Bisher waren am Semmelberg in Sassanfahrt maximal zweigeschossige Zweifamilienhäuser erlaubt. Ein Sechsfamilienhaus bringt Bewohner auf die Barrikaden.
Nachverdichtung hat sich im Zuge der modernen Stadtentwicklung zum Zauberwort entwickelt: Nicht die Landschaft zersiedeln, sondern die Flächenkapazitäten in den schon bebauten Ortslagen optimal nutzen, lautet die Devise. Dass man es dabei auch übertreiben und sehr viel Unmut auslösen kann, erfährt derzeit der Marktgemeinderat
Hirschaid: An die 80 Ortsbewohner haben schriftlich und teils mit anwaltlicher Hilfe ihren Protest gegen einen vom Bauausschuss bereits durchgewinkten Bauantrag zur Errichtung eines Sechsfamilienhauses im Baugebiet "Oberer Semmelberg" im Ortsteil Sassanfahrt und ihre Ablehnung des laufenden Verfahrens zur Änderung des Bebauungsplanes eingereicht.
Unübersehbar war die Ablehnung des Projekts, als die Marktgemeinderäte zu ihrer jüngsten Sitzung das Rathaus betraten.
Das Kind fiel in den Brunnen, als Erich Paptistella, privater Bauherr und Eigentümer weiterer Grundstücke in dem Baugebiet, eine Bauvoranfrage einreichte und der Bauausschuss des Marktgemeinderates mit 11:0 das gemeindliche Einvernehmen in Aussicht stellte. Paptistella will auf zwei nebeneinander liegenden Flächen ein dreigeschossiges Sechsfamilienhaus errichten. Laut Bebauungsplan war - wie im übrigen Baugebiet - auf jedem Grundstück ein maximal zweigeschossiges Zweifamilienhaus zulässig. Dem positiven Signal folgte bald ein Bauantrag, den der Bauausschuss allerdings nur noch mit 10:2 Stimmen akzeptierte. Die Baubehörde am Landratsamt spielte dann allerdings nicht mit.
Deutliche Worte
Die von Hirschaid gebilligte Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes ging dem Bauamt zu weit; es forderte die entsprechende Änderung des Bebauungsplanes. Das gab den übrigen Sassanfahrtern und natürlich den Bewohnern der Umgebung Gelegenheit, Stellung zu nehmen. Da fielen deutliche Worte, eine Sammelklage wurde angedroht.
Von "Gefälligkeitsentscheidung" des Gemeinderats war die Rede, der Angst vor Repressalien seitens der Gemeinde, "Widerstand gegen Mietkasernen" wurde angekündigt usw. Im Übrigen kursieren Planskizzen, wonach der Antragsteller angeblich weitere Umwandlungen seiner Baurechte beabsichtige. Dem trat Stefan Paptistella, Sohn des Bauherrn und Marktgemeinderat, entgegen. Derlei Informationen seien falsch.
Bürgermeister Klaus Homann (CSU) betonte in der Sitzung, dass es sich die Gemeinde nicht leicht gemacht habe.
Er verstehe die Ängste der Anlieger des Semmelbergs, dass dort noch mehr solcher Mehrfamilienhäuser entstehen können. Mittlerweile liege aber eine Absichtserklärung des Bauausschusses vor, dass keine derartige Änderung des Bebauungsplanes mehr akzeptiert werden würde. Im aktuellen Fall allerdings müsse die Marktgemeinde den nächsten Schritt gehen, weil sie dem Antragsteller ursprünglich Zustimmung zu seinem Bauvorhaben in Aussicht gestellt habe. Dem seien inzwischen Kosten entstanden, für die der Markt Hirschaid in Haftung genommen werden könne. Ansonsten: Allenthalben Kopfschütteln im Marktgemeinderat, dass man sich nach so vielen schlechten Erfahrungen mit der Zulassung von Änderungen der Bebauungspläne schon wieder einen Präzedenzfall eingehandelt hat.
Die Frage von Kurt Barthelmes (WG Regnitzau), ob bei der Bauvoranfrage und beim Bauantrag für das Sechsfamilienhaus alle erforderlichen Nachbarunterschriften vorhanden waren, soll nun noch geklärt werden. Überdies verschaffte sich der Marktgemeinderat einen Zeitgewinn durch eine vom CSU-Sprecher Heinrich Dorn angeregte Korrektur der Festsetzungen des Bebauungsplanes. Er muss somit erneut öffentlich aufgelegt werden. So bietet sich eventuell auch Gelegenheit, auf Empfehlung von SPD-Rat Josef Haas, unter den Betroffenen wieder Vertrauen in die Arbeit von Verwaltung und Gemeinderat zu gewinnen.
Das dürfte schwer genug werden, denn das Festhalten der Marktgemeinde an der Änderung des Bebauungsplanes wird unter anderem mit dem Gebot zum sparsamen und schonenden Umgang mit Grund und Boden begründet.
Ferner bezieht sich die Gemeinde auf Landes- und Regionalplan sowie auf das eigene "Innovative, integrierte Entwicklungskonzept". Danach sei die Änderung "ein Baustein" auf dem Weg zur Innenentwicklung und Nachverdichtung. Ob das bedeutet, dass mithilfe von Bebauungsplanänderungen noch mehr Nachverdichtung - auch gegen den Widerstand der Bevölkerung - durchgedrückt werden kann, bleibt offen.
Man kann doch die Gefälligkeiten, die zur Entscheidung für die Genehmigung beigtragen haben zurückgeben. Anschliessend lässt man Ruhe einkehren. Oder ist dies zu einfach gedacht?