Waffen, Schläge, Tritte: Gewalt gegen Polizisten in Oberfranken nimmt zu

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Die Gewalt gegen Polizisten steigt auch in Oberfranken deutlich an. 604 Gewaltfälle wurden vom Polizeipräsidium für das Jahr 2016 registriert. Foto: Daniel Karmann/dpa
Die Gewalt gegen Polizisten steigt auch in Oberfranken deutlich an. 604 Gewaltfälle wurden vom Polizeipräsidium für das Jahr 2016 registriert. Foto: Daniel Karmann/dpa

Die Zahl der Gewalttaten gegen Polizisten in Oberfranken ist in den vergangenen zwei Jahren erheblich gestiegen. Fast täglich kommt es zu Ausschreitungen.

Nahezu täglich werden oberfränkische Polizisten beleidigt und körperlich oder gar mit Waffen angegriffen.

604 Fälle von Gewalt gegen Polizisten registrierte das Polizeipräsidium Oberfranken im Jahr 2016. Damit stiegen die Zahlen im Vergleich zu 2015 um 14,2 Prozent - konkret also um 75 Fälle. Insgesamt waren 2.020 Ordnungshüter betroffen, rund 190 Beamte erlitten bei den Angriffen zum Teil schwere Verletzungen.

Bereits einer der vielen Fälle aus dem Jahr 2016 zeigte, dass die Gewaltbereitschaft gegenüber der Beamten deutlich zugenommen hat. Beim 20. Faschingsumzug in Bad Neustadt schlug ein 22-Jähriger einem Polizisten ins Gesicht und verletzte ihn und einen weiteren Polizisten erheblich.

Die Polizei in Oberfranken sieht sich laut eigenen Angaben regelmäßigen Aggressionen und fehlendem Respekt ausgesetzt. Ein Beleg sei das vergangene Wochenende, an dem drei Polizisten Verletzungen erlitten und teilweise massiv beleidigt wurden.


Skater gegen Polizisten in Bamberg

Am Sonntag, dem 27. August 2017, wurde in den Morgenstunden der Polizeiinspektion Bamberg-Stadt ein aggressiver Skateboard-Fahrer gemeldet, der die Passanten verprügeln wollen. Die jungen Männer fuhren auf der Straße rücksichtslos über roten Ampeln, so dass es zu gefährlichen Verkehrssituationen kam. Als ein Diensthundeführer die Männer kontrollieren wollte, widersetzte sich einer der Männer dem Polizisten - ein zweiter junger Mann griff den Beamten an. Auch nach dem Eintreffen weiterer Polizisten setzte sich die Gewalt durch einen dritten Skater fort. Ein Beamter erlitt bei der Auseinandersetzung Verletzungen. Der vierte Tatverdächtige wurde wenig später ebenfalls festgenommen.

Nur einen Tag zuvor, am frühen Samstagmorgen, hatte sich auch ein Mann im Bamberger Norden Polizisten gewaltvoll widersetzt. Der Mann setzte sich unerlaubt in ein kurzzeitig verlassenes Taxi. Als der Fahrer zurückkehrte und den Mann bemerkte, verständigte er die Polizei.

Nachdem es den Beamten gelungen war, den Mann zum Aussteigen zu bewegen, wollten die Polizisten die Identität des Mannes feststellen, der dauerhaft eine Bierflasche aus Glas mit erhobener Hand über der Schulter hielt. Mit der Identitätsprüfung war der 26-Jährige nicht einverstanden und versuchte, einen Beamten im Gesicht zu verletzen. Als er daraufhin zu Boden gebracht wurde, wehrte er sich massiv und beleidigte die Polizisten mit Kraftausdrücken, bis er schließlich in eine Arrestzelle kam. Ein Beamter wurde bei dem Einsatz leicht verletzt.

Später am Samstag kam es zu einem unglücklichen Vorfall. Beamte der Polizeiinspektion Neustadt bei Coburg fuhren nach Rödental zu einem Einsatz - dort war es offenbar zu einer Schlägerei zwischen mehreren Personen gekommen. Die Ordnungshüter stellten die Tatverdächtigen, zwei jungen Männer und eine Frau, in der Nähe des Einsatzortes, woraufhin die Gruppe die Polizisten angriff.

Ein 22-Jähriger schlug einem der Polizisten ins Gesicht und leistete auf dem Boden liegend noch heftigen Widerstand. Dabei erlitt der Beamte an mehreren Körperstellen Verletzungen. Der 22-Jährige spuckte zudem während des Transports im Dienstauto mehrfach um sich. Bei der staatsanwaltschaftlich angeordneten Blutentnahme in der Inspektion leistete der aggressive junge Mann erneut Widerstand. Der verletzte Beamte war nicht mehr dienstfähig.


