Die Bundespolizei beansprucht fast die ganze Kaserne in Bamberg

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Flüchtlingsströme und Terrorgefahren bringen den Bund in Zugzwang: 3000 neue Bundespolizisten sollen in Bamberg in drei Jahren ihre Ausbildung anfangen. Foto: Ronald Rinklef
Flüchtlingsströme und Terrorgefahren bringen den Bund in Zugzwang: 3000 neue Bundespolizisten sollen in Bamberg in drei Jahren ihre Ausbildung anfangen.  Foto: Ronald Rinklef
In der so genannten Volllastphase beanspruch die Bundespolizeischule große Teile der Kaserne (grün umrandet). Foto: M. Wehner
In der so genannten Volllastphase beanspruch die Bundespolizeischule große Teile der Kaserne (grün umrandet).  Foto: M. Wehner
 

Die neue Bamberger Polizeischule wird riesig und bringt viele neue Arbeitsplätze nach Bamberg. Doch es gibt auch Schattenseiten: Das Projekt macht einen gehörigen Strich durch die Rechnung der Konversionsplaner in Bamberg. Lagardekaserne und Lindenanger sind vorerst unerreichbar.

Die Dimensionen, die Ulrich Delles vom Staatlichen Bauamt Bamberg aufzeigte, sind gewaltig: Wenn die Bundespolizeischule in Bamberg im September 2016 den Betrieb aufnimmt, dann hat sie mit 30 000 Quadratmetern Nutzfläche bereits die Größenordnung der Hochschule in Coburg übertroffen. In der maximalen Ausbauphase ab 2018 wird die Akademie mit 400 Fachlehrern 3000 Polizeianwärter ausbilden - auf 60 000 Quadratmetern. Sie wird damit deutlich größer sein als die bestehende Bamberger Hochschule. "Sie bekommen gewissermaßen eine zweite Universität", sagte Delles.

Das Zahlenbeispiel war nur eines von vielen, mit denen die Verantwortlichen der Bundespolizei, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) und des Staatlichen Bauamts im Konversionssenat deutlich machten, um was es geht, wenn die Sicherheitsbehörde ihr sechstes Aus- und Fortbildungszentrum in Deutschland errichtet. Und nicht nur die Größe ist das besondere Kennzeichen der BPOLAFZ, wie die in Potsdam ansässige Behörde die Schule im hauseigenen Chargon abkürzt. Mindestens ebenso sind es die besonderen Umstände, Flüchtlingsströme und Terrorgefahren, die den Bundestag am 6. September dazu brachten, den Stellenplan der größten Polizeibehörde in Deutschland um 3000 Mitarbeiter aufzustocken.

Gut vier Monate nach diesem denkwürdigem Tag schildert Lutz Leide im Bamberger Konversionssenat, wie und warum die Behörden auf Bamberg kamen. Es gab offenbar ganz wenige Liegenschaften, die groß genug für den Zweck waren und so schnell zu aktivieren wie die Warner-Barracks in Bamberg. "Wir haben die Kaserne nicht hingebaut. Sie ist einfach mal da und es gibt keine Alternative", sagte Leide.


Das Ende der Konversion?

Doch so verlockend die Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe auch sein mögen, so sehr die Zahl von 400 neuen Arbeitsplätzen Bamberg auch stärkt. Den Konversionsprozess stellt die Bundespolizeischule erst einmal gründlich auf den Kopf. Nicht nur, dass der anvisierte Verkaufstermin zum 31. Januar 2016 für das nicht beanspruchten Kasernengelände geplatzt ist und von der Bima nicht einmal erwähnt wurde. Es gibt, von der Offizierssiedlung einmal abgesehen, gar nichts, was in den nächsten Jahren nicht von der Bundespolizei in Anspruch genommen würde. Die beiden US-Schulen, Verwaltungsgebäude und Mannschaftsunterkünfte der Lagardekaserne, selbstverständlich die Häuser des Lindenangers werden in der ersten oder zweiten Ausbauphase benötigt. Nicht einmal zu verbindlichen Zusagen sahen sich die Vertreter der Bundespolizei für die Zeit in der Lage, wenn die Akademie in den Jahren nach 2020 allmählich in den etwas schwächeren Regelbetrieb übergeht und sowohl Lindenanger und die Lagardekaserne freigegeben werden könnten.


Stieringer: Sechser im Lotto

Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) und die Stadträte aller Fraktionen machten in ihren Reden den Zwiespalt deutlich, in dem man in Bamberg steckt. Einerseits hießen sie die Bundespolizei herzlich willkommen. Klaus Stieringer (SPD) sprach gar von einem Sechser im Lotto, Bamberg sei einer der Gewinner dieser Krise. Andererseits warben sie mit Engelszungen dafür, dass der Bund die Lagardekaserne doch früher freigeben oder wenigstens verbindliche Termine nennen könnte. Nicht völlig erfolglos, wie es scheint: Es soll noch einmal geprüft werden, ob es auch ohne "Lagarde" gehen könnte.

"Auch wir Kommunen müssen nicht alles brav über uns ergehen lassen", hatte zuvor Ursula Sowa (GAL) kritisch angemerkt und an den zweijährigen mit einer halben Million Euro geförderten Planungsprozess erinnert. Herbert Lauer (FW) hatte gefordert, Alternativen zu prüfen, die den Bamberger Plänen nicht unnötig im Weg stehen. Von einem lachenden und weinenden Auge sprach Norbert Tscherner. Der Bürger-Block-Chef freut sich zwar über die Arbeitsplätze, fürchtet aber, dass durch die Verknappung des Wohnraumes die Mietpreise in Bamberg weiter steigen werden.


Ohne Zäune geht es nicht

Dass der anfangs zitierte Vergleich mit einer Hochschule doch etwas gewagt ist, wurde auf Nachfrage deutlich. Von einer campusartigen Ansiedlung kann keine Rede sein. "Zäune sind ein probates Mittel, um die Einrichtung zu schützen", sagte der Leiter der Abteilung 8 des Präsidiums des Bundespolizei. Und auch der Präsident der Bundespolizeiakademie, Alfons Aigner, ließ keinen Zweifel daran, dass das Sicherheitsbedürfnis einer Polizeischule sehr hoch ist - wegen der allgemeinen und mittlerweile auch sehr speziellen Gefahrenlage und nicht zuletzt wegen der teils noch minderjährigen Polizeianwärter, die auf dem Gelände der Polizeischule wohnen werden. "Es gibt eine Fürsorgepflicht für unsere Schüler. Ich nehme das sehr ernst."