Bosch in Bamberg spürt Dieselrückgang

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Bosch-Mitarbeiterin Jessica Lang steckt ein Benzin-Hochdruck-Einspritzventil der sechsten Generation in eine Endmontagelinie im Bamberger Werk 3. Foto: Barbara Herbst
Bosch-Mitarbeiterin Jessica Lang steckt ein Benzin-Hochdruck-Einspritzventil der sechsten Generation in eine Endmontagelinie im Bamberger Werk 3. Foto: Barbara Herbst
Das Werkstatt-Team des Hochdruck-Einspritzventil 6 bei einer Besprechung im Werk 3 an der Von-Ketteler-Straße in Bamberg: die Digitalisierung schreitet bei Bosch voran. Foto: Barbara Herbst
Das Werkstatt-Team des Hochdruck-Einspritzventil 6 bei einer Besprechung im Werk 3 an der Von-Ketteler-Straße in Bamberg: die Digitalisierung schreitet bei Bosch voran. Foto: Barbara Herbst
 
Oliver Seitz Foto: Barbara Herbst
Oliver Seitz Foto: Barbara Herbst
 
Stefan Schmitz Foto: Barbara Herbst
Stefan Schmitz Foto: Barbara Herbst
 

Am zweitgrößten deutschen Standort verschiebt sich die Fertigung wieder mehr hin zu Einspritzkomponenten für Benzinmotoren.

Der Skandal bei Volkswagen und die anhaltende Abgasdiskussion wirken sich mittlerweile auf die Nachfrage nach Dieselfahrzeugen aus. Offenbar wendet sich eine wachsende Zahl von Autofahrern vom Diesel ab, was auch der Autozulieferer Bosch spürt. "Die Diesel-Aufträge gehen zurück. Aber da können wir glücklicherweise darauf reagieren", sagt Oliver Seitz, kaufmännischer Werkleiter bei Bosch in Bamberg, mit rund 8000 Beschäftigten der zweitgrößte deutsche Standort des Autozulieferers und der größte Industriearbeitgeber in Oberfranken.


15 bis 18 Schichten

Der Vorteil für Bamberg: Das Werk hängt nur etwa zur Hälfte am Diesel, kann solche Rückgänge mit anderen Produkten ausgleichen. In diesem Fall mit Komponenten für eine andere Motortechnik. "Auf der Benzinseite erhöhen sich die Aufträge", berichtet Seitz.

Vorbei sind die Zeiten, in denen in der Dieselfertigung wöchentlich ein 20-Schicht-Betrieb lief. Jetzt arbeite man hier zwischen 15 und 18 Schichten. Ein Beschäftigungsproblem gibt es laut Seitz dennoch nicht. "Wir profitieren davon, dass wir Mitarbeiter von dort zur Fertigung von Benzinerzeugnissen versetzen können." Außerdem würden in Bamberg befristete Verträge momentan nicht verlängert. Dies betrifft laut Seitz zwischen 400 und 500 Mitarbeiter. Bis Mitte nächsten Jahres geht der kaufmännische Werkleiter von einem Personalstand von dann 7700 Mitarbeitern aus.


Noch 310 000 Zündkerzen täglich

Auch Zeitkonten würden aktuell heruntergefahren. "All das ist ein ganz normales Geschäft." Größere Veränderungen gibt es dagegen bei einem Produkt, mit dem Ende 1940 in Bamberg alles begann: der Zündkerze. Täglich werden hier noch 310 000 Stück dieser Komponenten für den Benzinmotor hergestellt.

Doch die Zahl soll bis 2019 deutlich sinken. "Die Zündkerze wird immer günstiger, und wir stellen fest, dass wir mit den Zündkerzen, die wir hier in Bamberg machen, nicht wettbewerbsfähig sind", erläutert der technische Werkleiter Stefan Schmitz die Pläne. Künftig werde man sich deshalb am Standort nur noch auf die High-tech-Zündkerzen konzentrieren - mit höheren Anforderungen an Festigkeit, Dichtheit und Lebensdauer.


Fertigungslinien nach Russland

Einige Fertigungslinien, die bisher in Bamberg standen, kommen dann laut Seitz an andere Bosch-Standorte, die Bamberg als Leitwerk im Rahmen des Fertigungsverbunds (20 Standorte in elf Ländern) betreut. Im Fall der Zündkerzen nach Russland. Die Zahl der rund 600 Mitarbeiter in dieser Produktsparte wird sich in den nächsten zwei Jahren laut Werkleitung um etwa 25 Prozent reduzieren. "Ich weiß, dass die Mitarbeiter deshalb große Sorgen haben", sagt Seitz. Aber das sei unnötig. Man könne sie woanders im Werk einsetzen.

Was auf den frei werdenden Flächen an Maschinen nachfolgt, steht laut Seitz noch nicht fest. Womöglich wird die Fertigung von Batterie-Packs erweitert. In Bamberg werden Batterie-Module zu sogenannten Packs zusammengebaut. Dabei geht es um keine Serienfertigung, sondern um einen Musterbau für den Kunden Porsche, der die rund 120 Kilogramm schweren Batteriesysteme in seinen Reihen mit Hybridantrieb verwendet.


Auftrag von Porsche endet

Dementsprechend überschaubar sind nach wie vor die Stückzahlen. "In diesem Jahr produzieren wir knapp 10 000 Packs", berichtet Schmitz. Der Auftrag von Porsche läuft laut Seitz im nächsten Jahr aus. Man sei aber dabei, Folgegeschäfte zu entwickeln. Aktivitäten zur Entwicklung von eigenen Batteriezellen würden inzwischen in Stuttgart gebündelt. "Es sind auch Mitarbeiter aus Bamberg dort dabei", sagt Seitz. Gleiches gelte für die neuartige Technologie der Wassereinspritzung, mit der sich durch das zusätzliche Einspritzen von Wasser in den Benzinmotor laut Bosch bis zu 13 Prozent Kraftstoff sparen lasse.

Doch so etwas ist in Bamberg noch Zukunftsmusik. Serienreif ist hier dagegen das Hochdruck-Einspritzventil (HDEV 6) für Benzinmotoren. Im ersten Halbjahr 2017 soll es laut Schmitz mit den großen Stückzahlen losgehen.


Druck bis 2700 Bar

Auch beim Dieselmotor lässt Bosch, was die Weiterentwicklung der Einspritztechnik angeht, nicht nach. Mit Piezo-Komponenten erreiche man hier aktuell einen Druck von 2700 Bar, berichtet Seitz. Und auch ein anderes Produkt aus dem Bamberger Portfolio erfreut sich weiter großer Beliebtheit am Markt: das Sensorelement für die Lambda-Sonde. Es misst im Abgasstrang des Motors den Sauerstoffgehalt. 120 000 solcher nur wenige Zentimeter großen Erzeugnisse aus Keramik und Platin werden aktuell pro Tag in Bamberg gefertigt.

"Wenn es einen Standort gibt, der für den Wechsel gut aufgestellt ist, dann ist das Bamberg", sagt Seitz. Das zeige sich auch im täglichen Arbeiten in der Produktion. Daten würden digital und nicht mehr auf Zetteln gesammelt. 30 bis 40 Prozent der Maschinen seien inzwischen in der Lage, dies automatisch zu tun. "Alles wird miteinander vernetzt", sagt Seitz.