Bamberg ist eine von zwei Städten in Deutschland, in denen Siemens eine neue Technologie ausprobiert.
Der Traum eines jeden Radfahrers: Er fährt durch die Stadt und wie von Geisterhand schaltet jede Ampel auf Grün, sobald er sich nähert. Die so genannte grüne Welle, die für Autos wegen der relativ konstanten Geschwindigkeiten im Stadtverkehr seit Jahrzehnten ein selbstverständlicher Service ist, kann man sich für den Radverkehr erst einmal nicht vorstellen: zu unterschiedlich sind die Geschwindigkeiten, mit denen Radler sich bewegen.
Und doch wird es in Bamberg - voraussichtlich noch in diesem Frühjahr - eine grüne Welle für Radfahrer geben. Entlang der Zollnerstraße sollen sie dank eines Pilotprojekts an sieben Kreuzungen durchgängig freie Fahrt erhalten: egal, ob sie stadtauswärts die Steigung überwinden müssen oder in schneller Fahrt stadteinwärts unterwegs sind. Und es ist egal, ob sie trainiert auf dem Rennrad sitzen oder gemütlich mit dem Hollandrad durch die Gegend zuckeln.
Erst auf die Messe
Die grüne Welle funktioniert mit der Smartphone-App SiBike-App, die das Umschalten der Ampel auslösen beziehungsweise anfordern kann. Bei der Firma Siemens wurde das Verfahren nach einer Idee von Projektleiter Michael Düsterwald entwickelt. Vorgestellt wird die neue Technologie vom 5. bis 8. April auf der Messe Intertraffic 2016 in Amsterdam. Danach beginnt die Testphase in nur zwei deutschen Städten: in Marburg und in Bamberg.
Wie genau funktioniert die grüne Welle für Radfahrer? Siemens-Projektleiter Michael Düsterwald erklärt es: Nähert sich ein Fahrradfahrer mit SiBike-App einer Kreuzung, schaltet die Ampel binnen weniger Sekunden automatisch auf Grün um beziehungsweise eine bestehende Grünphase wird verlängert. SiBike nutzt die Vorteile der Satellitennavigationstechnologie.
Das Smartphone des Fahrradfahrers bestimmt die Position mittels GPS und prüft, ob das Fahrrad einen virtuellen Auslösepunkt mit einer vorher bestimmten Geschwindigkeit passiert.
Wenn das Fahrrad den Auslösepunkt passiert, meldet die App die Aktivierung des Auslösepunktes an die Verkehrszentrale. Anschließend gibt die Verkehrszentrale einen Befehl an die Ampelsteuerung und sorgt dafür, dass der Fahrradfahrer grünes Licht erhält. Soweit die Erläuterungen von Siemens.
Im Rathaus am Maxplatz gibt sich Pressesprecherin Ulrike Siebenhaar regelrecht euphorisch: "Das ist ein tolles Projekt, wir freuen uns riesig. Auch wenn uns viele Radfahr-Verbände das nicht glauben, die Radfahrer liegen uns am Herzen." Den genauen Zeitpunkt für den Beginn der Pilotphase kann sie noch nicht nennen. Laut Michael Düsterwald wird der Spätsommer angepeilt.
Auch andere Strecken denkbar
In den Monaten nach dem Start wird die Zollnerstraße dann unter strenger Beobachtung stehen und der Versuch wird wissenschaftlich ausgewertet. Natürlich müssen die Radfahrer an dieser Strecke befragt werden, aber auch die Busfahrer der Stadtwerke und die Autofahrer, denn die grüne Welle für Radfahrer soll so intelligent funktionieren, dass sie andere Verkehrsteilnehmer nicht beeinträchtigt. "Evaluation" heißt die Auswertung in der Fachsprache. Fällt sie positiv aus, wird das System laut Siebenhaar nicht nur beibehalten, es soll auch auf anderen Strecken installiert werden.
Projektleiter Düsterwald ergänzt, welche Vorteile die neue Technologie hat: Zum einen würden mehr Leute das Fahrrad als Verkehrsmittel entdecken und das Auto zu Hause stehen lassen - was Natur und Verkehr entlasten und den Lärm reduzieren würde. Und zum anderen sei sie kinderleicht umzusetzen: "Es sind keinerlei bauliche Eingriffe notwendig - lediglich die Programmierung der Ampelanlagen wird verändert. Dies ist vergleichsweise preiswert und lässt sich ohne größeren Aufwand realisieren."
