An Verhandlungstag Nummer 13 sagten insgesamt sechs Zeugen aus dem medizinischen Umfeld von Heinz W. aus. Es ging um den Ablauf von Untersuchungen und Medikamenten-Beschaffung. Unter anderem wurde deutlich: Die Unterhose bleibt bei Untersuchungen an.
Ja, Doktor W. sei durchaus ein progressiver Typ, der sehr aufgeschlossen für Neuerungen ist. Ein Satz, den der ehemalige Stellvertreter des Angeklagten Heinz W. am Dienstag vor Gericht sagte. Vorausgegangen war eine ausführliche Befragung durch die Zweite Strafkammer des Bamberger Landgerichtes und medizinische Sachverständige.
Wie laufen Untersuchungen in der Abteilung Gefäßchirurgie der Sozialstiftung Bamberg ab? Hat der ehemalige Kollege des angeklagten Ex-Chefarztes etwas von möglichen neuen Behandlungsmethoden mitbekommen, auf die sich Heinz W. zu seiner Verteidigung immer wieder beruft?
Der 49-jährige Mediziner steht seit April wegen Vergewaltigung und Körperverletzung in mehreren Fällen vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem vor, 13 junge Patientinnen im Alter zwischen 17 und 28 Jahren betäubt und in deren Intimbereich sexuelle Handlungen durchgeführt zu haben. Teilweise soll er Fotos und Videos davon gemacht haben.
Rein medizinisch motiviert? Der Angeklagte selbst beharrt stets darauf, aus rein medizinischem Antrieb - wie etwa der Dokumentation von Krankheitsverläufen - gehandelt zur haben. Jegliche sexuelle Motivation streitet er ab.
Eben in solche Dokumentationen und weitere Arbeitsabläufe in der Gefäßchirurgie gab W.s ehemaliger Stellvertreter Einsicht, der heute in anderer Position am Klinikum arbeitet. So würden Patienten mit Verdacht auf Beckenvenenthrombosen bei der Ultraschalluntersuchung normalerweise ihre Unterhose anbehalten. Auch sei es üblich, dass Untersuchungen nach den normalen Sprechzeiten vorgenommen würden. Vom Einsatz einer Vaginalsonde wusste W.s Kollege nichts, ebenso habe der ehemalige Stellvertreter des Chefarztes niemals ein Kontrastmittel gespritzt, da man ein solches in Routineverfahren in der Gefäßchirurgie nicht brauche. Auch von der Verwendung von Butt Plugs ("Anal-Stöpseln") habe er noch nie gehört.
Die Anklage wirft Heinz W. jedoch vor: Er soll seinen Patientinnen erklärt haben, er verabreiche ihnen ein Kontrastmittel, um den Ultraschall besser sichtbar zu machen. Stattdessen soll er den Frauen das Hypnotikum Midazolam verabreicht haben, um sich an ihnen vergehen zu können.
Ebenfalls bessere Untersuchungsergebnisse versprach sich der Angeklagte laut eigener Aussage vom Einsatz von Anal-Stöpseln, die als Widerlager für die Ultraschallsonde dienen sollten. Eine neue Methode, die vielleicht in einer Studie über Beckenvenenthrombosen ihren Niederschlag finden könnte? Der Zeuge kann sich nicht erinnern, dass sein ehemaliger Chef so etwas erwähnt hat.
Der aktuelle Leitende Oberarzt der Gefäßchirurgie sagte allerdings aus: "Er hat mal beiläufig erwähnt, dass so etwas in Planung ist. Es sollte wohl untersucht werden, ob bei schlanken, jungen Patientinnen die Thrombosegefahr höher ist." Auch eine Arzthelferin in der Ambulanz der Gefäßchirurgie will vom Hörensagen etwas von einer Studie mitbekommen haben - eine Medizinische Fachangestellte aus der gleichen Abteilung wusste davon wiederum nichts.
Sie erinnert sich dagegen, dass sich eine ihrer Kolleginnen nach einer Untersuchung durch W. am Vorabend etwas "komisch" gefühlt habe. "Wir dachten, vielleicht hat sie das Kontrastmittel nicht richtig vertragen." Der damalige Chefarzt Heinz W. hätte erwähnt, dass er ein solches Mittel spritzen würde, um den Ultraschall besser sichtbar zu machen, nachdem sich die Mitarbeiterin für die Untersuchung bereiterklärt hatte.
Midazolam statt Kontrastmittel? Hat er ihr stattdessen Midazolam verabreicht, wie es die Anklage vermutet? In jedem Fall befindet sich dieses in einem Notfall-Wagen auf Station, wie eine weitere Zeugin aussagte. Wie genau die unterschiedlichen Bereiche des Klinikums an ihre Medikamente kommen, erläuterte der Leiter der Klinik-Apotheke.
Anhand digitaler Dokumentation - oder bei Sonderanforderungen auf Papier - lasse sich genau nachvollziehen, an welche Abteilung wie viel Midazolam gegangen sei. Allerdings: Bei Engpässen am Wochenende leiht sich gelegentlich eine Station ein Medikament von einer anderen. Dieser Austausch werde nicht dokumentiert, mit Ausnahme von Betäubungsmitteln, merkte der Apotheker an.
Nach W.s Klinik-Kollegen werden am nächsten Verhandlungstag am 20. Juli ab 9 Uhr weitere Zeugen gehört. Unter anderem wird ein Polizist aussagen, der mutmaßliche Opfer vernommen hat.
Der Prozess indes zieht sich weiter und weiter. Termine sind mittlerweile bis Januar 2016 angesetzt.
"Bei Engpässen am Wochenende leiht sich gelegentlich eine Station ein Medikament von einer anderen. Dieser Austausch werde nicht dokumentiert, mit Ausnahme von Betäubungsmitteln, merkte der Apotheker an"
Ja und weiter? Es steht dann doch wohl fest, welcher Bereich welches Medikament hat, über den Verbrauch läßt sich klar ermitteln, wie viel wo gebraucht wurde und den Bestand der Abteilungen kennt man auch. Tritt eine Differenz auf, dann stimmt was nicht und die läßt sich zum "Tatort" hin nachvollziehen und das Betäubungsmittel Midazolan hätte laut Apotheker aufgeschrieben werden müssen.
Man darf gespannt sein, wie das ausgeht