Überschrieben ist der Offene Brief mit "Kultur braucht Raum". In dem Schreiben zeigen Kulturschaffende auf, was sie vermissen. Sie wollen so mit Politik und Verwaltung in Dialog treten.
Sie sind basisdemokratisch organisiert und wollen Bamberg mitgestalten. Das ist dem "Kontakt"-Team bisher gelungen. Seit zehn Jahren gibt es das gleichnamige Festival schon, das Leerstand nutzt, um ihn mit Leben zu füllen. Im Gespräch verdeutlichen Anja Lubosch, Nadja Hey und Michi Schmitt, als Teil des Kulturprojekt-Teams, dass generell Räume für alternative Kultur fehlen. Sie verlangen eine stärker ideelle, finanzielle und institutionelle Förderung von Kunst und Kultur. Ihr Offener Brief steht stellvertretend für Kulturschaffende in der Stadt.
Ihr schreibt in Eurem Offenen Brief, dass die Situation für Kultur immer prekärer wird. Wie prekär ist sie denn?
Michi Schmitt: Sehr prekär für die alternative Kultur, würde ich sagen. Nachdem der Morphclub zugemacht hat, suchen viele Bands Auftrittmöglichkeiten.
Auch das Jugendzentrum ist keine adäquate Alternative, denn es ist nur ein Mal im Monat bespielbar. Teilweise müssen sie in Privatwohnungen ausweichen. Es gibt keinen Ausstellungsort für alternative Kultur, den man als nicht-etablierter Künstler nutzen kann. Deshalb haben wir während der Lichthöfe den laufenden Kunstbetrieb ins Leben gerufen, bei dem die Kunstwerke nicht an Mauern sondern an Menschen hängen. Die Aussage ist: Es gibt wenige Orte, in denen sich die alternative Kultur frei entfalten kann.
Es gibt schon ein paar Möglichkeiten, wenn man die "Scheinbar" nimmt oder die "Galerie am Stephansberg", die wieder geöffnet hat. Reicht das nicht?
Michi Schmitt: Vor allem größere Räume fehlen. Unser Ziel wäre, dass die Stadt die Rahmenbedingungen schafft, um alternative Kultur generell mehr zu fördern.
Wie sehen die Rahmenbedingungen aus?
Michi Schmitt: Im Idealfall gibt es ein Kulturzentrum oder Bürgerhaus, mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten. Wobei ein fester Raum nicht ausreicht, da wir Veranstaltungen ganz unterschiedlicher Art umsetzen möchten. Deshalb wollen wir, dass man Leerstand kurzfristig temporär nutzen kann. Da stoßen wir bisher an Grenzen, zum Beispiel beim Immobilienmanagement der Stadt. Wünschenswert wäre mehr ideelle und institutionelle Unterstützung, die beispielsweise durch eine städtische Beratungsstelle als Anlaufpunkt für die Umsetzung von kulturellen Projekten, realisiert werden könnte. Hier sehen wir die Politik und den Stadtrat in der Verantwortung.
Gab es da schon oft Versuche von Eurer Seite, Räume zu bekommen?
Michi Schmitt: Die Wolfsschlucht oder die Gaststätte am Schlachthof - das sind zentrale Räume, die der Stadt gehören, die aber bisher nicht zur Verfügung gestellt wurden.
Nadja Hey: Obwohl wir auch sagen müssen, dass wir sehr unterstützt wurden, beispielsweise vom Kulturamt oder Ordnungsamt, wenn wir einen Raum nutzen durften. Was fehlt, ist ein allgemeines Konzept, wie mit Leerstand generell umgegangen wird. Die Zusammenarbeit der Ämter sollte mehr Hand in Hand gehen.
Anja Lubosch: Wir denken da auch an Kulturschaffende und Künstler und Künstlerinnen, die weniger etabliert sind und es deshalb schwerer haben, wenn sie Räume nutzen wollen.
Meint Ihr nicht, dass Bamberg zu klein ist, um zu einem kulturellen Zentrum zu wachsen?
Anja Lubosch: Nein, denn auch hier gibt es viele Künstler und Künstlerinnen, die sich ausdrücken und gestalten wollen. Wodurch letztendlich das Potenzial gegeben ist, die Stadt attraktiver zu machen.
Nadja Hey: Es fehlt bei vielen vielleicht auch ein Stück weit das Verständnis, dass Bamberg von den alternativen, kulturellen Aktivitäten profitieren kann. Ein gutes Beispiel hierfür ist unser Festival.
An wen richtet Ihr Euch mit Eurem Festival beispielsweise?
Anja Lubosch: Wir machen nicht nur Veranstaltungen für junge Menschen, sondern unser Ziel ist es, Kinder, Familien, generell alle Altersschichten einzubeziehen.
Die Stadt bietet unserer Ansicht nach zahlreiche Gestaltungsspielräume, die auch mal aus der Innenstadt herauskommen sollten. Bamberg besteht schließlich aus vielen Stadtteilen wie Gartenstadt, Gaustadt oder Wunderburg. Es wäre schön, wenn diese mehr mit einbezogen werden, was durch die Nutzung von Leerstand möglich wird.
Geht es in Euren Forderungen auch um finanzielle Förderung durch die Stadt?
Michi Schmitt: Die Förderung der Kultur muss allgemein ausgebaut werden. Wir wünschen uns vor allem eine Kultur der Offenheit, bei der Kulturschaffende und alle Ämter der Stadt an einem Strang ziehen.
Wie soll es weitergehen. Ein runder Tisch ist ja geplant...
Anja Lubosch: Am 28. November wollen wir uns mit anderen Kulturschaffenden und Vertretern der Stadt treffen.
Der Kulturbürgermeister, mit dem wir in gutem Kontakt stehen, wird den runden Tisch leiten.
Michi Schmitt: Der runde Tisch wird nicht mehr "Jugendkultur" heißen, sondern "Raum für Kultur". Dann können auch Ämter wie das Immobilienmanagement daran teilnehmen.
Nadja Hey: Dass es nicht mehr Jugendkultur heißt, liegt auch daran, dass wir alle Altersklassen vertreten, nicht nur Studenten. Wir wollen gemeinsam im Dialog neue Möglichkeiten erschließen, um alternativer Kultur den Raum zu verschaffen, den sie braucht.
... gibts vor allem auch zu den Unterstützenden unter http://kulturbrauchtraum.wordpress.com/