In den Fluren rund um Bamberg verfaulen derzeit viele Äpfel und Birnen im Gras. Da drängt sich die Frage auf, wem Fallobst eigentlich gehört.
Äpfel, Birnen, Walnüsse - wer in diesen Tagen im Landkreis wandert oder spazieren geht, könnte sich satt essen an köstlichen Früchten, die im Gras liegen. Darf man sie aufheben und genießen? Wem gehört Fallobst eigentlich? Ist es Allgemeingut?
Anfragen der Lokalredaktion beim Bamberger Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) und beim örtlichen Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) brachten zum Vorschein, dass es keine einfache Antwort auf diese scheinbar simplen Fragen gibt. Fakt ist: Jeder Baum gehört irgendjemandem.
Kein Baum ist herrenlos
Rein theoretisch müsste man den jeweiligen Eigentümer fragen, sagt Gerhard Lederer, Jurist beim Amt für Ländliche Entwicklung.
Wollte man freilich in Erfahrung bringen, wem der Baum an einem bestimmten Weg gehört, dann stößt der ehrliche Wanderer und Obstliebhaber auf kaum zu überwindende Hindernisse.
Wurde der Baum - wie es häufig der Fall ist - beispielsweise im Zug einer Flurbereinigungsmaßnahme gepflanzt, dann könnte er einer sogenannten Teilnehmergemeinschaft gehören. Die wiederum kann sich aus einer Vielzahl von Familien zusammensetzen.
Der Baum könnte auch im Besitz der Gemeinde sein, in deren Gemarkung das Flurbereinigungsverfahren stattgefunden hat, gibt Lothar Winkler zu bedenken, der stellvertretende Leiter des Amts für Ländliche Entwicklung (früher Flurbereinigungsamt).
Nach seinen Angaben wird am Ende eines Verfahrens in einem mehrseitigen Dokument festgehalten, wer die neu gepflanzten Obstbäume nutzen darf. Häufig würden sie für die "allgemeine Nutzung" frei gegeben.
Das bedeute aber nicht, dass jeder, der vorbeikommt, sich bedienen könne, sondern dass das Obst von allen Mitgliedern der Teilnehmergemeinschaft geerntet und aufgelesen werden darf.
Mancher Baum am Wegesrand steht laut Winkler auch nur scheinbar auf öffentlichem Grund, gehört tatsächlich aber einer Privatperson.
Unabhängig von der Eigentumsfrage: Wenn ein Wanderer sich nach einem Apfel bückt, wird laut Jurist Lederer wohl niemand etwas sagen. Würde einer aber mit dem Auto kommen und kistenweise Fallobst einsammeln, von dem er annimmt, dass es sonst unbeachtet verfaulen würde, sähe die Lage seiner Meinung nach anders aus: "Ich kann nicht sagen, nehmen Sie's mit. Da müsste man im Zweifel die Gemeinde fragen."
Theorie und Praxis
Die Rechtslage ist die eine Seite, die Realität die andere.
Tatsache ist, dass überall in diesen Wochen massenweise Obst auf dem Boden verfault, weil es niemand einsammelt und verwertet. Auch nicht der oder die rechtmäßigen Besitzer.
Das ist eine Beobachtung, die Andreas Knorr, der Leiter des Bamberger Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, seit Jahren macht: In anderen Gegenden, sagt er, sei es ja "noch schlimmer". Dabei handelt es sich oft um äußerst schmackhafte Sorten, die es in keinem Supermarkt gibt. Den Amtsleiter tröstet es ein wenig, dass sich wenigstens das Wild an den Früchten gütlich tut.
Früher war Fallobst noch bei den Menschen begehrt. Im Krieg und in der schlechten Zeit nach 1945 sei die sogenannte Grasnutzung, also die Verwertung dessen, was unter den Bäumen gelandet ist, extra in die Flurbereinigungspläne geschrieben worden, sagt der ALE-Jurist.
Fallobst sei damals sogar "ein richtiger Streitpunkt" gewesen. In seiner eigenen beruflichen Praxis - Lederer arbeitet nach eigenen Angaben seit gut 30 Jahren bei der Behörde - sei die Frage, wem Fallobst eigentlich gehört, aber nie (mehr) aufgetaucht.
Kommt denn so ein Fallobstbaumbesitzer auch für einen Unfall auf, der durch den Matsch der auf der Straße liegenden Früchte verursacht wurde ?
Warum machen es denn die Besitzer dieser "vogelfreien" Bäume nicht wie unsere Nachbarin, einer fleißigen Gärtnerin. Wenn diese zu viele Tomaten, Kürbisse, Gurken, Äpfel, Birnen usw. geerntet hat, die sie selbst gar nicht alle verwerten kann, dann stellt sie einen großen Korb mit den Früchten in ihre Hofeinfahrt und hängt ein Schild daneben mit der Aufschrift:"Bitte bedienen Sie sich gratis!"
Man glaubt kaum, wie schnell der Korb geleert wird.
So ein Schild ist doch schnell geschrieben, liebe Baumbesitzer!!
Stellt halt an jedem Baum ein Schild auf, wem er gehört.