Wenige Wochen vor Einzug erster Mieter in den Augustenhof sind Anwohner entsetzt über den Anstrich. Bei der Gewobau sieht man keinen Grund, etwas zu ändern.
Fast drei Jahre nach dem schwierigen Kompromiss im Bausenat steht die Wohnanlage "Augustenhof" in der Küchelstraße kurz vor der Fertigstellung. Schon lange vor Baubeginn hatte es zahlreiche Einwendungen der Anwohner gegen das Vorhaben der Gewobau gegeben, vor allem wegen Dimension und Stil des Baus. "Wir haben damals die bittere Pille geschluckt und jetzt knallen die uns mit einem Nackenschlag diese Farbe hin", sagt Anwohner Markus Reuber. Seine Frau Christine Einwag hat ihrem Ärger mit einer großen Protest-Karikatur an der Hauswand Ausdruck verliehen. Vom "Gruselbunker der Gewobau" ist da die Rede.
Ein "unangepasster Solitär"
Dass das Gebäude auf der gegenüberliegenden Seite nun jedoch in einem dunklen Grau gestrichen wird und sich damit auch farblich deutlich von der Nachbarschaft absetzt, wurde den Nachbarn erst mit Beginn der Malerarbeiten deutlich. "Ich hatte mich mit der Bebauung abgefunden, aber ich kann mich nicht mit dieser Farbe, mit einem im gesamten Haingebiet nicht anzutreffenden dunklen Grau, abfinden", sagt Bürgermeister a. D. Rudolf Grafberger, der seit 80 Jahren in der Küchelstraße lebt.
Die Architektin habe ihm erklärt, die Farbgestaltung sei modern und bewusst gewählt worden, auch wenn erheblicher Widerspruch zu erwarten sei. Es gehe überhaupt nicht darum, das Gebäude in die Umgebung einzufügen, es solle eine Art "unangepasster Solitär" sein. Grafberger beruft sich darauf, dass die Küchelstraße im unter Ensembleschutz stehenden "Stadtdenkmal
Bamberg" liege und zudem der städtebauliche und denkmalpflegerische Rahmenplan für das Haingebiet gelte.
"Entgegen der ursprünglichen Pläne erhalten diese ,Gewinnmaximierungs-Klötze' (Zitat Alt-Bamberg) einen unpassend fremden, freudlosen, erdrückend dunkel-grauen Anstrich, mit dem die Küchelstraße vollends verunstaltet wird", findet Anwohner Ulrich Vogel.
"Die Farbgestaltung ist mit der Stadt Bamberg, mit dem Baureferenten, abgesprochen und auch so im Eingabeplan enthalten", sagt hingegen Gewobau-Vorstand Georg Neuberger. "Es ist ein modernes Gebäude und soll als solches erkannt werden. Das Haus ist schon zu über 50 Prozent vermietet, keiner der Mieter hat sich über die Farbgebung beschwert." Der vorhabenbezogene Bebauungsplan habe noch keine Angaben zur farblichen Gestaltung enthalten, auch wenn das Gebäude in den frühen Skizzen hell dargestellt war.
Doch die Nachbarn haben sich auf die Darstellung verlassen, die beim Satzungsbeschluss 2014 im Bausenat vorgestellt worden ist. Für Neuberger ist das ein Missverständnis, aber sonst sei "alles sauber und ordentlich gelaufen". Er sieht daher keinen Grund, die Malerarbeiten zu stoppen.
Mit dem Baureferat abgestimmt
Ganz so einfach liegen die Dinge für die Stadt Bamberg aber nicht. Nachdem Christine Einwag Mitte September das Problem in der Bürgersprechstunde von Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) benannt hatte, forderte dieser die Gewobau zunächst auf, die Malerarbeiten unverzüglich zu unterbrechen und an den Fassadenfarben der näheren Umgebung zu orientieren. Einige Tage später erfuhr Starke jedoch, dass das Farbkonzept so mit dem Baureferat abgestimmt worden war. Er wies nun allerdings die Gewobau darauf hin, dass Hausbesitzer Rücksicht auf die Nachbarschaft zu nehmen hätten und diese auch bei der Farbauswahl einbinden und informieren müssten.
