Bürgermeister von Lisberg: "Alter spielt für mich keine Rolle"

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Das Bürgermeisterzimmer im Schloss Trabelsdorf muss Michael Bergrab noch einrichten. Den Schreibtisch hat er schon. Foto: Sebastian Martin
Das Bürgermeisterzimmer im Schloss Trabelsdorf muss Michael Bergrab noch einrichten. Den Schreibtisch hat er schon. Foto: Sebastian Martin

Michael Bergrab war die Überraschung der Kommunalwahlen im Landkreis Bamberg im März 2014. Jünger als der Lisberger kann kaum ein Bürgermeister sein. Reporter Sebastian Martin hat den 22-Jährigen zum Interview getroffen.

Er ist erst 22 Jahre alt und studiert noch an der Universität in Erfurt. Dass Michael Bergrab in so jungen Jahren bereits Bürgermeister ist, hat ihm auch außerhalb des Landkreises Bamberg zu einiger Berühmtheit verholfen. Nun will er beweisen, dass ein junger Mensch das Amt gut führen kann.

Bürgermeister und Vater sind Sie geworden, ein bewegtes Jahr für Sie...
Michael Bergrab: Sehr bewegt, ja. Wenn man es mir vor ein bis zwei Jahren gesagt hätte, hätte ich das nicht glauben können.

Dass Sie Vater werden oder Bürgermeister?
Dass beides in einem Jahr kommt, dass sich 2014 so viel ändert im Leben.

Dass Sie Vater geworden sind, passt ganz gut.
Sie haben vor Ihrer Wahl gesagt, dass Sie die Gemeinde attraktiver machen wollen für junge Familien - was kann man denn tun?

Was nötig ist, sind die elementaren Sachen wie Schulen und Kinderkrippe, die ja jetzt eingeweiht wurde. Ansonsten muss man eine lebenswerte Atmosphäre auf dem Land schaffen. Wo man die Pendelstrecken zu den Ärzten hat, zum Einkaufen. Man muss Gründe finden, warum man hier leben will. Da kann man Anregungen mit Spielplätzen schaffen, aber auch mit dem Ausbau des Internets.

Geht es auch darum, den Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, wieder hierher zurückzukommen. Ist das auch Ihr Thema? Sie persönlich hat es schließlich auch hierher gezogen...
Ja! Für mich ist interessant, wieso zieht es jemanden zurück, der woanders studiert oder eine Ausbildung macht. Da muss man Argumente finden, warum jemand zurückkommen will. Da geht es auch um Arbeitsplätze.

In einer kleinen Gemeinde ist das schwer.
Sicher, mit 1800 Einwohnern sind wir klein. Aber die Nähe zu Bamberg ist schon von Vorteil. Man muss versuchen, das Feuer für die Gemeinde aufrecht zu erhalten.

Was kann man da tun?
Zum Beispiel, indem man den Pendelverkehr unterstützt. Man könnte den öffentlichen Nahverkehr mit einem Carsharing-Modell in der Zukunft ergänzen. Das ist bei zunehmend flexibleren Arbeitszeiten immer nötiger und stärkt das Miteinander.

Wo hat das Land Vorteile gegenüber der Stadt für junge Familien?
Ganz klar beim Wohnen. Hier findet man entsprechende Bauplätze zu angemessenen Preisen. Und die ländliche Ruhe.

Abends Weggehen ist bei jungen Leuten auch wichtig, da sieht es schlecht aus, oder?
Naja, wir haben gerade Kirchweih...

Aber ist das nicht eher was für traditionellere Menschen?
Nein, man muss ja nicht konservativ sein, um auf dem Land zu leben.

Wie setzen Sie sich eigentlich im Gemeinderat durch? Unter anderem wurde Ihnen ja wegen Ihres Alters nur der Mindestverdienst als Bürgermeister zugestanden: Begründung war, dass Sie Student und noch so jung sind. Ist das nicht ungerecht?
Eine gewisse Altersdiskriminierung liegt ab und zu schon vor. Das muss man schon sagen. Oft werden alte Leute diskriminiert. Aber es gibt auch Vorurteile gegen junge Leute, wenn sie Verantwortung übernehmen. Das ist natürlich auch bei mir im Speziellen der Fall. Ein paar Leute kann man überzeugen, wenn man Taten folgen lässt. Das ist im Gemeinderat passiert. Da hat man anerkannt, dass ich doch was drauf habe. Das ist inzwischen glatt gebügelt. Aber ab und zu kriegt man in der Bevölkerung schon noch zu hören, dass man doch viel zu jung ist und zu wenig Erfahrung hat. Das ist schon teilweise verletzend.

Es erfordert schon Mut, sich durchzusetzen, wenn das Alter fehlt.
Klar, das braucht Mut. Alter ist für mich aber keine Legitimierung - es spielt keine Rolle. Ich kann mit 60 noch fitter sein und progressivere Ideen haben als mit 30.

Was mussten Sie lernen?
Als junger Mensch will man die Welt schon morgen umkrempeln, da musste ich schon lernen, dass man Geduld braucht.

Sie haben neben der Jugend auch die Senioren als Thema genannt. Was kann für die Altersgruppe getan werden? Wie schaut es mit Barrierefreiheit aus?
Da sind wir gerade am Überlegen, was man hier im schönen Trabelsdorfer Schloss machen kann. Die Treppe ist schon ein Hindernis. Aber grundsätzlich geht es darum, zu definieren, was alt heißt. Heute gibt es zum einen viele aktive Rentner. Für die weniger rüstigen müssen wir schauen, dass wir weiterhin auch die Apotheke und den Arzt im Ort halten können.

Was wäre noch eine Möglichkeit?
Fahrdienste sind sicher ein Thema - wie in der Nachbargemeinde Priesendorf. Die Nachbarschaftshilfe funktioniert auf dem Land sehr gut. Man muss aber auch überlegen, was man tun kann, wenn die geburtenstarken Jahrgänge ins höhere Alter kommen. Der Gemeinderat überlegt aktuell, den Schlosspark umzugestalten und einen Generationenspielplatz zu schaffen.

Für die jüngere Generation sind Sie in gewisser Weise schon ein Vorbild.
Ja, ich hoffe schon, dass sich die Jüngeren auch wieder mehr für Politik und das Gemeinwohl interessieren.

Merken Sie eigentlich was vom Erwartungsdruck?
Nein, noch nicht. Aber man muss schon sagen, dass es viele Leute gibt, die sagen: Wir hoffen, dass sich jetzt etwas verändert.

Studium, Familie und Bürgermeisteramt - geht das?
Ja, ich schreibe gerade meine Abschlussarbeit. Das kann ich eigenständig von zu Hause aus.

Um was geht es eigentlich?
Bayes'sche Statistik - ein spannendes Feld!

Und danach machen Sie ihren Master an der Uni Bamberg?
Ja, ab Sommersemester 2015. Das sollte noch in meiner Amtszeit als Bürgermeister abgeschlossen sein.

Und dann: Gibt es eine weitere Amtszeit?
Mal schauen, ob es die Lisberger und Trabelsdorfer mit mir dann noch aushalten... (lacht).


Das Gespräch führte Sebastian Martin