Ebersbrunn ist ein Dorf im Steigerwald wie aus dem Bilderbuch. Hier steht ein Denkmal für fränkisches Selbstbewusstsein. Doch der Weg in das beschauliche 99-Seelen-Dorf gestaltet sich nicht ganz einfach.
Mein Dartpfeil ist bei Ebersbrunn eingeschlagen. Ebersbrunn im Steigerwald, Markt Geiselwind. Auf der Landkarte sieht das einfach aus. Hinfahren. Fotografieren. Leute fragen. Aber der Weg ins Herz Frankens ist verschlungen.
Zunächst: "Bei" Ebersbrunn gibt es nicht. Das Bilderbuchdorf kuschelt sich in eine Talaue im Steigerwald. Alles drumherum liegt "drüber". Der Treffpunkt ist eine Wiese am Waldrand, nur über eine Schotterpiste und mit Allrad zu erreichen. Hier ist kein Mensch.
Ebersbrunn ist so klein, dass man es ohne Navi erst findet, wenn man schon da ist. Dass man während der Fahrt immer wieder die Grenze zwischen den Landkreisen Bamberg und Kitzingen kreuzt und Hinweisschilder wie Ilmenau und Hof sieht, verwirrt. Steigerwald?
Dann aber: "Weinlandkreis Kitzingen", "Ebersbrunn". Weder Thüringen noch Oberfranken. Um sicher zu gehen, muss man nur noch einen Einheimischen fragen. Aber da ist kein Mensch.
So bleibt beim Rundgang viel Zeit für Details: Blumenschmuck an jedem Haus, ein Misthaufen. Die Straßen haben keinen Namen, die Häuser nur Nummern. Das verwirrt auch den ersten Menschen, den ich hier treffe. "Hausnummer 12?", will der Paketfahrer wissen, aber der Reporter muss passen: "Ich bin ned von hier."
Tag der geschlossenen Tür Der Sprinter rollt weiter. "Fußweg zur Kirche", "Simpson Vertragshändler". Wieder zwei vielversprechende Schilder. Doch der Mopedladen meldet Betriebsferien, und die Kirche von 1713 ist abgeschlossen.
Der nächste Weg führt zum Wirtshaus, wo die Entdeckungsreise eigentlich gemütlich enden sollte. Das Gasthaus "Zum Hirschen" macht einen verlassenen Eindruck.
Die Speisekarte im Glaskasten scheint aus der guten alten Zeit zu stammen: Schweinebraten mit Klößen für sieben Euro? Immerhin, es sind Euro.
Und, immerhin zum zweiten: Menschen! In der Gaststube sitzen zwei ältere Herren. Der Reporter stört. Die Wirtin mag sich nicht fotografieren lassen. "Ich war ned beim Frisör". Und die beiden Stammgäste aus dem nahen Ebrach im Landkreis Bamberg wollen in Ruhe ihr Bier trinken im Weinlandkreis Kitzingen. Und sie wollen wirklich nicht aufs Foto? "Wenn ich nein sach, dann heißt das nein."
Auf zum Stein der Weisen Also auf zum Ebersbrunner Marktplatz. Den gibt es hier nicht. Es gibt A) einen Briefkasten und B) einen Altglascontainer.
Und auf dem Weg von A) nach B) treffe ich tatsächlich fünf der 99 Ebersbrunner! Theresa Vogel, ihre Schwester Katharina Henger und die Kinder Rosina, Karl-Ferdinand und Jule.
Ebersbrunn? Dazu können sie nicht viel sagen, sagen sie. "Wir sin ned von da." Bitte nicht! Erst seit einem halben Jahr wohnen die Familien hier, aus Köln und Würzburg zugezogen. Das schöne Haus (Nummer 33), der große Garten und die himmlische Ruhe waren die Argumente für den Umzug in den Steigerwald.
Dann kommen sie aus dem Plaudern nicht mehr heraus. Schwärmen von der Natur, vom Spielplatz und vom Wirt, der einen Nachfolger sucht, von der prima Dorfgemeinschaft und der Beachparty am 9. August.
Unbedingt sehenswert, sagen sie, ist der alte Dreifrankenstein, eine Sandsteinsäule im Wald, leicht zu finden. Naja.
Wieder eine Entdeckungsreise, umsummt von einer Milliarde Ebersbrunner Stechmücken.
Der Frankenstein: Genau hier trafen sich vor der Gebietsreform 1972 Mittel-, Ober- und Unterfranken. Das ist da in Stein gemeißelt, weil Bayern damals den Namen "Franken" auslöschen wollte: Mittelfranken hieß bis 1838 Rezatkreis. Hier schlägt das Herz Frankens. Ein Volltreffer mit dem Dartpfeil!