Ein Lisberger ist der Mann am Lift

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"Wenn ich dauerhaft in den Bergen leben und arbeiten sollte, dann nur in der Gegend von Lenggries", sagt Markus Strohwald. "Hier passt einfach alles." Foto: privat
"Wenn ich dauerhaft in den Bergen leben und arbeiten sollte, dann nur in der Gegend von Lenggries", sagt Markus Strohwald. "Hier passt einfach alles."  Foto: privat
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Markus Strohwald arbeitet von Ostern bis November/Dezember als Fliesenleger im Landkreis Bamberg und in der Wintersportsaison in Skigebieten.

Den Beweis bitte! "So aus dem Stehgreif ist das gar nicht so einfach", sagt Markus Strohwald. Dass er etwa acht Monate im Jahr fränkisch spricht und vier die Mundart der Gegend um Lenggries, hat er vorher in einem Nebensatz erwähnt. "Aber Moment, ich muss sowieso mal da anrufen."

Der Lisberger zückt während des Interviews sein Handy und wählt die Nummer der Stie-Alm am Brauneck und fragt, wann er denn nun anreisen soll. Er hat nicht übertrieben: In Sprachfärbung und Satzmelodie erinnert jetzt tatsächlich nichts mehr an einen Oberfranken.


Auf der Stie-Alm steppt der Bär

So wie der 34-Jährige redet, so lebt und arbeitet er auch: den größten Teil des Jahres in der Heimat, als Fliesenleger bei der Firma Hümmer in Reckendorf, und während der Wintersportsaison im Skigebiet Brauneck.

Dort ist er der Mann am Lift. An Wochenenden hilft er auf der Alm meisten auch beim Ausschank. Dann steppt auf 1530 Metern Höhe der Bär. Die Stie-Alm ist in der Gegend als die Party-Hütte bekannt. Hier gibt es keine offizielle Nachtruhe. Entsprechend beliebt ist die Unterkunft bei feierfreudigen Gruppen, wie Teilnehmern von Junggesellenabschieden.


Von Kind auf ein Berg-Fan

Schon seit vielen Jahren teilt Markus Strohwald seine Arbeitszeit auf. Ein Freund der Berge ist er seit Kindertagen. Die Familie hat regelmäßig im Gebirge Urlaub gemacht. Später hat er dann einige Jahr in Österreich gewohnt und auf Baustellen gearbeitet. Als die Beziehung zu seiner Tiroler Freundin in die Brüche ging, zog es ihn doch wieder nach Franken. "Ich wäre schon gern dageblieben, in den Bergen, aber irgendwie war wohl der Ruf der Heimat stärker", sagt er.

Allerdings beschloss der Franke, den Höhen doch nicht ganz Lebewohl zu sagen. Gut ein halbes Dutzend Skigebiete in den Alpen hat er "durchprobiert" als winterliche Arbeitsplätze, bis er schließlich in Lenggries hängengeblieben ist. "Hier fühlt sich alles richtig an. Ich habe mir einen Freundeskreis aufgebaut. Wenn ich dauerhaft in den Bergen bleiben sollte, dann nur hier".


Eine Saisonkarte ist immer drin

Für den begeisterten Snowboardfahrer hat das Arbeiten im Skigebiet einen nicht zu unterschätzenden Nebeneffekt. "Es springt immer eine Saisonkarte dabei heraus - was will man mehr?" Nutzen kann er sie, wenn er keinen Dienst hat.

Seine Hauptaufgabe ist die Aufsicht an den Liften. Wie anstrengend ist das? "Es geht so, selbst wenn's stressig ist. Problematisch wird's eher, wenn fast nichts los ist. Man muss sich irgendwie die Zeit vertreiben, aber dennoch auf den Punkt da sein, falls doch mal eine kritische Situation eintritt."

Auch die Kontrolle der Lifttrassen fällt in seine Zuständigkeit. An einem Einsatzort in Österreich musste er dazu auch schon mal, gesichert mit einem Bergsteigergurt, bis zu 18 Meter in die Höhe klettern.


Nur eine Stunde bis München

Im vergangenen Jahr hat er erstmals den ganzen Winter auf der Alm verbracht. Heuer wohnt er mit seinem Kollegen Adrian, der auf der Alm quasi "Mädchen für alles" ist, in einer WG im Ort. "Ein Auto braucht man hier eigentlich nicht. Es sind fünf Minuten bis zum Bahnhof in Lengries. In weniger als in einer Viertelstunde ist man in Bad Tölz, in einer in München."

Richtig rund geht's auf der Stie-Alm, die über rund 100 Gästebetten im Hauptgebäude und einer Selbstversorgerhütte verfügt, an den Wochenenden. "Hier finden manchmal schon recht heftige Feiern statt", sagt der Lisberger. "Wenn mal als Familie dort übernachten will, sollte man das wissen - wegen des Party-Lärms bis in die Morgenstunden."

Wie wild wird's denn so? Da lässt der 34-Jährige sich doch nicht alles entlocken. "Auf jeden Fall haben die Servicekräfte gelegentlich ganz schön zu putzen."

Bei geselligen Zusammenkünften des Personals legt Markus Strohwald auch schon mal als Discjockey auf. Erfahrung hat er. Als "DJ Stroxxi" kannte man ihn im westlichen Landkreis. "Das war, als ich so zwischen 18 und 24 Jahre alt war." Dieses Hobby in Zukunft wieder mehr zu pflegen, kann er sich vorstellen. "Aber mehr in Richtung Produktion."


Umschwärmt wie ein Ski-Lehrer?

Aber es gibt nicht nur Trubel am Berg. "Dieses Von-100-auf-Null-Gefühl genieße. Da ist man total in Aktion am Wochenende, die Terrasse ist voll, überall klappert Besteck, Leute reden durcheinander, und dann, wenn die letzte Gondel runterfährt und alle Gäste weg sind, ist alles still. Man setzt sich hin und schaut sich das Panorama an. Dann kommt das urige Alm-Gefühl."

Apropos Gefühl: Der Mann am Lift ist zwar nicht der (sprichwörtliche) Ski-Lehrer, aber wie sieht's denn aus mit dem Flirt-Faktor in diesem Job?

"Am Lift bleibt da nicht so viel Zeit mit Mädels zu plaudern. Das geht eher beim Skifahren. Aber - ja, man kann sich schon nicht beschweren," lacht er verschmitzt.

Es könnte sein, das dies Markus Strohwalds letzte Alm-Saison ist. "Ich habe die Möglichkeit, von einem Kumpel einen Bauplatz zu bekommen. Dann wäre ich wieder in Franken verwurzelt - außer mir läuft in diesem Winter in meiner zweiten Heimat die richtige Frau über den Weg."