Tödliche Messerattacke: betrunken und mit Schaum vorm Mund

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Die Schwurgerichtskammer, die den Fall Alexander L . verhandelt Foto: Ronald Rinklef
Die Schwurgerichtskammer, die den Fall Alexander L . verhandelt  Foto: Ronald Rinklef

Der aus der Untersuchungshaft frei gekommene Alexander L. soll am Wochenende zwei Mal volltrunken in der Innenstadt auffällig geworden sein.

Seit Alexander L. vergangene Woche mitten in der Beweisaufnahme von der Schwurgerichtskammer des Landgerichts auf freien Fuß gesetzt worden ist, hat die Polizei offenbar ein waches Auge auf ihn: Oberstaatsanwalt Otto Heyder berichtete am fünften Verhandlungstag von einer Mitteilung der Polizei, wonach L. am vergangenen Wochenende auffällig geworden sein soll.


Versuch, ein Fahrrad zu stehlen

In der Nacht zum vergangenen Samstag soll der Angeklagte, der am 26. Juni 2015 in seinem Elternhaus in der Langen Straße einen Mann mit fünf Messerstichen getötet hat, volltrunken durch die Sandstraße getorkelt sein, sich neben einen Hund gelegt und auffällig verhalten haben. In der Nacht zum Sonntag ist er laut Heyder bei dem Versuch beobachtet worden, unter mehreren abgestellten Fahrrädern ein unverschlossenes zu finden, um es zu stehlen. Wiederum sei der Angeklagte betrunken gewesen; er habe Schaum vor dem Mund gehabt. L. sei in die Nervenklinik gebracht worden, wo er falsche Personalien angegeben habe. Heyder betonte, an diesen von der Polizei telefonisch übermittelten Nachrichten keinen Zweifel zu haben.

Den voraussehbaren wütenden Angriff von der Verteidigerbank konterte der Oberstaatsanwalt kühl: "Was ich sage, dazu stehe ich." Die Dinge, die ihm zugetragen wurden, seien glaubhaft und keine Verleumdungen, wie die Verteidigung es darstellen wolle. Wenn der Angeklagte, wie behauptet, tatsächlich das ganze Wochenende mit seiner Familie verbracht habe, werde man das durch Zeugen klären.

Ist Alexander L. eine tickende Zeitbombe? Staatsanwalt Heyder jedenfalls will das nicht ausschließen. Vor dem Hintergrund der Ereignisse am Wochenende beantragte er eine Erweiterung des Sachverständigengutachtens mit der Fragestellung, ob nicht die formalen Voraussetzungen für Sicherungsverwahrung vorlägen. Es sei zu klären, ob der Angeklagte zu schweren Straftaten neige und ob er für die Allgemeinheit gefährlich sei.


Extrem scharfes Messer

Der erste Zeuge, der am Dienstag vernommen wurde, ist Verkäufer in einer Bamberger Waffenhandlung, in der L. nur drei Tage vor der Bluttat ein Einhandmesser der Firma Böker, Sonderedition Decade, zum Preis von 89,95 Euro auf Lieferschein erworben hat. "Seine Eltern bezahlen das dann oder das Schuhgeschäft", sagte der Zeuge. Er kennt L. als Stammkunden, weil dieser in dem Geschäft immer wieder Messer kaufte. Auf die Frage nach dem wichtigsten Merkmal des Messers sagte der Verkäufer: "Es ist extrem scharf." Außerdem sei es sehr schnell und leicht zu öffnen.

Nach dieser Vernehmung folgte die Verlesung der Auszüge aus dem Bundeszentralregister. Demnach ist der Angeklagte L. vorher noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten, sehr wohl aber sein Opfer Michael G., für den es acht Einträge gibt. In der Chronologie der Fälle ist aber eine Zäsur festzustellen: Bis zum Jahre 2006 waren mehrere gefährliche Körperverletzungen dokumentiert, danach blieben Gewaltdelikte aus.

Den Wandel im Lebenswandel des gelernten Maurers und passionierten Fußballers G. bezeugen auch Freunde, Bekannte und die zuletzt von G. getrennt lebende Ehefrau, die gestern als Zeugen vernommen worden sind. Spätestens seit der Geburt des gemeinsamen Kindes vor einigen Jahren habe er sich "um 180 Grad gedreht", sagte die Witwe. Sie stimmte dem Vorsitzenden Richter Manfred Schmidt zu, als dieser ihren Mann charakterisierte: ein gut gearteter Maulheld, der gerne losgelegt, aber niemandem etwas zu Leide getan hat.

Freunde und Fußballkumpel, mit denen der 35 Jahre alte Michael G. kurz vor seinem Tod intensiv über Whatsapp in Verbindung stand, berichteten übereinstimmend, wie Michael G. in den zwei Tagen vor seinem Tod auffällig bedrückt und voller Angst gewesen sei. Das sei ganz gegen seine Natur gewesen.


"Total eingeschüchtert"

Mehreren Bekannten hat G. an den Tagen vor seinem Tod erzählt, wie er am 23. Juni 2015 vom Sohn seines Vermieters bedroht worden sei, weil er angeblich zu viel Lärm beim Putzen des Treppenhauses gemacht habe: Erst sei L. mit einem Baseballschläger auf ihn losgegangen, dann habe er mit einem Messer vor seinem Gesicht herumgefuchtelt. Er sei deswegen sehr beunruhigt gewesen.
Bekanntlich hat Alexander L. zwei Tage später ernst gemacht und Michael G. am 26. Juni 2015 mit fünf Messerstichen getötet.
Die Angst vor L. scheint auf den einen oder anderen Zeugen übergegriffen zu haben. Ein Mann, der noch vor drei Wochen bei der Polizei ausgesagt hat, dass G. von L. "total eingeschüchtert" worden sei, drückte sich gestern sehr viel vorsichtiger aus und musste sich von Richter Schmidt fragen lassen: "Das meinen Sie doch wohl nicht ernst?" Die Verhandlung wird am 11. August fortgesetzt.