Malcolm Chalmers hat als Deutschlehrer nicht nur eine Schulpartnerschaft mit dem E.T.A.-Hoffmann-Gymnasium, sondern auch den Schüleraustausch zwischen Bamberg und Bedford maßgeblich geprägt.
Als wir den 72-Jährigen mittags in Bedford anrufen, bittet er, es in zehn Minuten noch einmal zu probieren. Er sei gerade in einer Italienisch-Stunde. Findet in England tatsächlich noch Unterricht statt, wo hier doch auch seit dem 23. März eine Ausgangssperre gilt? Die Antwort gibt Chalmers kurz darauf: Über eine App nehme er derzeit Italienisch-Unterricht, denn auch in Bedford ist das Leben ein anderes geworden. "Wir dürfen noch das Notwendige einkaufen und einmal am Tag spazieren gehen, aber nicht zu weit." Seit zwei Wochen sind in England die Schulen geschlossen, "aber viele bieten übers Internet Unterricht an". Supermärkte beschränken die Zahl der Kunden in den Läden. Wo sich Spaziergänger begegnen, halten sie Abstand und grüßen sich - das sei vor der Krise auch nicht immer der Fall gewesen. "Und ich frage mich, warum die Leute so viel Klopapier kaufen. Das kann man doch nicht essen."
Aktuell hat ihn die Nachricht eines 13-Jährigen beunruhigt, der in London am Corona-Virus starb. Bedford selbst sei im Vergleich zu anderen Landesteilen noch relativ verschont geblieben. Der "Guardian" listet für die 110 000 Einwohner-Stadt am Freitag 72 Fälle auf - doch die Dunkelziffer sei wohl hoch. Auch die Briten halten zusammen, kaufen zum Beispiel für ältere Mitbürger ein. 800 000 Freiwillige hätten sich gemeldet, um den National Health Service zu unterstützen.
Chalmers vermisst derzeit das allmorgendliche Schwimmen und seine Chorproben. "Wir haben jetzt diese Woche zweimal über die App Zoom geprobt."
Nach mittlerweile 59 Bamberg-Besuchen musste in diesem Jahr der Schüleraustausch wegen Corona abgesagt werden. Der 72-Jährige hofft, dass sich die Lage bald wieder normalisiert und grüßt wie derzeit viele Briten: Stay safe, stay healthy. Bleiben Sie sicher und gesund.
Rodez: Markt wird zum Drive-In
"Schreiben Sie den Artikel nicht zu traurig, die Menschen brauchen doch Hoffnung", sagt Martine Bringuier, die Präsidentin des Partnerschaftskomitees von Rodez in der französischen Region Okzitanien. Sie hat gerade fünf Brote beim Bäcker gekauft, um vier davon einzufrieren. Außer zum Einkaufen, Arbeiten und für kurze Spaziergänge bleiben auch die Franzosen zuhause. Die Schulen sind schon die dritte Woche geschlossen.
"Man kann jeden Tag eine Stunde raus, aber nicht weiter als einen Kilometer vom eigenen Haus entfernt. Wir respektieren das, zumindest die meisten." Auch rund um Rodez gebe es bereits viele Corona-Patienten, im Departement Aveyron leider auch schon einige Todesopfer. Aber wenige im Vergleich zu anderen Regionen. "In unserer Gegend Okzitanien nehmen derzeit drei Krankenhäuser in Toulouse und eins in Montauban Patienten aus Paris und aus Ostfrankreich auf." Überall in Frankreich gebe es Initiativen, Schwächeren zu helfen. Martine Bringuier selbst hat erst an diesem Tag für die gebrechlichen Nachbarn mitgekocht.
In Rodez wird derzeit kein Markt mehr abgehalten, die Produzenten regionaler Erzeugnisse geben aber Listen heraus und verkaufen ihre Waren dann in einer Art Drive-Inn auf einem großen Parkplatz. Dass man kaum noch jemandem begegnet, drücke natürlich auf die Stimmung.
Eigentlich hätte zum 50-jährigen Bestehen der Städtepartnerschaft im Mai eine Bamberger Reisegruppe kommen sollen. Doch auch dieses Treffen musste wie so vieles anderes abgesagt werden. "Wenn die kritische Lage zu Ende ist, wollen wir auch bald wieder nach Bamberg kommen. Denn die Freundschaft mit Bamberg liegt uns so sehr am Herzen."
Thiès: Nächtliche Ausgangssperren
Wie in allen afrikanischen Staaten breitet sich das Corona-Virus auch im Senegal aus. "Die Situation ist ernst", sagt Abbé Epiphane Maissa Mbengue, Caritas-Direktor in Bambergs Partnerbistum Thiès, am Telefon. Zwar sei die Zahl der offiziell registrierten Infizierten vergleichsweise gering (190 am 2. April, davon einige in Thiès und Popenguine, ein Todesopfer). Doch die Dunkelziffer müsse sehr hoch sein. Im Senegal gebe es keine flächendeckenden Tests, die meisten Bewohner hätten kein Geld, um zum Arzt zu gehen, zumal kaum jemand krankenversichert sei.
Die ohnehin prekäre Ernährungssituation der Bevölkerung spitze sich zu, da "diejenigen, die Geld haben, Lebensmittel wie Reis und Öl aufkaufen und für die Armen kaum etwas bleibt". Das ohnehin fragile Gesundheitssystem könne einer drohenden Katastrophe nicht standhalten. Mangelnde Hygienestandards, kaum Zugang zu fließendem Wasser, schlechte Infrastruktur, dichtes Zusammenleben in den Armenvierteln würden die Ausbreitung des Virus beschleunigen.
Der senegalesische Präsident Macky Sall hat am 23. März den Ausnahmezustand erklärt, um Maßnahmen zum Schutz gegen den Corona-Virus durchsetzen zu können. Dazu zählen die Einstellung des Flugverkehrs etwa nach Europa bis auf Frachtflüge sowie eine Ausgangssperre von 20 Uhr abends bis 6 Uhr morgens. Wie in Deutschland gilt ein generelles Versammlungsverbot, Schulen, Universitäten, Geschäfte sind geschlossen. Gottesdienste in den Kirchen und Moscheen fallen seit dem 17. März aus.
Die Caritas im Bistum Thiès mobilisiere alle Kräfte, um die Versorgung mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln zu verbessern, so Abbé Epiphane. Doch "das wird sehr schwierig, und es war schon schwierig".