Das Schöffengericht verurteilte einen 38-Jährigen zu einer Haftstrafe, weil er seine Freundinnen mehrfach im Wohnzimmer einsperrte. Er lauerte ihnen aber auch auf und drangsalierte sie mit Anrufen und Kurznachrichten.
Bamberg Erst umschmeichelte er seine Freundinnen mit Komplimenten, gab ihnen Geborgenheit, kümmerte sich intensiv um sie und ihre Probleme. War aber die erste Phase der Liebesbeziehung vorbei, entwickelte er den absoluten Kontrollzwang, wollte genau wissen, wohin die Freundin geht und was sie tut, wenn sie das Haus verließ. Fiel die Auskunft nicht zu seiner Zufriedenheit aus, drehte er den Schlüssel um und sperrte sie in seinem Wohnzimmer ein.
Sechs Mal Freiheitsberaubung
Dieses Verhalten ist laut Strafgesetzbuch Freiheitsberaubung und hat den 38 Jahre alten Roland Z. (Name geändert) zum 18. Mal in seinem Leben vor Gericht gebracht. Am Montag verurteilte ihn das Schöffengericht unter Leitung von Richterin Marion Aman zu zwei Freiheitsstrafen: ein Jahr und einen Monat und sowie fünf Monate.
Bewährung aber "gibt es heute nicht mehr", sagte die Richterin.
Die allerletzte Chance dafür habe Z. nach der jüngsten Verurteilung am 20. April 2015 verspielt: Der arbeitslose und alleinerziehende Z. habe die verhängten 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit einfach nicht abgeleistet und immer wieder die Betreuung seines Sohnes vorgeschoben. Roland Z. sei zigfach wegen Gewaltdelikten vorbestraft, aber selbst die verbüßten Haftstrafen hätten ihn laut Richterin Aman "nicht nachhaltig beeinträchtigt". Für das Schöffengericht sei er ein mehrfacher Bewährungsversager und "im Ergebnis beratungsresistent".
Die Opfer der sechs Fälle von Freiheitsberaubung waren seine letzten beiden Freundinnen: eine 46-Jährige, mit der er mehr als zwei Jahre zusammen war, und eine 21-Jährige, die am Ende ihrer nur sechs Wochen währenden Beziehung das böse Spiel nur einmal mitgemacht hat: Die Jüngere ließ sich das Einsperren nicht gefallen, telefonierte von der Wohnung aus
mit ihrem Ex-Freund, der mit einer Polizeistreife anrückte.
So konsequent sie in ihrem Handeln war, so direkt und glaubhaft waren ihre Aussagen im Zeugenstand. Sie berichtete, dass Z. "Tag und Nacht" vor ihrer Tür auf der Lauer lag, sie sich eine neue Handynummer besorgen musste, weil er sie ständig belästigte und sie per SMS als Hure und Schlampe beschimpfte. Ein Bekannter der jungen Frau schilderte dem Gericht eine Begegnung mit Z., wie dieser ihr bei einer Wohnungsbesichtigung auflauerte, und dann, zur Rede gestellt, verlauten ließ: "Wenn ich sie kriege leg' ich sie um."
Messer oder nicht?
Ganz ähnlich, aber viel häufiger, war Roland Z. in den Jahren zuvor mit seiner älteren Freundin umgesprungen. Laut Anklageschrift sollte der Mann sein Opfer wenigstens 15 Mal für jeweils mindestens eine Stunde eingesperrt haben.
Im Zeugenstand sagte die Frau dann aber aus, das sei vielleicht fünf Mal der Fall gewesen. Für die Prozessbeteiligten war die Vernehmung des Opfers schwierig, weil die Chronologie kaum nachvollziehbar war und die Frau vieles nicht schlüssig erklären konnte, zum Beispiel die Frage, ob sie einmal mit einem Messer bedroht worden ist, wie es in der Anklageschrift steht. Bei ihrer ersten Anzeige bei der Polizei war davon nämlich noch keine Rede gewesen.
Für den Verteidiger von Z., Rechtsanwalt Johannes Kulla, war die Aussage "weder glaubhaft noch korrekt". Er nannte in seinem Plädoyer das Verhalten seines Mandanten einen "gerechtfertigten Notstand": Er habe die Frau nur eingesperrt, um zu verhindern, dass sie sich alkoholisiert ans Steuer setzt.
Zuvor hatte auch Staatsanwalt Sebastian Jäpel eingeräumt, dass die Zeugin als "nicht besonders glaubwürdig" erscheinen mag, vor allem deswegen, weil sie Monate nach den Vorfällen und der Anzeige bei der Polizei erneut zu Z. in die Wohnung gekommen ist ("weil ich Hilfe gesucht habe bei ihm") und sich dort sogar über Nacht aufgehalten hat. Jäpel sah aber die Widersprüche in ihren Aussagen der "Fülle der Vorfälle" geschuldet. Manche Merkwürdigkeiten in ihrem Verhalten schob er auf ihre Abhängigkeit vom Angeklagten. Dieser habe sich immer Frauen ausgesucht, die sich wegen der Trennung von ihrem Partner oder anderer Gründe in einer Phase der Schwäche befanden.
Besonders merkwürdig erschien in der Aussage der Zeugin, dass sich die beiden fast jedesmal nach den Streitereien und dem Einsperren im Wohnzimmer mit Geschlechtsverkehr "versöhnten" - der elfjährige Sohn im Zimmer nebenan.
Diesen Umstand wollten der Staatsanwalt und die Richterin näher beleuchtet wissen, weil die Zeugin hatte durchblicken lassen, mit dem Geschlechtsverkehr nicht einverstanden gewesen zu sein. Richterin Aman kündigte an, das Verfahren beenden zu müssen, wenn nun der Verdacht der Vergewaltigung bestehe.
Letzten Endes war das nicht nötig. Es war aber auch nicht in allen Details aufzuklären, was genau wann und in welcher Reihenfolge in den merkwürdigen Beziehungen von Z. zu seinen Freundinnen passiert ist. In der Hauptverhandlung brachte eine der Zeuginnen die Rede sogar noch auf eine dritte Frau, der es ebenso ergangen sein soll, deren Fall aber nicht aktenkundig geworden war.
Sicher ist immerhin eine Zahl: die 6000. So viele Handy-Kurznachrichten hat Roland Z. innerhalb von nur fünf Wochen an seine ältere Freundin verschickt, obwohl er laut einer Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz keinerlei Kontakt mit ihr hätte aufnehmen dürfen.