Nicht erst seit Silvester in Köln steht auch der Fasching im Visier der Behörden. Die Auflagen werden zwar vielfach als übertrieben empfunden.
Ist bei der Gaudi der Wurm drin? Sicherheitsauflagen und steigende Kosten führen in etlichen fränkischen Faschingshochburgen dazu, dass aus dem Spaß Ernst wird. Trotzdem wird der Höhepunkt der fünften Jahreszeit in Franken (aus)gelassen gefeiert, Gaudiwurm und kostümierte Stimmung inklusive.
Dass die Narren in Franken den Spaß ernst nehmen, ist kein Widerspruch in sich, sondern der Tradition geschuldet. Die Nürnberger Schembartläufer waren die Ersten, die im Mittelalter als Erste einen Faschingsumzug auf die Beine stellten und die Gelegenheit nutzten, die Obrigkeit auf die Schippe zu nehmen. 1397 wurde der Nürnberger Fastnachtszug erstmals urkundlich erwähnt - er ist der älteste Gaudiwurm der Welt.
Als der größte Faschingszug Bayerns gilt der in Würzburg am Faschingsdienstag mit mehr als 3000 Teilnehmern und 100 000 Zuschauern.
Nicht nur wegen der Vorkommnisse in der Silvesternacht in Köln sind Behörden und Veranstalter sensibilisiert. "Großveranstaltungen dieser Art sind ja immer eine besondere Herausforderung für alle Beteiligten", sagt die Würzburger Polizeisprecherin Kathrin Thamm.
Eine Herausforderung ist die Gaudi für die Veranstalter, die das heuer auch zum Thema machen: Der Elferrat lässt einen Pleitegeier über seinem Wagen schweben. Der Faschingsverein bleibt trotz Teilnehmerbeiträgen (bis zu 50 Euro), Zuschüssen und Sponsoren jedes Jahr auf einem guten Teil der 20 000 Euro sitzen, die für den Zug anfallen. Wenn die Kosten etwa durch die verschärften Auflagen weiter steigen, "wird es schwer sein, die Aufgabe noch zu stemmen", sagt der Zugmarschall Michael Zinnhobel.
Wie schnell aus Spaß Ernst werden kann, merkt man im närrischen Karlstadt, nicht weit von Würzburg entfernt.
Hier hat das Faschingskomitee einen Sturm der Entrüstung ausgelöst, weil es für den Faschingszug erstmals einen Teilnehmerbeitrag verlangt. In sozialen Netzwerken wird zum Boykott aufgerufen und Werbung für andere, kostenlose Faschingszüge gemacht.
Norbert Schober, unterfränkischer Präsident des Fastnacht-Verbandes Franken, hat Verständnis für beide Seiten. Es sei nachvollziehbar, dass die ehrenamtlichen Akteure im
Fasching nicht auch noch Geld mitbringen wollten. Auf der anderen Seite "sollte jedem die Gaudi doch ein paar Euro wert sein". Dies umso mehr, als die Kosten für die Veranstalter der Faschingszüge seit Jahren steigen. Schober nennt die Gema-Gebühren (Musik), die Sicherheitsauflagen für die Fahrzeuge (TÜV), Absperrungen und Aufsichtspersonal.
Diese Hürden waren für den Faschingszug in Eisingen im Landkreis Würzburg zu groß: Er wurde kurzfristig abgesagt, weil sich nicht genug freiwillige Helfer für die Absicherung des Gaudiwurms fanden.
Coburg: Es pendelt sich ein
Knapp 50 Wagen und Fußgruppen schlängeln sich am Sonntag ab 14 Uhr durch die kleinen Gassen der Coburger Innenstadt. Mit der Zahl der Anmeldungen, so der neue Zugmarschall der Coburger Narrhalla, Thorsten Krauß, sei man eigentlich ganz zufrieden. "Allerdings war vor zehn Jahren noch mehr los." Ein Grund sei sicherlich, dass man vor neun Jahren vom Faschingsdienstag auf den Sonntag ausgewichen ist. "Aber das pendelt sich ein. Wir sind auf einem guten Weg."
Liegt der Rückgang dann an den strengeren Auflagen? Immerhin darf man heuer beispielsweise in einem Cabrio nicht mehr auf dem heruntergelassenen Verdeck sitzen.
Und neben den Faschingswagen müssen vier Begleitpersonen laufen - selbstverständlich im nüchternen Zustand. "Vielleicht schreckt es den einen oder anderen ab, dass die Wagen von Ordnungsamt und Polizei strenger kontrolliert werden. Das ist aber nicht der Hauptgrund."
Vielmehr habe man auch in Coburg mit den Problemchen zu kämpfen, die alle Vereine kennen: Der Nachwuchs fehlt. "Wenn die Jugendlichen bis 16 Uhr zur Schule müssen, bleibt eben selten Zeit für anderes." Zudem würde auch bei einer solchen Veranstaltung innerhalb der Vereine die Bereitschaft fehlen anzupacken. "Es bleibt dann oft an einem einzelnen hängen."
Krauß hofft, dass sich in Zukunft wieder mehr Gruppen engagieren und auch die Werbeplattform erkennen, die der Coburger Gaudiwurm bietet. Von den strengeren Auflagen solle man sich nicht abschrecken lassen. "Die machen Sinn.
Es muss doch alles sicherer werden."
Seßlach feiert
Das sieht Marcel Eckstein ähnlich. Der Zweite Präsident des Faschingsvereins Seßlach sagt, man nehme die Sicherheitsauflagen ernst. "Wir geben das an alle Teilnehmer weiter." Die Gruppen würden zwar anfangs immer etwas jammern. "Im Endeffekt machen sie es aber doch."
Am Faschingsdienstag werden etwa 20 Wagen und einige Fußgruppen sowie Kapellen durch die oberfränkische Kleinstadt ziehen. Die Teilnehmerzahl, so Eckstein, habe sich seit Jahren auf dem Niveau eingependelt. Auch die Zahl der Besucher. "Es kommen immer so 5000 Gäste." Daran werden auch die durchaus sinnvollen Auflagen wohl nichts ändern. "Die Atmosphäre in Seßlach ist einmalig. Das bleibt auch so."
Fazit: So schnell ist also nicht Schluss mit lustig in Franken, und ein wenig Ernst gehört zur Gaudi ja untrennbar dazu.
Um mit Peter Kuhn aus Oberwerrn bei Schweinfurt zu sprechen, der mit seinen geschliffen gereimten Büttenreden einer der Stars der "Fastnacht in Franken" im Fernsehen ist: "Wenn der Fasching nur noch oberflächlicher Klamauk wäre, hätte ich keinen Spaß mehr dran."