Viele alte Kreditverträge sind fehlerhaft. Sie haben keine korrekte Widerrufsbelehrung. Wer das moniert, spart viel Geld. Doch jetzt läuft eine Frist.
Wer einen älteren Kreditvertrag für die Finanzierung seiner Immobilie zu Hause liegen hat, sollte diesen in den nächsten Wochen von Experten überprüfen lassen - insbesondere, wenn dieser zwischen den Jahren 2002 und 2010 abgeschlossen wurde. Wegen Fehler der Bank können die meisten Kunden aus den im Vergleich zu heutigen Konditionen teuren Krediten aussteigen. Der Grund: Viele Baufinanzierungsverträge enthalten eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung.
2002 Widerrufsrecht eingeführt
Das Thema ist nicht neu. Populär wurde es vor drei Jahren, als das ARD-Wirtschaftsmagazin "PlusMinus" erstmals davon berichtete. Im Juli 2014 widmete die Zeitschrift "Finanztest" den fehlerhaften Baukrediten sogar eine Titelgeschichte. Und die Thematik blieb aktuell. Kreditnehmer konnten den Vertragsabschluss auch Jahre nach Beginn des Darlehens widerrufen. Angreifbar war jeder geschlossene Vertrag seit November 2002, als für Immobilienkredite das Widerrufsrecht eingeführt wurde.
"80 Prozent unserer Beratungen im Rechtsbereich betreffen momentan dieses Thema", sagt Sascha Straub, Referatsleiter Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Bayern. Es gebe auch im Freistaat viele Gerichtsentscheidungen dazu. Alle Banken hätten da mehr oder weniger Fehler gemacht. Laut Straub gibt es 419 mögliche Fehler, die inzwischen festgestellt wurden, wenngleich nicht jeder dieser Fehler einen Widerruf möglich mache.
Letzte Chance: 21. Juni 2016
Rund 1000 persönliche Beratungen zum Thema fehlerhafte Widerrufsbelehrung hat die Verbraucherzentrale im vergangenen Jahr registriert. Nicht nur Rechtsexperte Straub empfiehlt, einen Kreditvertrag jetzt schnell prüfen zu lassen. Denn vergangenen Donnerstag hat der Bundestag beschlossen, das Widerrufsrecht für Millionen Verträge auslaufen zu lassen. Wer den "Widerrufs-Joker" nutzen und die Zinslast senken will, ohne dass dabei die sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung anfällt, muss dies bis zum 21. Juni tun. Dann erlischt das Recht zum Widerruf für diese Altfälle endgültig. Straub spricht von einem "großen Erfolg der Banken". "Gesetz für Rechtssicherheit" habe die Bundesregierung den von der Bankenlobby empfohlenen Gesetzesentwurf benannt, schreibt Stiftung Warentest.
"Mal so, mal so"
"Seitdem die Meldung mit der Frist kursiert, merken wir wieder einen deutlichen Anstieg der Fälle", berichtet Rechtsanwalt Marcus Hoffmann, von der auf Bank- und Immobilienrecht spezialisierten Nürnberger Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner. Er und sein Kollege hätten schon 1000 solcher Fälle bearbeitet. Die Reaktion der Banken sei "mal so, mal so". "Einige Banken spekulieren darauf, dass die meisten sich nicht trauen zu klagen", sagt Hoffmann. Der Bamberger Rechtsanwalt Udo Ostermann bestätigt das. "Die Banken reagieren unterschiedlich. Bei einer Klage bieten viele vor Gericht dann schnell einen Vergleich an", berichtet er. Einige wollten "das aber unbedingt außergerichtlich regeln".
Beispiel: Vertrag mit neuem Zins spart fast 10 000 Euro
Für die Banken geht es um viel Geld. Muss ein Kunde zum Beispiel noch 100 000 Euro tilgen und zahlt eine Rate von 700 Euro, so hat er bei einem Zinssatz von 4,5 Prozent in fünf Jahren noch gut 78 000 Euro Restschuld. Bei 2,5 Prozent Zinsen sinkt die Restschuld bis 2021 auf knapp 69 000 Euro. Kommt er aus dem Vertrag raus, spart er in fünf Jahren fast 10 000 Euro.