Nach den Silvester-Ereignissen haben auch immer mehr Menschen in Franken Angst vor tätlichen Angriffen und bewaffnen sich. Ein gefährlicher Trend, vor dem Behörden und Experten warnen.
Bei den Landratsämtern und den kreisfreien Städten in Franken stapeln sich derzeit die Anträge für die sogenannten Kleinen Waffenscheine. Diese erlauben das verdeckte Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen. Allein im Kreis Kulmbach sind seit Jahresbeginn allein 15 Anträge gestellt worden. Und auch in der Stadt
Bamberg ist diese Zahl hoch, dort liegen dem Ordnungsamt 14 solcher Anfragen vor. Das sind mehr als 2014 insgesamt bewilligt wurden.
Der Grund für diese massive Aufrüstung: Nach den Übergriffen in der Silvesternacht ist das Thema sexuelle Gewalt plötzlich allgegenwärtig. Viele Bürger sind verunsichert. Wie schützt man sich im Fall des Falles gegen einen Angriff?
Pfefferspray, Elektroschocker und Co.
Während einige sich mit Pfefferspray oder Elektroschocker eindecken, wollen andere offenbar direkt zur Schusswaffe greifen. Seit Herbst letzten Jahres häufen sich die Meldungen, dass ungewöhnlich viele Anträge für den Kleinen Waffenschein gestellt werden.
Jürgen Köhnlein ist Bezirkschef der Deutschen Polizeigewerkschaft in Oberfranken. Der Hauptkommissar aus Kulmbach warnt vor dem allzu raschen Griff zu Waffen: "Wir sehen diese Entwicklung mit großer Sorge. Jedoch ist die Gefahr gerade im Bereich der Belästigungen und Straftaten, wie sie in der Silvesternacht in Köln geschehen sind, gerade gefühlt schlimmer als faktisch tatsächlich vorhanden."
Das betont auch das bayerische Innenministerium auf Anfrage dieser Zeitung. Ein Sprecher erklärt: "Die Polizei hat die Sicherheitslage in Bayern sehr gut im Griff und steht so gut da wie nie zuvor. Zuletzt hat der Landtag 925 zusätzliche Stellen für die Polizei beschlossen. Damit haben wir 2016 insgesamt 41 370 Stellen und den bislang höchsten Personalstand erreicht. Außerdem haben wir 2016 zusätzlich 65 Millionen Euro zur Verfügung, um die Ausstattung unserer Sicherheitskräfte zu optimieren."
Ohne Angst unterwegs sein können
Doch diese Investitionen in die Sicherheit lassen die Menschen dennoch zweifeln, dass sie ohne Angst am Abend oder in den Nachtstunden draußen unterwegs sein können.
Schließlich ist Angst ein Grundgefühl, das nicht so sehr durch reale Bedrohungswahrscheinlichkeiten ausgelöst wird. Das bestätigt Jürgen Köhnlein im Gespräch mit dieser Zeitung: "Man muss die Unsicherheit der Bürger ernst nehmen. Jedoch muss sich jeder mündige Bürger seine Antwort auf die aktuellen Verunsicherungen genau überlegen. Das gilt für eine eigene Bewaffnung ebenso wie für mögliche Streifengänge von selbst ernannten Bürgerwehren. Sich bewaffnet in der Öffentlichkeit zu bewegen, ist kein Garant dafür, nicht angegriffen zu werden." Und in Stresssituationen könne man Reaktionen des Gegenübers schwer einschätzen. "Da kann es schnell eskalieren", folgert der Hauptkommissar.
Rechtsanwalt Hans Scholzen, Waffenrechtsexperte und Präsident des Verbands Deutscher Sportschützen, sieht das wachsende Interesse am Kleinen Waffenschein kritisch. "Schießen darf man damit - außer im Falle der Notwehr - in der Öffentlichkeit ohnehin nicht", sagt er. Dies sei nur in Schießstätten, in der eigenen Wohnung oder in den eigenen Geschäftsräumen gestattet. Auch bei öffentlichen Veranstaltungen wie Fußballspielen oder im Theater dürfe die Waffe nicht mitgeführt werden. Das gelte auch für Silvester.
Wird jemand beim Führen solcher Waffen ohne Erlaubnis angetroffen, dann ist das eine Straftat. Es droht eine Gefängnisstrafe bis zu drei Jahren. Generell lasse sich über den Einsatz von Schreckschuss- und Reizgaswaffen zur Selbstverteidigung streiten. "Das gleiche gilt für Pfefferspray. Gegen Menschen darf es nicht eingesetzt werden", hebt Scholzen hervor.
Selbstverteidigung für Frauen
Einen ganz anderen Weg geht der Personenschützer und Kampfsport-Experte Peter Althof aus Nürnberg. Seit über 40 Jahren ist er im Geschäft, war Bodyguard von Sportlern wie Henry Maske oder anderen Persönlichkeiten aus Show und Film. In seiner Heimatstadt betreibt er ein Trainingscenter, wo er auch Selbstverteidigungskurse speziell für Frauen anbietet. "In den letzten Monaten kommen viele Frauen zu mir und buchen solche Angebote", sagt Althof. Die Nachfrage steige weiter an. Zehn Trainingseinheiten umfassen die Kurse. "Hier lerne ich den Teilnehmerinnen, wie sie sich in Gefahrensituationen richtig verhalten und wie sie sich Angreifer vom Leib halten können."
Aus dem Würgegriff befreien
Dazu gehören bestimmte Abwehrtechniken mit dem Kopf oder wie sich Opfer aus einem Würgegriff befreien können. "Solche Übungen sollen Frauen vor allem Selbstbewusstsein vermitteln. Die Techniken sind einfach und daher rasch und gut verständlich", meint der Kampfsportler weiter, der in seinen besten Zeiten auf Platz acht der Karate-Weltrangliste lag. "Es hilft vielen Frauen, wenn sie wissen, wie sie sich beispielsweise effektiv mit einem Autoschlüssel in einer dunklen Tiefgarage verteidigen können."
Polizist Köhnlein setzt dagegen eher auf bewährte Mittel: "Wir brauchen den couragierten Bürger, der ein wachsames Auge auf seine Umgebung hat und bei verdächtigen Beobachtungen sogleich die 110 wählt."
wenn das so weiter geht darf man bald auch keine lokalen Artikel mehr kommentieren.
...genau das macht mir größere Sorgen.
http://www.infranken.de/regional/kulmbach/Kommentar-zum-Waffenbesitz-Was-mir-wirklich-Angst-macht;art312,1543909
Ich verstehe nicht warum ein Wirbel um freie Waffen gemacht wird die gesetzlich erlaubt sind. In der Sylvesternacht gab es keinen mir bekannten Unfall mit einer freien Waffe.
Sonst wäre es doch in der Presse breitgetreten worden.
Ich sehe die Probleme hauptsächlich in Großstädten bei illegalen und vor allem "scharfen" Waffen.
Bitte? Ihnen ist kein Fall bekannt?
http://www.infranken.de/regional/hassberge/Fall-Janina-Wie-kam-der-Schuetze-zu-seiner-Waffe;art217,1530005
Wenn es net so traurig wäre...
also keine Scharfen Waffen für die es einen richtigen Waffenschein braucht.