Grandioses Konzert von "Ten Years After" beim Bamberger Jazz- und Bluesfestival

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Junger Wilder und älterer Herr: Gitarrist Marcus Bonfanti und Keyboarder Chick Churchill beim Konzert von "Ten Years After" am Montagabend auf dem Maxplatz Fotos: Barbara Herbst
Junger Wilder und älterer Herr: Gitarrist Marcus Bonfanti und Keyboarder Chick Churchill beim Konzert von "Ten Years After" am Montagabend auf dem Maxplatz Fotos: Barbara Herbst
Auch er ein Altmeister: Colin Hodgkinson (li.) am Bass im Duell mit Bonfanti. Im Hintergrund Schlagzeuger Ric Lee
Auch er ein Altmeister: Colin Hodgkinson (li.) am Bass im Duell mit Bonfanti. Im Hintergrund Schlagzeuger Ric Lee
 
 
Chick Churchill
Chick Churchill
 
 
 
 
 
 
 
Colin Hodgkinson
Colin Hodgkinson
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Der junge Gitarrist Marcus Bonfanti revitalisierte die Altherrencombo "Ten Years After" am Montagabend aufs Vortrefflichste.

Es war nicht zehn, sondern 47 Jahre danach, fast: Am 17. August 1969 spielte die britische Band "Ten Years After" (gegründet 1967) beim legendären Woodstock-Festival. Und ein knappes halbes Jahrhundert danach in Bamberg ... So ein knappes halbes Jahrhundert dürften die meisten der Zuhörer auf dem Buckel gehabt haben. Dass schnörkelloser Bluesrock heute noch zieht, bewies die Tatsache, dass auf dem Maxplatz zum Abschluss des Jazz- und Bluesfestivals kaum mehr ein (Steh-)Plätzchen zu haben war. Das Konzert war ja auch der unbestrittene Höhepunkt der zehn Tage.

Wobei es einerseits "Ten Years After" war, andererseits nicht. Man muss schon redlich sagen, dass die Band ohne Alvin Lee nicht wirklich "Ten Years After" ist. Der Gitarrist und Sänger, Komponist der meisten Stücke, starb viel zu früh vor drei Jahren. Und ein Wörtchen dazu hätte man sich von seinen Bandkollegen von damals schon erhofft. Allerdings hatte er sich bereits Jahrzehnte zuvor von der Gruppe getrennt. Immerhin ist eine der faszinierendsten Passagen des Woodstock-Films dem Gitarristen gewidmet, auf viergeteilter Leinwand, wie er "I'm Going Home" herunterfetzt.

Doch genug des Vergangenen. "Ten Years After" von heute sind die Altmitglieder Ric Lee am Schlagzeug und Chick Churchill an den Keyboards, dazu der auch schon knapp 71-jährige Bassist Colin Hodgkinson, der schon mit der halben britischen Rock- und Bluesszene zusammengespielt hat. Und als Ersatz für Alvin Lee haben sich die Veteranen den 33-jährigen Marcus Bonfanti aus London geholt, Gewinner mehrerer Blues Awards. Es war eine gute Wahl, wie das mitreißende Konzert zeigte. Keine Nostalgieveranstaltung, keine routinierte oder gar erbärmliche Wiedergängerei alter Hits, um noch einmal abzusahnen. Klar, dass das Publikum am meisten klatschte und Grauköpfe die plötzlich wieder geschmeidigen Glieder schüttelten, wenn die Vier Stücke aus der Glanzzeit von "Ten Years After" anstimmten wie "Good Morning Little Schoolgirl" oder den alten Sonny-Boy-Williamson-Heuler "Help Me".

Doch das geschah schon in der zweiten Hälfte. Zuvor hatten sie sich aufgewärmt, standen eigentlich von der ersten Minute an unter Strom. Dafür sorgte Bonfanti mit seiner krachenden Spielweise, die sich sehr von der Alvin Lees unterschied. Der kam ja vom Jazz, und das 68er-Livealbum von "Ten Years After" kultiviert noch so etwas wie einen Kansas City Stomp. Doch die Zeit steht nicht still. Bonfanti hat nicht nur Blues gehört, sondern auch Hardrock, Punk, Heavy Metal. Was bedeutet, dass er eher der Jon Spencer Blues Explosion verpflichtet ist als B. B. King. Dazu bläst der Londoner passabel die Mundharmonika und ist ein exzellenter Showman, der effektvoll die langen Haare schüttelt, sein Instrument auch mal in die Höhe hält und das zunehmend enthusiasmierte Publikum auf eine noch hinnehmbare Art animiert.

Das Charmieren übernahm Schlagzeuger Ric Lee nach einem langen Solo in "The Hobbit". Erstaunlich, wie diese Briten die Balance aus Unterhaltung und Understatement hinkriegen! Dann jedoch trat wieder der wilde Gitarrenhalswürger Bonfanti nach vorn, spielte doch mal ein jazziges Stück, probierte Dezenteres - ganz schaffte er's nicht - bei "Love Like A Man" oder schrie mit seinem voluminösen Bariton "You Say Yeah". Eine mächtigere Stimme übrigens als die Alvin Lees.

Hodgkinson brillierte mit einem Solo auf dem Bass, und man kramte in den Erinnerungen ... genau! Der Mann gründete 1972 "Back Door", eine avantgardistische Jazzrockformation, deren Platten heute noch von Sammlern höchst geschätzt werden. Kein Wunder also, dass der weißhaarige Herr ein kongenialer Begleiter des ungestümen Bonfanti ist. Wie auch Chick Churchill, dessen Keyboard akustisch jedoch oft unterging, einzige Kritik an diesem Konzert. Das seinen Höhepunkt, wie sollte es anders sein, natürlich in der Zugabe mit "I'm Going Home" erlebte, einem Rock-'n'-Roll-Medley, wieder ganz eigenständig gespielt. Der Schluss eines hinreißenden Abends mit einer Band und Musik, wie man sie leider nicht mehr oft hört.