Der Prozess gegen den früheren Chefarzt der Gefäßchirurgie am Bamberger Klinikum wegen Vergewaltigung und mehr dürfte - nach der Zahl der Beteiligten - der größte werden, der je im Justizgebäude am Wilhelmsplatz stattgefunden hat. Er beginnt gleich nach Ostern.
Zwölf Verhandlungstage, ein Angeklagter mit drei Verteidigern, zwölf Nebenklägerinnen, die durch sieben Rechtsanwälte vertreten werden, rund 50 Zeugen, sechs Sachverständige: Der Prozess gegen den früheren Chefarzt für Gefäßchirurgie am Bamberger Klinikum stellt alles bisher Dagewesene am Landgericht Bamberg in den Schatten. Er beginnt am Dienstag nach Ostern, 7. April, um 9 Uhr.
Die öffentliche Hauptverhandlung wird vor der Zweiten Strafkammer unter Leitung des Vorsitzenden Richters Manfred Schmidt stattfinden. Am Donnerstag hat diese die umfangreiche Anklageschrift der Staatsanwaltschaft gegen den ehemaligen Chefarzt unverändert zugelassen und zwölf Verhandlungstage bis 21. Mai terminiert.
Schauplatz des Verfahrens wird der Sitzungssaal 0.107 im Erdgeschoss des Justizgebäudes am Wilhelmsplatz sein. Für die Öffentlichkeit würden etwa 70 Plätze zur Verfügung stehen, darunter 30 für Medienvertreter. Das sagte der Pressesprecher des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg, Franz Truppei, auf Anfrage.
Dem angeklagten Arzt wird vorgeworfen, sich zwischen 2008 und 2014 an 13 Frauen, vorwiegend Patientinnen, vergangen zu haben. Er soll sie unter dem Vorwand einer ärztlichen Behandlung beziehungsweise medizinischen Studie und ohne ihr Wissen durch ein Medikament in einen willenlosen, handlungsunfähigen Zustand versetzt und dann im Intimbereich manipuliert haben.
Die Ermittler stellten eine Vielzahl von Fotos sicher, auf denen die Übergriffe penibel dokumentiert sein sollen. Die Staatsanwaltschaft wertet die Handlungen als Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, gefährliche Körperverletzung und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen.
Der ehemalige Leiter der Gefäßchirurgie am Klinikum Bamberg bestreitet, dass die Untersuchungen und Fotos einen sexuellen Hintergrund hatten. Drei Rechtsanwälte werden den 49-Jährigen im Prozess vertreten.
Einer von ihnen, Dieter Widmann, kündigte im Gespräch mit der Redaktion an, man lege "großen Wert darauf, das Verfahren für die betroffenen Patientinnen möglichst schonend zu gestalten". Ohne näher auf die Verteidigungsstrategie einzugehen, sagte er: "Am liebsten wäre es uns, wenn sie gar nicht aussagen müssten."
Die Öffentlichkeit muss in dem Verfahren damit rechnen, immer wieder ausgeschlossen zu werden. Darauf weist der OLG-Sprecher hin. Truppei begründet dies mit dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Beteiligten und einer Materie, die den "höchstpersönlichen Lebensbereich" des Angeklagten und der Nebenklägerinnen beziehungsweise Zeuginnen berühre.