"Der Bauherr verweist auf die Baugenehmigung. Hier sind die vortretenden Baukörper in kräftigem Grau abgesetzt.Diese Farbvariante wurde nach hiesiger Erinnerung ausdrücklich als Reaktion auf die seinerzeitige Kritik aus der Nachbarschaft entwickelt, um optisch den Eindruck von drei einzelnen Häusern zu schaffen und auf diese Weise dem Wunsch der Nachbarn entgegen zu kommen, dass das Vorhaben möglichst nicht insgesamt als ein großer Baukörper in Erscheinung treten möge", teilt Baureferent Thomas Beese dazu mit.
"Zu 80 Prozent abgeschlossen"
Leider aber habe es der Bauherr versäumt, diese Ideen zwischen 2014 und 2017 mit der Nachbarschaft zu besprechen. "Nach Baurecht ist die gegenüberliegende Seite nicht zu beteiligen, bei keinem konventionellen Bauvorhaben können Nachbarn unmittelbaren Einfluss auf die Farbe nehmen", sagt hingegen Neuberger.
OB Starke hatte die Gewobau zuletzt aufgefordert, "die Anlieger von der Wertigkeit und Qualität des Farbkonzepts zu überzeugen oder sich in der Farbdarstellung der Darstellung in den kommunizierten Vorhabenplänen anzunähern". Gewo-Vorstand Neuberger sagt, dass er das Gespräch mit Grafberger gesucht habe. Doch der sei nicht daran interessiert gewesen. "Ich kann jetzt nichts mehr an der Farbgestaltung ändern, nachdem der Bau zu 80 Prozent abgeschlossen ist. Nächste Woche muss das Gerüst weg sein, damit Bäume gepflanzt werden können", sagt Neuberger. "Und wer soll dann ein neues Farbkonzept bestimmen, ist da ein Konsens überhaupt möglich?"
Warum Altbürgermeister Rudolf Grafberger das Gesprächsangebot Neubergers abgelehnt hat? Für ihn wäre das eine "Alibi-Veranstaltung" gewesen: "Wir wollen uns das dunkle Grau nicht schönreden lassen. Wir fordern, dass zumindest die Fassaden in einer anderen Farbe gestrichen werden."
KOMMENTAR von Stefan Fößel :
Fingerspitzengefühl sieht anders ausDie Situation ist wieder einmal verfahren in Sachen Augustenhof. Die Anwohner fühlen sich hinters Licht geführt, weil sie den im Bausenat vorgestellten Skizzen vertrauten. Der Bauherr sieht sich im Recht, weil er die gegenüberliegenden Nachbarn nicht nach ihrer Meinung zur Farbe fragen müsse. Und sein Farbkonzept, das offensichtlich auch den Oberbürgermeister nicht überzeugt, hat damals den Segen des Baureferenten bekommen.
Nun muss aber zum einen verwundern, dass sich angesichts der turbulenten Vorgeschichte bei der Farbgebung ausgerechnet ein dunkles Grau durchsetzt, das sonst nirgends im Haingebiet vorkommt und das bewusst provozieren soll. Und zum anderen, dass die unmittelbaren Nachbarn von diesem provokanten Grau erst durch die Malerarbeiten erfahren. Vor vollendete Tatsachen gestellt, wollen sich die Anwohner nun nicht mehr von der Farbe überzeugen lassen. Und Gewobau will auch nichts anders streichen. In dieser Situation scheint die weitere Mediation der Stadt gefragt - nicht zuletzt, weil im Baureferat das Konfliktpotenzial der dunkelgrauen Fassaden wohl nicht erkannt worden ist.
Ähnelt in Stil und Farbe der Aussegnungshalle im Stadtzentrum von Hallstadt. War da noch Farbe übrig ?
Sieht doch schick und modern aus.