Die Zahlen steigen: Beleidigungen und Körperverletzungen an der Spitze

Über 240 Mal mussten sich Polizisten im Jahr 2016 von ihrem Gegenüber teilweise massive Beleidigungen anhören - das sind zehn Prozent mehr als im Vorjahr.

Auch die Anzahl der Körperverletzungsdelikte stieg zum Vorjahr um 34 auf 212 Taten. Verglichen mit dem Jahr 2010 gab es nahezu doppelt so viele Beleidigungsfälle. Im Bereich "Widerstand" wurden sechs Fälle mehr, insgesamt 91 Straftaten, verzeichnet. Drei Personen mussten sich wegen versuchter Tötung an Polizisten verantworten. Die Anzahl gefährlicher Körperverletzungen sank um einen Fall auf 22 Straftaten.


Tatort meist öffentlicher Raum

Die meisten Angriffe auf Polizeibeamte ereignen sich im öffentlichen Raum, auf Straßen, Wegen und großen Plätzen. Hier sind die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr erneut angestiegen. Auch die Anzahl der Gewalttaten an Polizisten in Gaststätten und Diskotheken haben sich verdreifacht. In Polizeidienststellen waren einige Gewalttaten mehr als im Vorjahr festzustellen und an privaten Örtlichkeiten, beispielsweise in Wohnungs- und Gartenbereichen, blieb die Anzahl so gut wie gleich.
Nach wie vor kommt es zur Nachtzeit sowie am Wochenende zu den meisten Übergriffen auf Beamte.


Erhebliche Übergriffe - Geringfügige Maßnahmen

Die Gewalt gegen Polizeibeamte steht in der Regel in unmittelbarem Zusammenhang mit polizeilichen Maßnahmen. Jedoch sind Übergriffe auf Polizisten, bei denen keine Forderungen seitens der Polizisten vorangegangen waren, keinesfalls eine Seltenheit. Sie stiegen im Jahr 2016 wieder auf insgesamt 53 Fälle.

Zudem sind die Maßnahmen oftmals nur geringfügig, wie beispielsweise Identitätsfeststellungen oder Sachverhaltsklärungen. Dennoch werden den Beamten bereits hierbei immer öfter Respektlosigkeit und Aggression entgegengebracht.


Großteil der Tatverdächtigen alkoholisiert

Bei den 604 registrierten Gewaltfällen gegen Polizeibeamte im Jahr 2016 wurden 543 Tatverdächtige ermittelt.
Über drei Viertel der Täter standen unter dem Einfluss von berauschenden Mitteln.

In 80 Prozent der Fälle war dies Alkohol, der bekanntlich als Aggressionsverstärker Nummer 1 gilt. Knappe 80 Mal wurde der Konsum von anderen Drogen und Medikamenten festgestellt - oftmals in Kombination mit Alkohol.


Waffen, Schläge, Tritte

Eine statistische Auswertung für das Jahr 2016 zeigt erneut, mit welcher Aggression und Gewaltbereitschaft die oberfränkische Beamten konfrontiert werden.

In einem Fall stellten Polizisten eine Person mit einer scharfen Schusswaffe fest. Zwei Mal setzte das polizeiliche Gegenüber eine Hieb- oder Stichwaffe ein, weitere zwei Male drohte er damit und in einem Fall wurde eine derartige Waffe bei einer Person festgestellt. Übergriffe durch Schläge mit der Hand oder Faust und 116 Mal durch Treten. 16 Mal wurde ein Kopfstoß ausgeführt und in 22 Fällen wurden gegen die Beamten mit Beißen vorgegangen. Insgesamt setzten Personen in sieben Fällen ein Kraftfahrzeug gegen die Ordnungshüter ein. Schockierend sind vor allem die drei versuchten Tötungsdelikte.


Das Bewusstsein für eine hohe Gewaltbereitschaft schärfen

Die hohen Fallzahlen belegen, dass im polizeilichen Alltag inzwischen mit einer hohen Gewaltbereitschaft seitens der Täter gerechnet werden muss. Dass die oberfränkischen Polizeibeamte tätliche Übergriffe überwiegend abwehren konnten und Angriffe oftmals glimpflich ausgingen, sei nicht zuletzt auch der guten Aus- und Weiterbildung und dem gut strukturierten polizeilichen Einsatztraining zu verdanken.

Um die erschreckenden Zahlen der Gewaltfälle dauerhaft zu senken, gelte es laut Polizeipräsidium Oberfranken für die Polizisten, in unterschiedlichen Einsatzsituationen das mögliche Konflikt- und Gewaltpotential rechtzeitig zu erkennen, um im Ernstfall angemessen darauf reagieren zu können. Grundsätzlich sei es das vorrangige Ziel eines jeden Polizeibeamten, Konflikte nach Möglichkeit mit Mitteln der Kommunikation zu lösen.