Die aktuelle Statistik der Polizei scheint jenen recht zu geben, die schärfere Sanktionen auf Bambergs Straßen fordern.
Die Zahlen sind hoch, aber sie konnten Thomas Schreiber nicht überraschen. Es ist fast eine physikalische Gesetzmäßigkeit, die den Anstieg der Kurven in der Bamberger Unfallstatistik erklärt: "Wir haben mehr Fußgänger, mehr Autofahrer, mehr Radfahrer. Alle wollen in die Altstadt. Aber der Verkehrsraum kann nicht mehr wachsen", sagt der Polizeichef.
Anders formuliert: Beliebtheit und Zugkraft der Altstadt sind der Grund dafür, dass die Verkehrslawine rollt und kaum mehr abreißt. Mit allen Folgen, die das mit sich bringt: Mehr Menschen bedeuten mehr Konflikte und damit mehr Unfälle. Wie das Jahr 2016 exemplarisch gezeigt hat: Es bescherte Bamberg in den meisten Feldern signifikante Steigerungen. So schnellte im vergangenen Jahr nicht nur die Gesamtzahl der Unfälle um sieben Prozent auf 2588 und damit mehr als im Bayernschnitt.
Auch Alkoholfahrten stiegen kräftig an, was freilich auch mit der Zahl der Kontrollen durch die Polizei zusammenhängt. Zuletzt: Die wachsende Größe der Fahrzeuge scheint die Neigung der Autofahrer zu fördern, sich nach missglückten Manövern ohne Schadensregulierung von der Bildfläche zu stehlen. 767 Fahrerfluchten wurden im vergangenen Jahr bei der Polizei angezeigt - eine stolze Zahl.
Die Nerven liegen blank
In gewöhnlichen Jahren wären diese Zahlen wohl ohne viel Aufhebens hingenommen worden - unvermeidliche Kehrseite einer boomenden Stadt. Doch 2017 liegen die Nerven blank, scheint eine Grenze erreicht. An vielen Brennpunkten der Stadt haben in jüngster Zeit Anwohner gegen die Verkehrsbelastung protestiert, gegen Lärm, Feinstaub und Abgase.
Die Stimmen aus Löwen-, Friedrich- und Luitpoldstraße, von Schellenbergerstraße und vom Kaulberg sind nur die Spitze des Eisbergs. Und sie scheinen nicht ungehört zu verhallen. Ursula Sowa zum Beispiel, grüne Fraktionschefin, rät angesichts der "grausamen Zahlen" der Polizeistatistik dringend dazu, jetzt nicht zum Tagesgeschäft überzugehen.
Die Lage auf den Bamberger Straßen müsse sich im Verkehrsentwicklungsplan ebenso widerspiegeln wie in neuen verkehrspolitischen Schritten. Dazu zählt die Grüne nicht nur den Ausbau der kommunalen Geschwindigkeitsüberwachung, sondern vor allem die flächendeckende Tempo-30-Zone in der Bamberger Innenstadt, eine Ur-Forderung der Grünen. Andere Städte hätten damit gute Erfahrungen gemacht.
Die letzten Rennstrecken
Ausgeschlossen ist es tatsächlich nicht, dass die letzten Rennstrecken, auf denen Tempo 50 in der Innenstadt heute noch erlaubt ist, auch in Bamberg geschlossen werden. Die Masse der vernünftigen Verkehrsteilnehmer würde dann den Preis dafür zahlen, dass sich einzelne Rowdys nicht benehmen können, beschreibt Helmut Müller (CSU) die möglichen Konsequenzen einer solchen Politik. "Wir bedauern die zunehmende Disziplinlosigkeit einiger Verkehrsteilnehmer und müssen etwas dagegen tun", zeigt sich der CSUler überzeugt. Auch Klaus Stieringer in der SPD sieht Handlungsbedarf. Dies könne freilich auch dadurch geschehen, dass alternative Verkehrsarten gefördert würden.
Tempo runter bei Gefahren
Freilich: Ganz ohne Regulierung und vor allem ohne Abschreckung wird es nicht gehen. Kaum einer weiß das besser als der Bamberger Straßenrechts-experte Franz-Rudolf Herber, wohnhaft am Oberen Kaulberg und damit an einem Verkehrsbrennpunkt. "Wo Gefahrenstellen sind, muss das Tempo runter. Etwas anderes lässt die Straßenverkehrsordnung gar nicht zu", sagt Herber.
Der Anwalt und Fachbuchautor bemängelt, dass die Stadt vergleichsweise "gnadenlos" sei, wenn es darum geht, Parksünder zu verfolgen, aber die marginalen Gelder scheue, die es kosten würde, die Geschwindigkeitsüberwachung auszubauen und Vergehen konsequent zu sanktionieren. Er weiß: "Ohne Strafen ändert sich nichts. Die Leute sind nicht vernünftig. Sie stehen häufig unter Zeitdruck und drücken meist einfach aufs Gas."
Doch welche Wirkung hat es, Autofahrer als notorische Temposünder abzustempeln und nach dem Parküberwachungsdienst nun auch eine Truppe bissiger Tempojäger aufzubauen? Dieter Weinsheimer von der Bamberger Allianz hatte beim Streit um die Löwenstraße davor gewarnt, das Heil allein in neuen Verboten zu suchen. Viele Berufstätige seien auf die Autofahrten angewiesen, betonte die Allianz damals.
Weinsheimer bleibt auch nach der Veröffentlichung der Unfallzahlen bei dieser Sicht: "Es darf nicht so weit kommen, dass die Autofahrer schikaniert werden. Maßnahmen müssen für die Kraftfahrer auch nachzuvollziehen sein. Pauschal auf Restriktionen zu setzen, halten wir nicht für richtig."
Welchen Weg der Stadtrat auch immer beschreitet. Von selbst wird sich das Streitthema nicht auflösen. Auch Polizeichef Thomas Schreiber macht keine Hoffnung. Schon im Herbst kommen Hunderte neuer Anwärter der Bundespolizei in die Stadt. Dann wird Bamberg noch voller.
So lange Radio Bamberg jede Radar- und Gurtkontrolle schon beim Aufbau meldet und dann nach jedem Infobeitrag die Meldung wiederholt, haben die notorischen Raser leichtes Spiel. Und dann gibt's wohl auch noch hilfreiche Apps und social media... Vor allem die jüngeren Schnellfahrer kennen sich darin aus.
Was könnte helfen? Das Navi sollte bei Überschreiten des Limits ein nervtödendes Signal abgeben und gleichzeitig die Bordmusik leise stellen. Und dann die Ansage: "Sie riskieren 100 Euro Buße und 2 Punkte im Zentralregister..."
Werte User,
jetzt bin ich doch schon ein wenig enttäuscht.
Ich hatte mir einen wesentlich größeren Shitstorm erhofft...
"Wer Sturm sät wird ein laues Lüftchen ernten", sagte der erfolglose Agent Provocateur in Abwandlung des bekannten Spruchs: " Wer Wind sät wird Sturm ernten".
In Zukunft werden nur noch halb so viele Autos unterwegs sein, wenn es nach "unserem" Justizminister geht, der für alle möglichen Delikte den Führerschein einziehen will.
Das betrifft dann wohl auch hauptsächlich diejenigen, die sich über alles hinwegsetzen, auch über Verkehrsgesetze.
Führerschein weg mit 70 und schon halbieren sich die Unfallzahlen...