Bambergs Stadtrat sagt Ja zu 4500 Flüchtlingen

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Sozialministerin Emilia Müller (CSU), hier links neben OB Andreas Starke (SPD) warb im Stadtrat um Zustimmung für die Erweiterung des Aufnahmezentrum. Das wird nun deutlich erweitert, doch Bamberg erhält im Gegenzug Vergünstigungen. Fotos: Ronald Rinklef
Sozialministerin Emilia Müller (CSU), hier links neben OB Andreas Starke (SPD) warb im Stadtrat um Zustimmung für die Erweiterung des Aufnahmezentrum. Das wird nun deutlich erweitert, doch Bamberg erhält im Gegenzug Vergünstigungen.   Fotos: Ronald Rinklef
Das besondere Aufnahmezentrum für Flüchtlinge mit geringer Bleibeperspektive wird um 16 Häuser erweitert. Es umfasst dann voraussichtlich bis Ende März die komplette frühere Flynn-Area.
Das besondere Aufnahmezentrum für Flüchtlinge mit geringer Bleibeperspektive wird um 16 Häuser erweitert. Es umfasst dann voraussichtlich bis Ende März die komplette frühere Flynn-Area.
 
Auch die 33 Häuser der Offizierssiedlung will die Stadt bis Februar erwerben. Was mit den Einfamlienhäusern passiert, ist noch ungwiss.
Auch die 33 Häuser der Offizierssiedlung will die Stadt bis Februar erwerben. Was mit den Einfamlienhäusern passiert, ist noch ungwiss.
 

Der Stadtrat hat der Erweiterung des besonderen Aufnahmezentrums zugestimmt. Es gab auch kritische Stimmen, doch am Ende ließ sich die Mehrheit von den Zugeständnissen überzeugen, die Bamberg gemacht wurden.

Bamberg Die Flüchtlingskrise hält Bamberg in Atem. Schon bis Ende März 2016 sollen die Unterbringungskapazitäten für das Aufnahmezentrum an der Pödeldorfer Straße verdreifacht werden. Nachdem im August noch von maximal 1500 Flüchtlingen die Rede war, können dann bis zu 4500 Menschen mit geringer Bleibeperspektive in Bamberg-Ost aufgenommen werden. Das ist die eine Nachricht des Mittwochs, die nach der Abstimmung im Stadtrat nun unumstößlich feststeht. Zwar hatte Bamberg nur begrenztes Mitwirkungsrecht, weil es sich um Immobilien handelt, die der Bund als Eigentümer dem Land für bis zu 15.000 (!) Flüchtlinge angeboten hatte. Dennoch hat die Stadt die Chance, auf dem Verhandlungswege die Risiken und Nebenwirkungen einer solchen Großunterkunft einzugrenzen, genutzt.

Dank der Zustimmung des Kabinetts, erzielt bei einer Besprechung mit Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Dienstag, hat Bamberg sichere Aussicht auf ein digitales Gründerzentrum für zwölf Millionen Euro in der Lagarde-Kaserne. Auch für sozialen Wohnungsbau und ein erlebnispädagogisches Kompetenzzentrum in der Wolfsschlucht sagten Seehofer und die CSU-Ministerinnen Müller, Aigner und Huml "großzügige Unterstützung" zu. Wichtigster Verhandlungserfolg ist aber die Freigabe aller Immobilien und Flächen der Kaserne, die nicht von der Bundespolizei beansprucht werden. Das sind im einzelnen das Wohngebiet Lindenanger mit zwölf großen Häusern, die Offizierssiedlung mit 33 Wohneinheiten, die Muna mit Schießplatz (160 Hektar), der Sonderlandeplatz (90 Hektar), die ehemalige Lagarde-Kaserne und der Golfplatz (40 Hektar).
 


Keine zweite Erweiterung

Damit steht dem Erwerb der Flächen durch Bamberg bis zum 31. Januar zumindest von Seiten der Staatsregierung nichts mehr im Weg. Erwünschter Nebeneffekt: Einem von vielen befürchteten weiteren Ausbau des Aufnahmezentrums kann die Stadt durch den Eigentumserwerb einen wirksamen Riegel vorlegen.

In der Debatte warb Sozialministerin Emilia Müller (CSU) um Verständnis für die außergewöhnliche Notlage, in der sich Bund und Freistaat seit dem sprunghaften Anstieg der Flüchtlingszahlen befinden. Niemand habe im August vorhersehen können, wie sich im September die Lage an den Grenzen zuspitzen würde. In zweieinhalb Monaten seien weit über 500.000 Menschen in unser Land gekommen. Müller räumte ein, dass 4500 Menschen die absolute Obergrenze in einer 70.000-Einwohner-Stadt seien. Anderseits gehe es darum, die Hilfsbedürftigen vor dem nahenden Winter menschenwürdig unterzubringen, medizinisch zu betreuen und zu versorgen. Spätestens nach vier Wochen sollen die aus sicheren Herkunftsländern stammenden Flüchtlinge wieder nach Hause geschickt werden, sagte Müller. Bamberg leiste damit einen Beitrag, um die eigentliche Aufgabe leisten zu können, die vor uns stehe: die Integration von Tausenden von Kriegsflüchtlingen.

Von einer "historischen Entscheidung" sprach Helmut Müller, Vorsitzender der CSU-Fraktion. Angesichts der im August gemachten Versprechungen sei viel Vertrauen verloren gegangen, das Ministerpräsident Horst Seehofer nun wieder zurückgewonnen habe. Durch die Freigabe der Kasernenflächen seien wichtige Weichenstellungen für die Zukunftsfähigkeit und die weitere Entwicklung der Stadt möglich geworden. Ausdrücklich nannte Müller das ehemalige Munitionsdepot Muna, für ihn die wichtigste Reserve für neues Gewerbe.

Auch Klaus Stieringer (SPD) bemühte große Vokabeln. Mit den Worten "Wir haben heute Geschichte geschriebenen", fasste er das am Kabinettstisch Erreichte zusammen. Stieringer lobte die Geschlossenheit des Stadtrats und das Verhandlungsgeschick des OB.
 


"Problematische Einrichtung"

Gemischte Töne kamen von den Bamberger Grünen: Zwar billigte Ursula Sowa die Erweiterung des Aufnahmezentrums, mahnte aber die versprochene Betreuung der Flüchtlinge an. Hier sei der Freistaat hinter seinen Versprechungen inakzeptabel zurückgeblieben - der Grund, weshalb die Grünen der gemeinsamen Vereinbarung die Zustimmung verweigerten. Ein Nein zum großen Aufnahmezentrum kam auch von BaLi-Stadtrat Heinrich Schwimmbeck - wegen der Ausrichtung als Abschiebelager, aber auch den daraus erwachsenden schrumpfenden Aussichten der Bamberger auf günstigen Wohnraum. Die Umwandlung von Pines- Siedlung und möglicherweise des Lindenangers genüge bei weitem nicht.

Deutliche Worte kamen von Anette Neumann (BBB). Sie monierte, dass die Staatsregierung schon einmal ihr Wort gebrochen habe. Heinz Kuntke (SPD) warnte davor, in Euphorie zu verfallen. "Ein Aufnahmezentrum mit 4500 Menschen ist eine hochproblematische Einrichtung, die uns noch viele Schwierigkeiten machen wird."