirschaid: Rund 300 Menschen äußern ihren Unmut

Laut Polizeiangaben fanden sich zeitgleich zur um 19.30 Uhr stattfindenden Jahreshauptversammlung des Grünen-Kreisverbands Bamberg-Land rund 300 Demonstranten zu einer nicht angemeldeten Versammlung in der Nürnberger Straße ein - unter ihnen augenfällig viele Bauern und Handwerker. Laut Informationen der Agentur News5 versammelten sich die Teilnehmer mit etwa 100 Traktoren und anderen Fahrzeugen in der Nürnberger Straße in Hirschaid und protestierten gegen die geplanten Einsparmaßen der Bundesregierung. Mit Sirenen und lauten Hupen machten die Grünen-Gegner auf sich aufmerksam.

Zum Teil wurde die Parteiveranstaltung gestört, indem von außen gegen die Fensterscheiben des Veranstaltungsorts geklopft wurde, wie ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberfranken am Donnerstag (22. Februar 2024) gegenüber inFranken.de bestätigte. Demnach war vor Ort offenkundig auch eine laute Explosion wahrzunehmen, die vermutlich durch einen Feuerwerkskörper ausgelöst wurde. Die Bamberger Polizei sei von Beginn an vor Ort gewesen und bereits beim ersten Eintreffen und Hinzukommen von weiteren Traktoren die Zahl am Veranstaltungsort verstärkt, heißt es in einer Pressemitteilung.

Nach Protestaktion in Hirschaid: Teilnehmer blockieren Zufahrt zu Supermarkt in Buttenheim

"Sollten eventuelle Verstöße zutage gefördert werden, werden diese entsprechend geprüft", sagte der Polizeisprecher. "Laut aktuellem Stand gab es aber keine Gewalttaten oder Ähnliches." Kirchplatz und Nürnberger Straße waren laut News5-Schilderung auf mehrere hundert Meter durch Schlepper und Autos blockiert. Gegen 22 Uhr löste sich die Demonstration demnach wieder auf. Über deren genaue Zusammensetzung oder politische Zuordnung liegen nach Polizeiangaben keine gesicherten Erkenntnisse vor. Zuvor seien die verunsicherten Teilnehmer der Jahreshauptversammlung nach deren Ende gegen 21.30 Uhr von den Beamten in Kleingruppen zu ihren Fahrzeugen begleitet worden, so die Polizei.

Gegen 22.45 Uhr sollen sich im nahegelegenen Buttenheim zudem einige Teilnehmer der Protestaktion aus Hirschaid getroffen haben. Laut Polizei sollen sie dort mit sieben Traktoren und vier Autos die Zufahrt zum Zentrallager einer Verbrauchermarktkette blockiert haben. Zwölf Personen würden wegen des Verdachts der Nötigung zur Anzeige gebracht.

Gleich mehrfach wurde zuletzt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) von wütenden Demonstranten empfangen. Erst bei einem Besuch in Thüringen, dann in Nürnberg. Auch angesichts einiger gewalttätiger Proteste in jüngerer Zeit fordert er: "Wir müssen mehr miteinander reden." Weitere Nachrichten aus Bamberg und Umgebung findest du in unserem Lokalressort.