Aber in Zeiten, in denen Schulen auseinanderfallen, das Sound'n'Arts sowie das House of Music geschlossen werden müssen und Rock'n'Roll-Musiker bald als die neuen Trümmerfrauen gelten, sei es nur noch eine Frage der Zeit, bis das Stadtmarketing mit "Bamberg bröckelt" die nächste Großveranstaltung aufziehe.
So viele Statisten im Wahlkampf
Vielleicht sei die Party eh bald vorbei, wenn in 30 Jahren der Klimawandel die Stadt bis zur Unkenntlichkeit verändert hat und "marodierende Segway-Gangs durch die Straßen ziehen".
Bevor die Rühlmannsche "Bambokalypse" voll zum Tragen kommt, müssen sich noch zehn Politiker um den eisernen Thron der Stadt Bamberg prügeln dürfen. Mit 500 Kandidieren für den Stadtrat und 56 000 Wahlberechtigten gebe es mehr Statisten als beim Filmklassiker "Spartacus". Spannungspotential: Eher so mittel. "Es herrscht ja doch viel Einigkeit", stellt der Mönch fest. Tourismusabgabe: Sind eigentlich alle dafür. Wohnungsnot: "Kommt halt darauf an ob der Markt das regelt, oder ob ich Immobilien besitze", hält Rühlmann fest.
Personell gab's eigentlich wenig Überraschungen: Dass die "Anonymen für Diskretion" lieber ihre Namen geheim halten wollen, sei ja durchaus verständlich. Aber sollen die Abgeordneten sich im Stadtrat dann schwarze Balken vors Gesicht halten oder dieses lieber gleich unter spitzen weißen Kapuzen verbergen? "Aber es ist schon gut und richtig, wenn sich die Mitglieder der AfD für ihre Partei schämen", ätzt Bruder Ignazius.
Kronprinz in den Startlöchern?
Das Gegenteil sei bei der SPD der Fall: Aus jedem Winkel schaue einem dieses Gesicht entgegen. Runde 3 von Andreas Starke sei erwartbar gewesen. Wobei: "Ich hätte mir schon vorstellen können, dass ein SPD-Kronprinz in den vom Stadtmarketing geschmierten Startlöchern sitzt."
"Ach, Herr Lange!" ruft der Mönch aus und schlägt die Hände über den Kopf zusammen. Bruder Ignazius bescheinigt dem Kirchenhistoriker einen zahmen, zaghaften Wahlkampf. Bei einer Partei, die sich unteranderem mit Flugtaxis beschäftige, sei aber etwas Demut angebracht. Mit dem falsch zugeordneten "I have a dream"-Zitat und dem dazugehörigen Slogan "träum.weiter" sei ihm vor einem Jahr aber dennoch ein "scheuerhafter Start" gelungen.
Bei der Konkurrenz ist die Außenwirkung wenig besser: Jonas Glüsenkamp musste extra mit einem Kind aufs Plakat, um zu zeigen: "Schaut her ich bin keine 13. Ich habe mich schon fortgepflanzt." Die Grünen selbst hätten immerhin verstanden wie Lokalpatriotismus gehe und sich konsequent in Grünes Bamberg umbenannt, um zu zeigen, dass es auch wirklich nicht um Schweinfurt oder Waischenfeld gehe. "Das hat die Europapartei Volt nicht verstanden, da steht überall was von Wien oder Barcelona." Das können man den Bambergern nicht verkaufen, dass es irgendwo anders besser laufe als in der Weltkulturerbestadt. Da ist die Satire-Partei "Die Partei" mit Bierpreisbremse und einem Seidla für unter zwei Euro einfach näher an der Volksseele.
"Die Katzenberger der Bamberger Politik"
Die Freie-Wähler-Frontfrau Claudia John habe zu viel Pipi Langstrumpf gelesen, wenn sie sich mit mangelnder Erfahrung im Stadtrat profilieren wolle, während Ursula Redler (Bamberger Allianz) immerhin aufdeckt, wenn der OB versteckt auf der Stadt-Homepage für sich wirbt. Daniela Reinfelder von Bambergs unabhängigen Bürgern mutiere dank Hut und Outfit zur "Daniela Katzenberger der Bamberger Politik".
Und der Möchtegern-Kandidat der Bamberger Linken Liste, Stephan Kettner, hätte wie der Bamberger DSDS-Kandidat am Ende ja eh keine Chance gehabt. Dass aber seine Mitgliedschaft in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes ihm zum Verhängnis wurde, macht Bruder Ignazius wütend: "Wie können Sie das zulassen?" ruft er erzürnt an die Adresse der Politiker.
Nach gut anderthalb Stunden endet nicht nur die Predigt mit dem Friedensgruß, welcher Dank Corona-Virus per Anstoßen klappen muss. Denn im nächsten Jahr darf jemand andres ran: Arnd Rühlmann hängt die Kutte fürs Erste an den Nagel.