Chefarzt-Prozess: Rederecht des Angeklagten ist unbeschränkt

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Blick in den Eingang des Bamberger Justizgebäudes, in dem seit 7. April gegen den früheren Chefarzt Heinz W. wegen Vergewaltigung und anderen Straftaten verhandelt wird. Foto: Matthias Hoch
Blick in den Eingang des Bamberger Justizgebäudes, in dem seit 7. April gegen den früheren Chefarzt Heinz W. wegen Vergewaltigung und anderen Straftaten verhandelt wird. Foto: Matthias Hoch

Wenn es nach manchen Zuhörern im Gerichtssaal und Lesern der Prozessberichte ginge, dann hätte der Angeklagte im Bamberger Chefarzt-Prozess schon viel zu lange geredet. Doch das Rederecht Beschuldigter ist unbeschränkt.

Nach sieben Verhandlungstagen ist noch nicht absehbar, wann im Prozess gegen den ehemaligen Chefarzt Heinz W. die Beweisaufnahme beginnt und die ersten Zeugen zu Wort kommen. Darf ein Angeklagter sich so umfangreich äußern? Muss das Gericht ihm dieses Forum bieten? Das fragen sich inzwischen einige Zuschauer und Leser.

Die Antwort lautet: Ja, er darf. Jeder Angeklagte hat nach dem Gesetz das Recht, zu Beginn eines Verfahrens umfangreich Stellung zu nehmen.

"Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen", heißt es in Paragraf 136 der deutschen Strafprozessordnung. Sie regelt unter anderem den Gang einer Hauptverhandlung.


Gesetz setzt keine Fristen


Das Gesetz kennt laut Leander Brößler, Pressesprecher des Oberlandesgerichts Bamberg, in Verbindung mit dem Rederecht von Angeklagten keine Vorgaben "wie etwa drei Tage". Es hänge vom Umfang und der Art des Anklagevorwurfs ab. Je komplexer dieser ist, desto mehr Zeit benötige ein Angeklagter möglicherweise, so Brößler.

Auch wenn das umfassende Rederecht andere Prozessbeteiligte auf eine Geduldsprobe stellen mag und für mutmaßliche Opfer eine zusätzliche Qual bedeuten kann: Es leite sich aus dem Verfassungsanspruch auf rechtliches Gehör ab und dürfe nicht beschnitten werden. Das betonte im Interview auch Rechtsanwalt Martin Reymann-Brauer.

Er vertritt im Prozess gegen Heinz W. sechs der mutmaßlichen zwölf Opfer als Nebenklägerinnen. Selbst die Gefühlslage der Geschädigten könne im Hinblick auf das Rederecht kein Maßstab sein, sagte Reymann-Brauer. Der Angeklagte müsse alles zu seiner Verteidigung vorbringen können, was er für richtig hält.