Nach einer Absprache aller Beteiligten ging das Verfahren gegen einen Bamberger überraschend schnell zu Ende. Der Kronzeuge hätte nicht aussagen dürfen.
Das Teilgeständnis fiel Paul S. (Name von der Redaktion geändert) nicht leicht. Nach mehreren Unterbrechungen und Rücksprachen mit seinem Rechtsanwalt Gerold Gebhard gab der 54-jährige Bamberger am zweiten Prozesstag vor der Zweiten Strafkammer des Landgerichts schließlich doch zu, dass er im Mai 2004 rund ein Kilogramm Amphetamin besessen hat. Das Rauschgift war zum Weiterverkauf bestimmt.
S.s Aussage ebnete den Weg für einen kurzen Prozess. Als Gegenleistung für das Teilgeständnis hatte ihm Staatsanwalt Markus Reznik angeboten, alle anderen Vorwürfe fallen zu lassen.
Strafe zur Bewährung ausgesetzt
So geschah es auch: Am Ende kam der 54-Jährige mit einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten wegen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln davon, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Würde er nicht gerade eine widerrufene Bewährung aus einer alten Haftstrafe verbüßen, hätte er den Sitzungssaal nun als freier Mann verlassen können.
Die Absprache zwischen Ankläger und Verteidiger entsprach einem Vorschlag, mit dem Vorsitzender Richter Manfred Schmidt am ersten Verhandlungstag noch keinen Erfolg gehabt hatte. Wie er sagte, blieb dem Gericht auf diese Weise "eine umfangreiche Beweisaufnahme mit sehr offenem Ende erspart".
Man hatte zahlreiche Zeugen geladen, auch einen verdeckten Ermittler, dessen Aussagen den Angeklagten vor allem belasteten. Doch der V-Mann erhielt keine Aussageerlaubnis. Allenfalls sein Führungsbeamter wäre als Zeuge in Frage gekommen.
Bei den anderen Zeugen handelte es sich um Leute aus der örtlichen Drogenszene der Jahre 2003/2004. Sieben Männer waren für den zweiten Verhandlungstag geladen, nur einer von ihnen musste aussagen, weil dann die Absprache zum Tragen kam. Dieser erste Zeuge - ein vom Drogenmissbrauch gezeichneter 48-Jähriger - schien sehr bemüht, den Angeklagten zu entlasten. Er lief Gefahr, sich ein Verfahren wegen Falschaussage einzuhandeln.
Ähnliches befürchteten Schmidt und Reznik bei den übrigen Zeugen, weshalb sie beim Angeklagten für eine Absprache warben. Mit Erfolg. Der Verteidiger machte allerdings deutlich, dass es ihm und S. nicht darum gehe, Zeugen zu schützen, sondern um ein faires Verfahren. Sie sahen aber auch die "Unwägbarkeiten" in diesem Prozess: Ohne den Kronzeugen der Anklage werde es ihnen "nicht möglich sein, zu widerlegen, was in den Ermittlungsakten steht", meinte Gebhard. Unter diesen Umständen war Paul S. dann doch zu einem Teilgeständnis bereit.
Neben der zur Bewährung ausgesetzten Strafe wurde der 54-Jährige noch zu 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit oder Zahlung von 600 Euro verurteilt.
Lange im Ausland gelebt
Die lange Zeitspanne zwischen der Tatzeit und dem Prozess hat damit zu tun, dass S. fast elf Jahre lang in der Türkei lebte. Während eines Urlaubs im Herbst 2004 hatte er von seinem Rechtsanwalt erfahren, dass in Bamberg gegen ihn ermittelt wird. Daraufhin war der wegen Drogendelikten vorbestrafte Kfz-Mechaniker in der Türkei geblieben und hatte sich dort eine neue Existenz aufgebaut. Im April 2015 war ihm ein Auslieferungsersuchen der Bamberger Justiz zum Verhängnis geworden.
Eine Verjährung ist aus zwei Gründen nicht eingetreten, wie der Staatsanwalt am Rande des Verfahrens erklärte: Die Frist betrug im konkreten Fall 20 Jahre und ruhe, so lange ein förmliches Auslieferungsverfahren läuft.