Pfeifkonzert für Grünen-Politikerin: Das sagt Badum nach dem Bauernprotest in Bamberg

4 Min

Mehr als tausend Bauern demonstrierten in Bamberg gegen die geplanten Agrarkürzungen. "Viel Wut, viel Ärger, viel Kritik an der Bundesregierung", resümiert Grünen-Abgeordnete Lisa Badum, die sich dem Protest stellte. "Es war kein angenehmer Termin."

In Bamberg haben zahlreiche Bauern öffentlichkeitswirksam gegen die Agrar-Sparmaßnahmen der Bundesregierung demonstriert. Mit rund 1000 Traktoren fanden sich die Landwirte am Montag (8. Januar 2024) an der Bamberger Brose-Arena ein. 

Der Präsident des Deutschen Bauernverbands in Oberfranken übte in seiner Rede scharfe Kritik an der Ampel-Koalition. Der Bamberger Bundestagsabgeordnete Andreas Schwarz (SPD) erhielt während seiner Ansprache wiederholt Buhrufe. Noch mehr Ablehnung widerfuhr Lisa Badum. Die Grünen-Politikerin wurde von den Versammlungsteilnehmern mit einem gellenden Pfeifkonzert empfangen.

Update vom 09.01.2024: Lisa Badum von fränkischen Bauern frostig empfangen - Grünen-Politikerin stellt sich Protest

Die Bamberger Bundestagsabgeordnete Lisa Badum (Grüne) hat gewiss schon angenehmere Auftritt wahrgenommen. Der Empfang der 40-Jährigen auf dem Brose-Arena-Gelände fiel äußerst frostig aus - was nicht nur an den eisigen Temperaturen vor Ort lag. "Ein kalter Tag", hält die Politikerin nach ihrer Rede in einem Social-Media-Beitrag fest. "Erregte Menschen mit 1000 Traktoren. Viel Wut, viel Ärger, viel Kritik an der Bundesregierung. Es war kein angenehmer Termin. Das war mir auch klar."

Dennoch habe sie ihre Verantwortung als Abgeordnete wahrgenommen und sich dem Protest gestellt, erklärt sie in ihrem Facebook-Post. "Ich war eine der Abgeordneten in unserer Fraktion, die auf eine Nachbesserung im Sparpaket gedrängt hat", berichtet Badum mit Blick auf die ursprünglich geplanten Einsparungen im Agrarbereich. Die gemeinsame sofortige Abschaffung von Agrardiesel-Privileg und Kfz-Steuer-Rückvergütung sei "zu viel und falsch"

Laut der Bundestagsabgeordneten für die Region Bamberg-Forchheim gibt es in der Gesellschaft sehr wohl eine Wertschätzung für Landwirte. "Der Rückhalt hat dazu geführt, dass das Sparpaket geändert wurde und die Bundesregierung auf die Landwirtschaft zugegangen ist", schreibt Badum. Diesen Erfolg sollte man sich nicht selbst kleinreden, rät sie. 

"Eigene Verantwortung für die Misere totgeschwiegen": Badum wirft CSU Versäumnisse vor

Der Protest müsse derweil demokratisch bleiben. "Die Bedrohung von Robert Habeck war falsch", betont die Parteifreundin des Bundeswirtschaftsministers. Die eskalierte Bauernaktion vor einer Fähre hatte unlängst eine Diskussion über die Protestkultur ausgelöst. "Man muss andere Meinungen aushalten, ohne Menschen anzugehen", so Badum.

"Das eigentliche Problem, der eigentliche Skandal ist nicht während der Zeit der Ampel-Regierung passiert, sondern in den Jahrzehnten davor", hält die gebürtige Forchheimerin fest. So seien 140.000 Höfe aufgegeben worden, als die CSU in der Regierung Verantwortung gehabt habe. Badums Appell: "Wir müssen aufhören, Lebensmittel zu verramschen und die Erzeuger:innen müssen ordentliche Preise bekommen."

Kommentare von CSU-Amtsträgern, in denen behauptet werde, die Grünen seien eine Gefahr für das Land, bezeichnet Badum als "heuchlerisch". Laut Darstellung der Grünen solle durch das Schimpfen auf grüne Minister "die eigene Verantwortung für die Misere totgeschwiegen" werden. "Das wird ihnen noch auf die Füße fallen, denn Menschen lassen sich nicht instrumentalisieren", äußert Lisa Badum mit Blick auf ihre politischen Gegner.

Erstmeldung vom 08.01.2024: Massenprotest in Bamberg - Grünen-Abgeordnete will vor Bauern sprechen und kommt kaum zu Wort

Obwohl die Bundesregierung die ursprünglich geplanten Einsparungen im Agrarbereich abgemildert hat, demonstrierten am Montag (8. Januar 2024) vielerorts eine große Anzahl an Landwirten. Solidarität zeigten auch andere Branchen in Franken. In Bamberg fanden sich mehrere Tausend Menschen an der Brose-Arena ein, um ihren Unmut gegen die von der Ampel-Koalition vorgesehenen Kürzungen Ausdruck zu verleihen. Nach Angaben des Deutschen Bauernverbands hatten sich am Vormittag mehr als 1000 Traktoren auf den Weg in die Domstadt gemacht. Zur angemeldeten Kundgebung der Bauern aus der Region Bamberg-Forchheim war auch reichlich lokale Politprominenz vertreten. Alle Entwicklungen des Tages findet ihr hier im Live-Ticker.

