Doch auch die Gegner formieren sich. In Würzburg steht keineswegs die gesamte Garnison hinter der Räterepublik. Auch die SPD stellt sich dagegen und ruft am 8. April zusammen mit Stadtverwaltung und Bayerischer Volkspartei (BVP) zum Bürgerstreik auf. Einen Tag später kommt es zu blutiger Gewalt. Artilleristen der Faulenbergkaserne greifen die Residenz, die Zentrale des Aktionsausschusses, an, die von Infanteristen der Neunerkaserne verteidigt wird. Heftig gekämpft wird auch um den Hauptbahnhof. 29 Tote fordert die Niederschlagung der Räterepublik.
Am 10. April stellt das Würzburger Armee-Generalkommando den Revolutionären in Aschaffenburg, Lohr und Schweinfurt ein Ultimatum. Flugblätter mit den Forderungen werden per Flugzeug über den Städten abgeworfen: Abgabe der Waffen, Auflösung der Aktionsausschüsse, Wiedereinsetzung der Behörden und Auslieferung der Rädelsführer. Die Revolutionäre in Lohr, wo der Rückhalt gering ist, geben auf. In Aschaffenburg stellt sich das dortige Jäger-Bataillon auf die Seite der Regierung Hoffmann. Eine Delegation aus Aschaffenburg handelt daraufhin in Würzburg ebenfalls den "Abbau" der Räterepublik aus.
Anders in Schweinfurt: In der USPD-Hochburg werden nur Teile des Ultimatums akzeptiert. Die Räteherrschaft wird beendet, doch verweigert der Arbeiter- und Soldatenrat die Abgabe der Waffen. Am 29. April marschieren daraufhin Regierungstruppen in Schweinfurt ein. Es kommt zu Kämpfen, die mehrere Menschenleben kosten.
Hochverratsprozesse folgen. Anton Waibel wird zu 15 Jahren Festungshaft verurteilt, kann jedoch während eines Gefangenentransports 1921 fliehen. Die Nazis stecken ihn nach 1933 ins KZ Buchenwald. Nach 1945 ist er wieder in KPD und SED aktiv. Wegen Kritik an Stalin wird er 1952 aus der SED ausgeschlossen. Er stirbt 1969 in West-Berlin.
Andere Beteiligte kommen mit geringeren Strafen davon. Johann Elbert, der am 9. April mit einem Versuch zur Ausrufung der Räterepublik in Obernburg schnell gescheitert ist, muss zwei Jahre in Haft. Er wechselt von der USPD zur KPD. Als ihm 1922 erneut die Verhaftung droht, taucht er unter. 1930 kehrt er nach Obernburg zurück,wo er 1931 im Alter von 42 Jahren stirbt.
Revolutionär und Regierungspräsident
Jean Stock hat mehr Glück. Seine eineinhalbjährige Haftstrafe wird aus Gesundheitsgründen zur Bewährung ausgesetzt. 1920 wird er Landtagsabgeordneter. 1922 schließt er sich wieder der SPD an. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird er Oberbürgermeister von Aschaffenburg, Regierungspräsident von Unterfranken und als Mitglied des Parlamentarischen Rates einer der Väter des Grundgesetzes. Er stirbt 1965.
Hintergrund:
Räte
Entstehung: Die ersten Arbeiter- und Soldatenräte wurden spontan gebildet. Später wurden sie gemäß einer Verordnung der Regierung Eisner ganz bürokratisch korrekt in Bürgerversammlungen gewählt, die meist von den örtlichen Verwaltungen einberufen wurden.
Aufgaben: Laut Verordnung der Regierung sollten die Räte die Verwaltung kontrollieren, sich jedoch aller direkten Eingriffe in die Arbeit der Verwaltung enthalten - ein Dilemma.
Politische Ausrichtung: Die Mehrheit der Mitglieder in den Räten war sozialdemokratisch orientiert. In den ländlichen Bauernräten gab es aber auch Konservative, da oft örtliche Honoratioren gewählt wurden. Die Räte sahen sich zunächst als Organe der Übergangszeit bis zur Errichtung einer parlamentarischen Demokratie. Vertreter, die für ein Rätesystem eintraten, gewannen erst nach dem Mord an Eisner an Einfluss.Im Sommer 1919 verloren die Räte ihre politische Bedeutung und lösten sich auf. (hz)
Das Frühjahr 1919
12. Januar: Bei der Landtagswahl bekommt die USPD von Ministerpräsident Kurt Eisner nur 2,5 Prozent der Stimmen (BVP 35 %, SPD 33 %).
21. Februar: Auf dem Weg zum Landtag, wo er seinen Rücktritt erklären will, wird Eisner vom Rechtsradikalen Anton Graf Arco Valley ermordet. Die Landtagssitzung endet in einer Schießerei. Im Machtvakuum übernimmt ein "Zentralrat der bayerischen Republik" (Ernst Niekisch, SPD) provisorisch die Regierung.
17. März: Einigung zwischen Zentralrat und Landtagsparteien: Der Landtag wählt Johannes Hoffmann (SPD) zum Ministerpräsidenten.
7. April: Im Zentralrat setzt sich die radikale Linke durch. Die Räterepublik wird ausgerufen. Die Regierung Hoffmann flieht nach Bamberg.
1. bis 3. Mai: Die Räterepublik in München wird militärisch niedergeschlagen. Es gibt mehrere hundert Tote bei Kämpfen und willkürlichen Massenerschießungen. (hz)
Die Bezeichnung SPD ist in diesem Beitrag nicht ganz korrekt. Die SPD war zwischen 1917 und 1922 in USPD und MSPD gespalten.
ja, und "die BaLi" gab es damals leider noch nicht
Es waren beide Bezeichnungen üblich, sowohl SPD als auch MSPD. Offiziell hieß die Partei weiterhin SPD. Der Name MSPD wurde gebräuchlich, um zu verdeutlichen, dass die SPD weiter die Mehrheit der Sozialdemokraten vertritt.
vielleicht klappt's ja 100 Jahre später mit der Räterepublik
Gute Idee! So wie es gerade läuft, könnte man doch glatt mal als OB kandidieren.
Da würde ich den Brunnen auch wieder in die Mitte setzen, sieht besser aus. Und leider ist dann kein Platz mehr für die Events von Herrn S.