Weil die Blätter durchlöchert sind, bleibt ein Gärtner auf Tausenden Kohlrabis sitzen. Er verkauft jetzt das geschmacklich tadellose Gemüse stark vergünstigt auf seinem Hof. Zugleich entspinnt sich eine Diskussion über die Ansprüche im Supermarkt.
Gärtner Hans-Jürgen Eichfelder schnappt sich eine der vielen Kisten voller Kohlrabis, die sich vor seinem Laden stapeln. Kohlrabis, die aufgrund ihrer Größe auch als kleine Kürbisse durchgehen könnten.
"Einfach da hinten rein", sagt Kristin Pfeiffer, lacht und zeigt auf den Platz im Kofferraum ihres Autos. 25 Kohlrabis nimmt die Bischbergerin mit. "Bevor die weggeschmissen werden, wäre doch mehr als schade", meint sie.
Ein Fakt: Die Kohlrabis, die eigentlich noch bestens zum Kochen geeignet sind, wären mit Tausenden anderen Exemplaren vernichtet worden, hätte die Kundin nicht über ihre Schwägerin von einem Aufruf erfahren. Eichfelder bot an, die Kohlrabis vergünstigt abzugeben.
Denn derzeit macht der kleine Fiesling Erdfloh den Gärtnern das Leben schwer. Eichfelder kann deshalb inzwischen 15.000 Kohlrabis, die für den Großhandel bestimmt waren, nicht mehr verkaufen. Grund: In die Einkaufsmärkte kommt das Gemüse in der Regel mit Blättern, doch so löchrig wie diese jetzt sind, hat das ansonsten tadellose Gemüse keine Chance.
Ein Problem für den Gärtner, der die Menge an Kohlrabis auf die Schnelle nicht mehr verkaufen kann. Eigentlich bliebe ihm nur, den Kohlrabi auf dem Feld zu häckseln, da das Gemüse langsam zu groß und ungenießbar wird - doch dann schaltete sich Thomas Reiser ein.
Lieber regional und saisonal
Der Bamberger hat sich Gedanken gemacht, als er vergangene Woche über die Auswüchse des Erdflohs im FT gelesen hat. Sein Vorschlag: Die Bamberger könnten doch den Kohlrabi bei Eichfelder vergünstigt für wenige Cent kaufen. "Ich habe ihm angeboten, dass wir das auf Facebook stellen", erzählt der 68-Jährige. "Ich wollte ein Zeichen setzen, dass die Leute zu denken beginnen. Dass sie, bevor sie den Schrott aus der ganzen Welt kaufen, lieber regional und saisonal einkaufen", meint Reiser. "Wir müssen den Bamberger Gärtnern einfach helfen!" Die Hilfe nahm Eichfelder nach nur kurzer Überlegung an.
Die Probleme, die der Gärtner hat, treten derzeit häufiger auf, weiß Sibylle Tygges, Erzeugerring-Beraterin für 80 Betriebe vor allem in Unterfranken, aber auch in Bamberg und Dörfleins. Der milde Winter, der zu trockene Sommer lässt die Erdflöhe in Massen auftreten. Und die Vorgaben vom Handel sind laut Tygges streng: Zwar sehe sie inzwischen aufgrund des derzeitigen Problems auch Kohlrabi mit Schönheitsfehlern im Laden - doch: "Ansonsten will der Handel nur erste Sahne, die Ware soll makellos sein."