So fanden sich auf dem Podium auf dem Arena-Parkplatz unter anderem die beiden Landtagsabgeordneten Melanie Huml (CSU) und Ursula Sowa (Grüne) ein. Das Grußwort an die Versammlungsteilnehmer richtete Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke. Gegenüber inFranken.de hatte der SPD-Politiker vorab verlauten lassen, dass er den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Kompromiss bezüglich Agrardiesel und Kfz-Steuer für "richtig und fair" befinde.

Hermann Greif, seit 2012 Präsident des Bezirksverbandes Oberfranken des Deutschen Bauernverbands, rechnete in seiner Rede derweil mit den politischen Entscheidungsträgern in Berlin ab. "Wir streiken hier nicht für zehn Prozent mehr Lohn oder für 30 Wochenstunden Arbeit oder eine Einmalzahlung, sondern: Wir wollen ja nur das behalten, was wir bisher hatten."

Als Bamberger SPD-Politiker das Wort ergreift, kommt es zu "Diktatur"-Rufen 

Als anschließend Bambergs Bundestagsabgeordneter Andreas Schwarz das Wort ergriff, schlug die Stimmung unter den Demonstranten merklich um. Der SPD-Politiker erhielt für seine Ausführungen wiederholt Buhrufe.

"Dass wir hier nicht mit Standing Ovations empfangen werden, ist uns klar", hielt Schwarz mit Blick auf sich und seine Kollegen aus der Politik fest.  Er sagte gleichwohl, dass es gutes Recht der versammelten Menschen sei, für ihr Anliegen zu demonstrieren. Die Resonanz der Landwirte aus der Region wolle er mit nach Berlin nehmen.

Schwarz ließ durchblicken, dass er persönlich nicht hinter den Sparplänen der Regierung stehe. Vereinzelten Zwischenrufen aus dem Teilnehmerfeld, in denen von einer Diktatur die Rede war, erteilte Schwarz eine klare Absage. "Wenn wir in einer Diktatur leben würden, wäre das, was wir hier gerade erleben, gar nicht möglich", erklärte der Abgeordnete bezüglich der Protestaktion. 

Grünen-Abgeordnete Badum bei Bauerndemo mit Pfeifkonzert empfangen 

Noch frostiger als Schwarz wurde seine Kollegin Lisa Badum von den protestierenden Bauern vor der Brose-Arena empfangen. Als die Grünen-Bundestagsabgeordnete zum Mikrofon griff, ertönte eine gellendes Pfeifkonzert. Auch danach musste die 40-Jährige ihre Rede immer wieder unterbrechen, zu laut waren Buhrufe und abweisende Kommentare vonseiten der Landwirte. So musste Badum von ihren teils aggressiven Gegnern mehrfach Sprüche wie "Hau ab" und "Die Ampel muss weg" hinnehmen. "Es geht schneller, wenn ihr nicht die ganze Zeit so einen Lärm macht", entgegnete sie dem mitunter feindseligen Publikum. 

Als zusätzliche Herausforderung für die Grünen-Politikerin erwies sich ein vorübergehender Stromausfall, infolgedessen ihr Mikrofon stumm blieb. Wie zuvor ihr SPD-Kollege betonte auch Badum, dass sie den ersten Einsparentwurf der Bundesregierung für "unausgewogen und falsch" gehalten habe. Die Bauern seien diejenigen, die die Menschen ernährten. "Ohne euch: keine Milch im Kaffee, keine Pommes, kein Schäuferla und kein Bier hier in der Genussregion", konstatierte Badum. Sie rief die stellenweise wütenden Bauern zum Miteinander auf.

"Es ist wichtig, dass wir uns gemeinsam finden, weil wir gemeinsam diesen Dialog führen wollen." Zusammen mit Bauernverband Hermann Greif sitze sie seit vielen Jahren im Kreistag. "Wir haben da schon häufiger mal unterschiedliche Meinungen gehabt." Dennoch streite man fair miteinander. "Und das sollte unser Motto sein", rief sie den Kundgebungsteilnehmern zu. Trotz des akustischen Störfeuers sprach die Grüne von einer fairen Demonstration. "Was Robert Habeck passiert ist, war falsch", betonte Badum in Bezug auf die eskalierte Bauernaktion gegen den Bundeswirtschaftsminister an einer Fähre.

Weitere Nachrichten aus Bamberg gibt es in unserem Lokalressort.

Vorschaubild: © Ralf Welz / inFranken.de