Die Künstlerwerkstatt Stegaurach bringt die Komödie"37 Ansichtskarten"auf die Bühne.
Die Bühne im Stegauracher Bürgersaal ist so schräg wie das Theaterstück von Michael McKeever. Kein Wunder, denn das Eigenheim der Familie Sutton, irgendwo in Connecticut, droht im Erdboden zu versinken. Mit der Komödie "37 Ansichtskarten" lassen die Werkstattkünstler die Gefühle ihres Publikums Achterbahn fahren.
Die Komödie bewegt sich zwischen Screwball und Sitcom, kohlrabenschwarz bis makaber, und ist so skurril-exzentrisch, schrill, verrückt, liebenswert und überdreht wie ihre Protagonisten, die Suttons. Normal scheint da nichts und niemand zu sein. Nicht einmal Skippy, der Rottweiler, der, von allen vergessen und für tot gehalten, tatsächlich aber im Vorgarten zum Wolf mutiert und mit dem unerklärlichen Verschwinden von Nachbarskindern in Verbindung gebracht wird.
Sohn Avery (Armin Scharf), der nach achtjährigen Reisen in Europa frisch verlobt zurück nach Hause kommt, findet den Hund wieder. Das heißt, eigentlich findet der Hund ihn ... Avery hat seine Verlobte Gillian (Alexandra Towarnicki) auf eine "etwas exzentrische" Familie vorbereitet, aber keiner von beiden ahnt auch nur im Entferntesten, was sie tatsächlich erwartet: Sprachlosigkeit trotz vieler Worte und ein exzessiver Verdrängungswettbewerb, in dem jeder auf seine Art die schmerzhafte Realität ausblendet.
Mama Evelyn ( eine wunderbare, souveräne Silke Ulrich, die außerdem auch noch das Projekt leitet und Regie führt), zeigt alle Anzeichen geistiger Verwirrung.
Sie verwechselt nicht nur die hoffnungslos überforderte Gillian ständig mit dem Hausmädchen Sheridan, sie ist auch höchst überrascht, ihre totgeglaubte Mutter Nana äußerst lebendig vorzufinden.
Averys Großmutter (Elke Schellhorn), kantig, sperrig, "Leck mich" knurrend und auch sonst alles andere als zimperlich, verzehrt sich nach einem gewissen Frank und weiß, wo im Haus die harten Sachen stehen (das ist es, was Avery allmählich braucht). Von ihrer Auferstehung sind fast alle überrascht.
Tante Ester nicht. Einer strahlenden Sonne hätte es nicht bedurft, denn Heike Hollet- Gep pert steht ja auf der Bühne. Als Tante Ester und leidenschaftliche Köchin betreibt sie nebenbei eine "Dienstleistungsagentur für Senioren". Telefonsex - charmant und gekonnt.
Averys Vater Stanford (Fredi Ruppenstein) spielt Golf, am liebsten nachts. Er verwendet leuchtende Bälle.
Und er ist todkrank.
Noch vier Vorstellungen Gillian, die wie seiner Zeit Marilyn Monroe dem Credo "Diamonds are forever" folgt, dreht langsam aber sicher durch. "Die gehören alle in ein Heim", fordert sie entnervt, aber da macht Avery nicht mit. Und die 37 Ansichtskarten aus allen Teilen Europas? Von ihm sind sie nicht...
In jeder Szene des Stückes liegt die Gelegenheit zu großer Heiterkeit wie auch zu großer Trauer, und die Regie nimmt immer beide Möglichkeiten wahr, unterstützt von einem bewährten Backoffice: Michael Feulner (Regieassistenz), Roland Eichhorn (Bühnenbild und Ton), Georg Graefe (Licht), Andrea Bergmann (Maske und Haare). Heike Pfalzgraf besorgte das Fotostyling.
Weitere Vorstellungen folgen am 19., 20., 26. und 27. Juli, jeweils um 20 Uhr im Garten des Bürgersaals.