Freude auch beim ADFC
Michael Schilling, der im Vorstand des ADFC-Kreisverbandes Bamberg für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, freut sich über das Pilotprojekt, denn viele Ampelschaltungen seien nur auf das Tempo von Autos abgestellt. "Wenn das funktionieren würde, wäre das eine feine Sache."
In diesem Satz schwingt aber auch eine leise Skepsis mit. Denn immer dann, wenn sein Verband bei der Stadt den Vorstoß gemacht habe, eine Ampelschaltung zugunsten der Radfahrer zu ändern, habe es geheißen, das sei zu kompliziert und zu teuer. Schilling wäre nicht böse, wenn es in diesem Fall anders wäre.
Wunderbar! Mit dem Köder "Grüne Welle" können künftig komplette Bewegungsprofile der App-Besitzer erstellt werden, ob sie tatsächlich mit dem Fahrrad oder aber mit anderen Verkehrsmitteln unterwegs sind. Abgesehen davon: Wenn die Technik so einfach ist, frage ich mich, weshalb damit nicht schon der gesamte Busverkehr optimiert wurde.
Zu Gunsten der Radler soll das Ganze nur dort Installiert werden, wo der Autoverkehr nicht beeinträchtigt werden kann. Damit fallen die meisten wichtigen Verbindungsstrecken schon einmal weg. Denn die für Alltagsradler - und vor allem die sind gegen Zeitverluste in Folge vieler Ampelhalte empfindlich - wichtigen Routen liegen mangels geeigneter (!) Alternativen auf den auch durch Autoverkehr nachgefragten Straßen. Es bleibt also eine "Spielerei" für Freizeitradler.
Sollte tatsächlich ein starkes Radverkehrsaufkommen bei verschiedenen Geschwindigkeiten auf derart ausgerüsteten Straßen existieren, legt es sich quasi selbst lahm. Denn niemand hätte mehr eine Chance, aus den Seitenstraßen einzubiegen oder zu queren. So richtig durchdacht ist das System offenkundig nicht.
Neben der Gewinnung der Bewegungsprofile gibt es wohl nur noch zwei nennenswerte Motivationen für diese Technik: Der Hersteller bekommt (Steuer)Geld für die Erprobung später anderweitig verwerteter Entwicklungen. Und den Radfahrern wird ein weiteres Placebo verabreicht: Es hat keine reale Wirkung, doch der Patient fühlt sich besser. So erspart man sich, tatsächliche Verbesserungen für den Radverkehr auch nur anzudenken, geschweige denn umzusetzen.
Erstaunlich ist nur, daß selbst Fachverbände, glaubt man dem Artikel, darauf hereinfallen.
Ich bin selbst die meiste Zeit mit dem Rad unterwegs, aber überzeugen kann mich die vorgeschlagene Umsetzung nicht.
Zum einen muss die App im Hintergrund ständig aktiv sein und saugt somit den Akku ruck-zuck leer. Zigarettenanzünder hab ich Rad leider nicht.
Wenn ich mit dem Rad fahre ist das Smartphone normal im Rucksack. Das dämpft den GPS empfang doch sehr.
Und zu guter Letzt, was hält die Autofahrer davon ab, die App zu installieren? 35-40 km/h schafft man auch auf dem Rennrad. Woher wie die App dann wissen, dass es eben kein Fahrrad ist?
als Autofahrer diese App hole?
Abgesehen davon, dass es bestimmt irgendwelche Datenschutzbedenken gibt, wenn ständig der Standort irgendwo hin gemeldet wird und abgesehen davon, dass es sowohl schnellere und langsamere Fahrradfahrer gibt, halte ich das ganze für sehr unrealistisch und nicht durchsetzbar, zumal Bamberg einfach keine Fahrradstadt ist, auch wenn sie sich gerne so nennt.
Falsch, Bamberg ist eine Fahrradstadt. Der Anteil des Radverkehrs ist in Bamberg in Süddeutschland am höchsten.
Bezüglich der unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Radfahrer sollten sie mal den Artikel lesen, was Sie scheinbar nicht gemacht haben.