Was ist wann eigentlich genau passiert bei der Steuerberatungsgesellschaft GTO, einer Tochter der Handwerkskammer für Oberfranken? Am Freitag versuchten Vorstand und Geschäftsführer der Kammer eine Einordnung - und gingen auf Details ein.
Für den Vizepräsidenten Matthias Graßmann steht es außer Frage: "Die Handwerkskammer befindet sich momentan in der größten Krise ihrer Existenz", sagte der Bamberger am Freitag bei einer Pressekonferenz im BTZ Bamberg, zu der die Kammer, nach dem Rücktritt ihres Präsidenten am Wochenende zuvor, eingeladen hatte.
Missstände bei einer Steuerberatungsgesellschaft mit dem Firmenkürzel GTO, Tochter der Handwerkskammer, hatten diese Krise ausgelöst. Hinzu kommt der noch immer nicht zu den Akten gelegte interne Streit mit Coburger Innungen.
Graßmann brachte eine chronologische Auflistung der Ereignisse rund um die GTO, um damit vor allem noch einmal deutlich zu machen, dass der restliche Vorstand bis zum 21. Juli 2019 nichts von den Betrügereien bei der GTO gewusst habe. Im Juni 2019 hatte demnach eine Betriebsprüfung der GTO durch das Finanzamt Bayreuth die Unregelmäßigkeiten ans Tageslicht gebracht. In der Vorstandssitzung am 21. Juli 2019 sei dann vom inzwischen ausgeschiedenen Hauptgeschäftsführer Thomas Koller "nur in einem Nebensatz" und "nicht als eigener Tagesordnungspunkt" informiert worden.
Drei Mitglieder im Aufsichtsrat
Vieles in diesem Skandal, bei dem ein führender Mitarbeiter der GTO im großen Stil Gelder veruntreut und Steuern hinterzogen haben soll, war vorher schon bekannt. Im Mittelpunkt standen dabei der einstige Hauptgeschäftsführer Horst Eggers, der bis August amtierende Hauptgeschäftsführer Thomas Koller und der Ende September zurückgetretene Präsident Thomas Zimmer, die den Aufsichtsrat der GTO bildeten.
GTO inzwischen profitabel
Inzwischen, das wurde in der Pressekonferenz deutlich, gibt es keinen Aufsichtsrat mehr bei der GTO. Die Gesellschaft wurde neu strukturiert, die Kammer hält nur noch 50 Prozent der Anteile, den Rest ein privates Steuerberatungsunternehmen. "Die Gesellschaft mit derzeit 28 Mitarbeitern arbeitet jetzt professionell", sagte Vizepräsident Graßmann. Sie verdiene Geld und sei jetzt profitabel. Ob es allerdings zum Aufgabenbereich einer Kammer gehöre, steuerberaterlich tätig zu sein, darüber müsse irgendwann die Vollversammlung entscheiden, ergänzte Geschäftsführer Bernd Sauer.
790 000 Euro Repräsentations- und Kfz-Kosten"
Warum die GTO zuvor nicht profitabel sein konnte, hängt nach Aussage von Geschäftsführer Bernd Sauer und den Kammer-Vorstandsmitgliedern Matthias Graßmann, Karl-Peter Wittig und Michael Klein von den kriminellen Machenschaften bei der GTO ab. So seien zum Beispiel Sammelüberweisungen getätigt worden, diese aber anschließend ausgedruckt und für die Unterlagen noch einmal geändert worden. Im Raum steht dabei eine Summe von Zahlungen an die GTO in Höhe von 790 000 Euro, die der ehemalige Hauptgeschäftsführer Horst Eggers von 2002 an veranlasst habe und die sein Nachfolger Thomas Koller bis 2014 fortgeführt habe. Laut Graßmann alles vermerkt unter dem Buchungsbegriff "Repräsentations- und Kfz-Kosten". Dabei soll es sich unter anderem um Geld für Dienstwagen gehandelt haben. "Was sich noch dahinter verbirgt, da haben wir immer noch ein großes Fragezeichen", sagte Graßmann. Kritisiert wird daneben die Vergabe eines Darlehens an die GTO durch die Kammer in Höhe von 730 000 Euro. "Das wurde zu keinem Zeitpunkt im Haushalt aufgenommen", berichtete Graßmann. Vorstand und Vollversammlung hätten davon nichts gewusst.
"Aufsichtsräte hätten Unregelmäßigkeiten merken müssen"
Letztlich gehen Graßmann und seine Kollegen davon aus, dass die Aufsichtsräte Eggers, Koller und Zimmer sich zwar nicht bereichert, aber ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. "Das ist unsere subjektive Einschätzung", sagte Graßmann. Zu diesem Ergebnis käme aber auch ein Rechtsgutachten externer Wirtschaftsprüfer, das die Kammer im Herbst vergangenen Jahres in Auftrag gegeben habe. "Das Rechtsgutachten sagt, bei bestimmten Punkten hätte der Aufsichtsrat die Unregelmäßigkeiten merken müssen", berichtete Geschäftsführer Sauer. Der Aufsichtsrat habe sich laut den Prüfern einmal im Jahr für eine Stunde getroffen. Dass dafür der Vorsitzende Eggers 30 000 Euro erhalten habe, wie im Zuge des Skandals öffentlich wurde, stößt den nun Verantwortlichen der Kammer ebenfalls auf. "Wir müssen uns bei den Betrieben entschuldigen, was da gelaufen ist", sagte Karl-Peter Wittig, Arbeitnehmervertreter im Vorstand. "Wir versuchen, alles restlos aufzuarbeiten, damit die Betriebsinhaber wieder Vertrauen finden."