Pilotprojekt: Grüne Welle für Radfahrer in Zollnerstraße

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Die Zollnerstraße stadtauswärts. Mit ausgeklügelter Technik sollen hier die Radfahrer bald immer Grün an der Ampel haben. Foto: Ronald Rinklef
Die Zollnerstraße stadtauswärts. Mit ausgeklügelter Technik sollen hier die Radfahrer bald immer Grün an der Ampel haben.  Foto: Ronald Rinklef

Bamberg ist eine von zwei Städten in Deutschland, in denen Siemens eine neue Technologie ausprobiert.

Der Traum eines jeden Radfahrers: Er fährt durch die Stadt und wie von Geisterhand schaltet jede Ampel auf Grün, sobald er sich nähert. Die so genannte grüne Welle, die für Autos wegen der relativ konstanten Geschwindigkeiten im Stadtverkehr seit Jahrzehnten ein selbstverständlicher Service ist, kann man sich für den Radverkehr erst einmal nicht vorstellen: zu unterschiedlich sind die Geschwindigkeiten, mit denen Radler sich bewegen.

Und doch wird es in Bamberg - voraussichtlich noch in diesem Frühjahr - eine grüne Welle für Radfahrer geben. Entlang der Zollnerstraße sollen sie dank eines Pilotprojekts an sieben Kreuzungen durchgängig freie Fahrt erhalten: egal, ob sie stadtauswärts die Steigung überwinden müssen oder in schneller Fahrt stadteinwärts unterwegs sind. Und es ist egal, ob sie trainiert auf dem Rennrad sitzen oder gemütlich mit dem Hollandrad durch die Gegend zuckeln.


Erst auf die Messe

Die grüne Welle funktioniert mit der Smartphone-App SiBike-App, die das Umschalten der Ampel auslösen beziehungsweise anfordern kann. Bei der Firma Siemens wurde das Verfahren nach einer Idee von Projektleiter Michael Düsterwald entwickelt. Vorgestellt wird die neue Technologie vom 5. bis 8. April auf der Messe Intertraffic 2016 in Amsterdam. Danach beginnt die Testphase in nur zwei deutschen Städten: in Marburg und in Bamberg.

Wie genau funktioniert die grüne Welle für Radfahrer? Siemens-Projektleiter Michael Düsterwald erklärt es: Nähert sich ein Fahrradfahrer mit SiBike-App einer Kreuzung, schaltet die Ampel binnen weniger Sekunden automatisch auf Grün um beziehungsweise eine bestehende Grünphase wird verlängert. SiBike nutzt die Vorteile der Satellitennavigationstechnologie.

Das Smartphone des Fahrradfahrers bestimmt die Position mittels GPS und prüft, ob das Fahrrad einen virtuellen Auslösepunkt mit einer vorher bestimmten Geschwindigkeit passiert.
Wenn das Fahrrad den Auslösepunkt passiert, meldet die App die Aktivierung des Auslösepunktes an die Verkehrszentrale. Anschließend gibt die Verkehrszentrale einen Befehl an die Ampelsteuerung und sorgt dafür, dass der Fahrradfahrer grünes Licht erhält. Soweit die Erläuterungen von Siemens.

Im Rathaus am Maxplatz gibt sich Pressesprecherin Ulrike Siebenhaar regelrecht euphorisch: "Das ist ein tolles Projekt, wir freuen uns riesig. Auch wenn uns viele Radfahr-Verbände das nicht glauben, die Radfahrer liegen uns am Herzen." Den genauen Zeitpunkt für den Beginn der Pilotphase kann sie noch nicht nennen. Laut Michael Düsterwald wird der Spätsommer angepeilt.


Auch andere Strecken denkbar

In den Monaten nach dem Start wird die Zollnerstraße dann unter strenger Beobachtung stehen und der Versuch wird wissenschaftlich ausgewertet. Natürlich müssen die Radfahrer an dieser Strecke befragt werden, aber auch die Busfahrer der Stadtwerke und die Autofahrer, denn die grüne Welle für Radfahrer soll so intelligent funktionieren, dass sie andere Verkehrsteilnehmer nicht beeinträchtigt. "Evaluation" heißt die Auswertung in der Fachsprache. Fällt sie positiv aus, wird das System laut Siebenhaar nicht nur beibehalten, es soll auch auf anderen Strecken installiert werden.

Projektleiter Düsterwald ergänzt, welche Vorteile die neue Technologie hat: Zum einen würden mehr Leute das Fahrrad als Verkehrsmittel entdecken und das Auto zu Hause stehen lassen - was Natur und Verkehr entlasten und den Lärm reduzieren würde. Und zum anderen sei sie kinderleicht umzusetzen: "Es sind keinerlei bauliche Eingriffe notwendig - lediglich die Programmierung der Ampelanlagen wird verändert. Dies ist vergleichsweise preiswert und lässt sich ohne größeren Aufwand realisieren."


Freude auch beim ADFC

Michael Schilling, der im Vorstand des ADFC-Kreisverbandes Bamberg für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, freut sich über das Pilotprojekt, denn viele Ampelschaltungen seien nur auf das Tempo von Autos abgestellt. "Wenn das funktionieren würde, wäre das eine feine Sache."

In diesem Satz schwingt aber auch eine leise Skepsis mit. Denn immer dann, wenn sein Verband bei der Stadt den Vorstoß gemacht habe, eine Ampelschaltung zugunsten der Radfahrer zu ändern, habe es geheißen, das sei zu kompliziert und zu teuer. Schilling wäre nicht böse, wenn es in diesem Fall anders wäre.