Der letzte von Gericht und Staatsanwaltschaft beauftragte Sachverständige hat sein Gutachten erstattet.
Am 59. Verhandlungstag kam der letzte der vom Gericht und der Staatsanwaltschaft beauftragten Sachverständigen im sogenannten Bamberger Chefarzt-Prozess zu Wort, der Chirurgie-Professor Arnulf Thiede. Auch sein Gutachten wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgetragen.
Das Gericht trug damit dem Persönlichkeitsschutz der mutmaßlichen Opfer Rechnung: Thiede referierte anhand von intimen Fotos aus den Prozessakten.
Die Bilder belegen aus Sicht der Staatsanwaltschaft die Täterschaft von Heinz W. Der inzwischen 50-Jährige leitete bis Sommer 2014 die Gefäßklinik am Bamberger Klinikum und soll über einen längeren Zeitraum hinweg zwölf Patientinnen und Mitarbeiterinnen sexuell missbraucht haben, indem er sie unter einem Vorwand intim untersuchte und fotografierte. Vorher soll er die Frauen durch die Gabe des Medikaments Midazolam widerstandsunfähig gemacht haben.
Glaubt man W.
und seinen drei Verteidigern, waren die Aufnahmen medizinisch und nicht sexuell motiviert. Sie sollen der Suche nach neuen Behandlungsmethoden bei Beckenvenenthrombosen gedient haben, dem Spezialgebiet von W.
Der Angeklagte und seine Anwälte sprachen Thiede (73) am Dienstag einmal mehr die Kompetenz ab, das erkennen zu können. Rechtsanwalt Klaus Bernsmann sagte wörtlich, der Sachverständige würde "eine überkommene Auffassung von Wissenschaft" vertreten.
Seinen Antrag, den Gutachter zu entbinden, lehnte die Zweite Strafkammer ab - wie alle früheren Befangenheitsanträge gegen den Chirurgen. Von Thiedes Vortrag sei sehr wohl ein "Erkenntnisgewinn" zu erwarten, betonte Vorsitzender Richter Manfred Schmidt.
Ihre Kritik an Thiede hatte die Verteidigung am Dienstag nicht zuletzt daran festgemacht, dass dieser auf einem Foto, das mit Fingern gespreizte Schamlippen zeigt, die Hand einer Patientin mit der von W. verwechselt haben soll. Er kenne weder die Hände der Frau noch die von W., nahm Thiede zum Vorwurf Stellung.
Für den 60. Verhandlungstag am Mittwoch kündigte der Kammervorsitzende eine kurze Sitzung an. Beginn ist um 9 Uhr.