Ärger um Corona-Fall in Bamberg: "Wie in einem schlechten Film"

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Symbolfoto: Sebastian Kahnert, dpa
Symbolfoto: Sebastian Kahnert, dpa

Ein Oberfranke wendet sich an die Gesundheitsbehörden, weil er befürchtet, sich mit dem Virus angesteckt zu haben. Was dann folgt, macht den 45-Jährigen fast sprachlos. Eine Quarantäne-Posse in mehreren Akten.

Martin Schmitt (Name von der Redaktion geändert) aus Hirschaid (Landkreis Bamberg) ist sauer. Seit sich der 45-Jährige am vergangenen Mittwoch an seinen Hausarzt wegen des Verdachts auf Infektion mit dem Coronavirus gewandt hat, haben er und sein Umfeld ihre Häuser nicht mehr verlassen. Inzwischen wurde er getestet, doch was dabei herauskam, sagte ihm bis gestern niemand. "Die Behörden haben gar nichts im Griff", schimpft Schmitt. Was bisher geschah:

1. Akt - Pech muss man haben

Es war ein ganz gewöhnlicher Allergietest, der Martin Schmitt am 24. Februar an die Hautklinik nach Erlangen geführt hat. Eine gefühlte Ewigkeit hatte er auf diesen Termin warten müssen. Nie zuvor war er dort gewesen. Das Problem: Wie wenige Tage später bekannt wurde, wurde ein dortiger Oberarzt positiv auf das Virus getestet. Es war der erste Fall in Franken. Der Mediziner hatte sich auf einem Kongress bei einem Kollegen aus Italien angesteckt.

2. Akt - Verunsicherung

Schmitt liest die Corona-Meldung aus Erlangen. Als er vergangene Woche deutliche Grippesymptome spürt, wird er unsicher. Er hält sich an die Anweisung für Patienten der Hautklinik: "Besucher und Patienten, die seit vergangenem Montag, 24.02.2020, in der Hautklinik waren und grippeähnliche Symptome verspüren, werden gebeten, sich zunächst telefonisch bei ihrem Hausarzt oder dem kassenärztlichen Bereitschaftsdienst zur diagnostischen Abklärung zu melden." Am Mittwochfrüh ruft er um 8 Uhr bei seinem Hausarzt an. Dort wird er an den ärztlichen Bereitschaftsdienst verwiesen. Er wählt als Nächstes die Telefonnummer 116117, den ärztlichen Bereitschaftsdienst. Dort hört er zunächst lange Ansagetexte. Später bekommt er von einem Mitarbeiter mitgeteilt, er solle seine Kontaktpersonen informieren. Diese müssten ebenso zu Hause bleiben wie er. Er bekomme einen Rückruf wegen Terminabsprache für einen Abstrich zur Abklärung des Falls.

3. Akt - "Lesen Sie nicht so viel Zeitung"

Gegen Mittag am vergangenen Mittwoch meldet sich laut Schmitt das Gesundheitsamt bei ihm. Eine Dame teilt ihm mit, er solle seine Beschwerden nicht so hoch hängen. Das sei sicher nur ein normales Grippevirus. "Lesen Sie nicht so viel Zeitung", rät ihm die Anruferin. Einen Abstrich lehnt sie ab. Wenn er darauf bestehe, müsse er sich selbst darum kümmern und die Kosten selbst tragen.

4. Akt - Plötzlich doch alles anders Gegen 20 Uhr meldet sich plötzlich die Gesundheitsbehörde erneut bei ihm. Man werde ihn auf jeden Fall testen, und Kontaktpersonen sollen bis zum Ergebnis zu Hause bleiben. In den nächsten Stunden würde sich jemand wegen des Abstrichs melden. Doch das Telefon bleibt stumm. Schmitt probiert es unter der 116117: kein Durchkommen. "Irgendwann bin ich vor Müdigkeit auf dem Sofa eingeschlafen", berichtet Schmitt.

5. Akt - Kontaktpersonen warten Donnerstagvormittag hat immer noch kein Abstrich stattgefunden. Schmitt versucht erneut, telefonisch einen Ansprechpartner zu erreichen. Bandansage ... Dann fliegt er aus der Leitung. Inzwischen melden sich viele seiner Kontaktpersonen: Familie, Arbeitskollegen, Vereinskollegen, Freunde. Sie wollen wissen, wie es weitergeht, wie lange sie noch zu Hause bleiben sollen. "Ein Spießrutenlauf", sagt Schmitt. "Und dabei bin ich lediglich den Anweisungen für einen Verdachtsfall gefolgt, um eine weitere Verbreitung des Virus zu verhindern." Alle warten auf ein Ergebnis. Ein Ergebnis, für das noch nicht einmal ein Abstrich gemacht wurde. 6. Akt - Ein Arzt kommt Am Donnerstag gegen 15 Uhr kommt dann endlich ein Anruf der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB). Ein Arzt komme in einer Stunde vorbei. Der Arzt kommt tatsächlich, "mit Chauffeur und schwer vermummt", erzählt Schmitt. Den Abstrich macht dieser draußen, in Schmitts Carport. Das ganze dauert nur zwei Minuten. Wie lange Schmitt auf das Ergebnis warten müsse, könne er nicht einschätzen, sagt der Arzt. Er lässt ihm aber laut Aussage des 45-Jährigen seine Schutzkleidung im Müllsack verpackt da. "Sollten Sie infiziert sein, dann bekommen Sie Anweisung, wie Sie das entsorgen müssen", sagt der Arzt nur und verschwindet. 7. Akt - Warten Am Freitag wartet Schmitt auf eine Rückmeldung. Vergeblich. Da er alle Personen, mit denen er in Kontakt war, darüber informieren soll, dass sie bis zum Ergebnis des Abstrichs zu Hause bleiben sollen, melden sich Schmitt und seine Frau bei ihren jeweiligen Arbeitgebern. "Ob da viel passiert ist, kann ich nicht beurteilen", sagt er. Auch am Samstag tut sich nichts. Kein Anruf, kein Ergebnis. "Ich zähle keine Stunden mehr. Es ist der vierte Tag nach meiner Meldung", beschreibt Schmitt seine Gefühle. Auch am Sonntag und noch am Montagabend wartet Schmitt vergeblich. Kein Ergebnis des Tests, kein Anruf von den Behörden, keine Nachfrage zu seinem Gesundheitszustand oder dem seiner Familie. Auch unter 116117 ist wieder nur eine Bandansage erreichbar. "Du bekommst irgendwann einen Hauskoller." In den Medien verfolgt er unterdessen, dass am Freitag in Bamberg Skikurs-Schülerinnen getestet werden. Sie haben am Sonntag schon ihr Ergebnis und dürfen die Quarantäne verlassen.

8. Akt - Quarantäne oder nicht? Beim Fachbereich Gesundheitswesen im Landratsamt Bamberg kennt man Schmitts Fall laut Pressesprecher Frank Förtsch gar nicht. "Wir haben aktuell nur einen Corona-Verdachtsfall: eine Frau, die am Mittwoch aus der Quarantäne entlassen wird", berichtet er. "Wir wissen nicht, wer getestet wurde, sondern erfahren nur die positiv getesteten Fälle." Förtsch geht davon aus, dass der Arzt, der Schmitt testete, "nur eine Empfehlung" ausgesprochen hat. "Das ist noch keine häusliche Quarantäne."