Frensdorfer Laien und ein Diakon zeichnen ein Bild von der Zukunft des Gottesvolkes.
Rotlicht schimmert aus den Fenstern der Pfarrkirche St. Johannes an einem dunklen, kalten Winterabend. Doch es gibt keinen Grund zur Sorge oder gar, einen sündigen Gedanken aufkommen lassen. Das Haus Gottes ist (noch) nicht zweckentfremdet, vielmehr sind fromme Menschen am Werk. Sie tauchen die lange nicht mehr benutzte Kanzel in die Farbe des Feuers als Ausdruck von Kraft, Wärme und Energie. Dann verleiht Gelb der Kirche Glanz, Blau als Farbe des Himmels und der Tiefe beleuchtet den Taufstein, Grün umgibt den Altar und steht für Vitalität, helles Licht für Reinheit.
"So wie die farbigen Lichtstrahlen den gewohnten Eindruck unseres Gotteshauses verändern, wird die Kirche von morgen eine andere sein," begründen die Initiatoren, Diakon Alfred Beyer, Florian Hilmer und Thomas Kappes, eine Abendandacht, die annähernd 80 Besucher aus den Gemeinden des Pfarreienverbundes Ebrachgrund berührt.
Nicht nur das Farbspiel einer Diskothek und ungewohnte Musik versetzten die Gemeinde in Wachsamkeit und Neugier. Die so klein gewordene Schar der sonntäglichen Gottesdienstbesucher hört, dass sich die Kirche wandeln müsse, wenn sie noch länger überdauern wolle.
Hilfen für das Leben
Diakon Beyer und die aus Frensdorf stammende Journalistin Alexandra Rank rufen von der Kanzel zur Besinnung: "Eine zukunftsfähige Kirche muss sich um mehr bemühen als sich in der Gesellschaft den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und einer Wohltätigkeitsorganisation neben anderen zu sichern." Sie solle nicht die Dogmen und Lehren der Geschichte verwalten und mit Ge- und Verboten drohen, sondern in den vielfältigen Formen der Verkündung Hilfen für das Leben anbieten, hatte der Helferkreis formuliert.
Nötig seien Katholiken, die über Gott und vom Glauben an ihn überall, jederzeit und ohne oberhirtliche Regelung reden dürfen, die ihren Glauben leben und auch wortlos bezeugen.
Hat Pfarrer Wolfgang Schmidt Ketzern das Feld überlassen? Mitnichten. Zitiert wird unter anderem Professor Josef Ratzinger, der schon 1971 voraussah, dass die Kirche mit der Zahl ihrer Anhänger viele ihrer Privilegien verlieren werde. Sie werde als kleine Gemeinschaft sehr viel stärker die Initiative ihrer einzelnen Glieder beanspruchen und sie werde "gewiss neue Formen des Amtes kennen und bewährte Christen, die im Beruf stehen, zu Priestern weihen". Als Papst Benedikt XVI. hätte Ratzinger seine Vision verwirklichen können, den Mut hatte er letztlich nicht, vielleicht auch nicht die Kraft. Nun hoffen viele Katholiken darauf, dass Nachfolger Franziskus die Kirche von morgen Wirklichkeit werden lässt.
"Es werde Licht", lautete denn auch der fromme Wunsch der bewegenden Andacht.
Auf dem Weg ins Übermorgen
Da und dort gibt es ja auch schon Seelsorger, die aus tradierten Formen ausbrechen und damit Anklang finden. Frensdorfs Pfarrer Schmidt sieht die "Kirche als Gemeinschaft von Gemeinschaften auf dem Weg ins Übermorgen". Und Diakon Beyer ist überzeugt, dass die Kirche auch in Zukunft eine Hoffnung geben kann, zu der die Welt nicht fähig ist, nämlich auf ein Reich des Friedens, der Gerechtigkeit und der Gemeinschaft der Liebe. Mithin die "Wohnung Gottes unter den Menschen", wie sie in der Offenbarung des Johannes beschrieben sei.
Bei Glühwein "mit" und "ohne" verweilten die Gläubigen angeregt diskutierend, zwischen Bangen und Hoffen schwankend noch länger in dem winterlich kalten Kirchenschiff: Vereint in den Unterschieden, was sich Franziskus für die Zukunft der Christenheit wünscht.