Gefesselter Esel: keine Satire mehr

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Erst denken, dann klicken: Amtsrichterin Christine Schäl riet dem den 58-jährigen Angeklagten dringend, in Zukunft mehr Vorsicht bei seinen Facebook-Aktivitäten walten zu lassen. Foto: Stephan Jansen/dpa
Erst denken, dann klicken: Amtsrichterin Christine Schäl riet dem den 58-jährigen Angeklagten dringend, in Zukunft mehr Vorsicht bei seinen Facebook-Aktivitäten walten zu lassen.  Foto: Stephan Jansen/dpa

Ein 58 Jahre alter Mann wurde zu 25 Tagessätzen wegen Verbreitung tierpornographischer Schriften verurteilt.

Siegfried D. (Name von der Redaktion geändert) regt sich über so vieles auf: die CDU-Kanzlerin, den SPD-Kanzlerkandidaten, Männermode, die Schwerölabgase aus Handelsschiffen und "Idioten im Straßenverkehr". Auf Facebook wettert der arbeitslose 58-Jährige aus dem Landkreis Bamberg gegen so einiges. Da kommen natürlich auch die Grünen nicht ungeschoren davon.


Knapp an der Volksverhetzung

Nun ist er beim Posten zu weit gegangen. Um gegen die Position der Grünen zur Asylpolitik zu protestieren, stellte er einen Text auf Facebook, mit dem er knapp am Straftatbestand der Volksverhetzung vorbeischrammte.
Für das "illustrierende" Foto allerdings, das er sich nicht verkneifen konnte, wurde er per Strafbefehl von der Justiz zur Kasse gebeten. Der Vorwurf lautete: Verbreitung tierpornographischer Schriften.

Siegfried D. hat gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt. Er erhielt einen Termin zur öffentlichen Hauptverhandlung am Amtsgericht Bamberg. Vor Gericht erschien am Mittwoch ein gepflegter, ausgesprochen bieder wirkender Mann mit Brille, Bart und korrekt gebügeltem Streifenhemd. Einen Rechtsanwalt hatte er nicht mitgebracht. Er vertraute auf die eigenen Verteidigungskünste.

Doch sein Ziel, einen Freispruch zu bewirken, erreichte er nicht. Es bleibt beim Strafbefehl und bei 25 Tagessätzen. Allerdings reduzierte das Gericht die Höhe des Tagessatzes auf 25 Euro, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten prekär sind: Er befindet sich in Privatinsolvenz und lebt von Arbeitslosengeld und Hartz IV.


Gefesselter Esel

Das von Siegfried D. auf der Facebook-Seite von Katrin Göring-Eckhardt eingestellte und für jedermann sichtbare Bild zeigte einen an den Hinterfüßen gefesselten Esel, hinter dem sich zwei Männer befanden. Einer davon - oben mit einem T-Shirt bekleidet, unten herum nackt - kniete in eindeutiger Pose hinter dem Tier.

Er habe mit dem Bild nur deutlich machen wollen, dass es andere Länder und andere Sitten gäbe sowie Menschen, die "nicht zu uns passen", sagte er sinngemäß zu Amtsrichterin Christine Schäl. Nach seiner Auffassung könne es sich gar nicht um Tierpornographie handeln, da weder vom Esel noch vom Mann die Geschlechtsorgane zu erkennen seien. Von Richterin Schäl musste er sich sagen lassen, dass es nicht darauf ankomme, ob Geschlechtsteile zu sehen sind oder nicht. "Es reicht schon, wenn das Bild das impliziert". Es sei auch nicht erforderlich, dass der Geschlechtsakt vollzogen werde.

Auch wenn der Angeklagte das anders sehe: In seinem Fall sei die Grenze zwischen freier Meinungsäußerung und Straftatbestand eindeutig überschritten worden, so Schäl. "Mit Satire hat das nicht zu tun." Und weiter: "Es kann nicht sein, dass Facebook ein Spielplatz ist für Dinge, die man nie jemandem ins Gesicht sagen würde."
Siegfried D. wiederholte seine Beteuerung, er habe mit seinem Post auf der Facebook-Seite der grünen Spitzenpolitikerin lediglich einen satirischen Meinungsbeitrag leisten wollen. Nach Bekanntwerden des Urteils zum Erdogan-Schmähgedicht von Jan Böhmermann habe er gehofft, dass in seiner Sache "nichts mehr vom Staatsanwalt kommt". Vor Gericht kam D. mit seiner Interpretation von Satire nicht durch, denn für die Staatsanwaltschaft und das Gericht ist das, was sich der Angeklagte geleistet hat, alles andere als Spaß.

Siegfried D. musste schließlich erkennen, dass weiterer Widerstand zwecklos war. So galt seine nächste Sorge der Frage, ob der Strafbefehl für ihn eine Vorstrafe bedeutet. Er hat Angst, dass ihm damit ein Neustart ins Berufsleben verbaut werden könnte. Richterin und Staatsanwalt konnten ihn beruhigen. Der Strafbefehl werde - sofern nicht weitere hinzukämen - in keinem polizeilichen Führungszeugnis auftauchen. Der Vermerk im Bundeszentralregister sei nur für Behörden einsehbar.


Mit blauem Auge davongekommen

Für sich persönlich resümierte Siegfried D. nach der halbstündigen Verhandlung: "Dann bin ich also mit einem blauen Auge davongekommen?" Richterin Schäl bejahte. "Ja, so ungefähr. Ich würde an Ihrer Stelle aber in Zukunft sehr aufpassen!"