Hoffjann: Sie sagen eben nicht, was sie konkret wollen. Das ist eine typische Wahlkampfstrategie für Amtsinhaber. Die setzen auf die Person, bleiben vage. So wie Merkel vor vier Jahren am Ende des TV-Duells gesagt hat: 'Sie kennen mich.' Das muss dann quasi ausreichen. Und so war auch dieser Wahlkampf. Laschet hat letztlich den Wahlkampf eines Amtsinhabers geführt, ohne ein Amtsinhaber zu sein. Also nach dem Motto "Bloß niemanden verschrecken".
"Söder hätte eine andere Strategie gewählt als Laschet"
Laschet ist immer vage geblieben. Das hat offenkundig nicht funktioniert, und das konnte auch die CSU in Bayern letztlich nicht heilen. Meine These ist: Ein Kanzlerkandidat Söder hätte das anders gemacht. Er hätte konkreter gesagt, was er erreichen möchte – nicht nur in der Umweltpolitik, sondern auch in anderen Politikbereichen. Söder hätte da eine andere Strategie gewählt als Laschet.
Auch wenn sich der Wahlkampf der beiden Unionsparteien thematisch vielleicht nicht voneinander trennen lässt – sind Ihnen Themen aufgefallen, die von der CSU im Vorfeld der Bundestagswahl gänzlich ausgespart werden? Gibt es Themen, bei denen sich die CSU komplett bedeckt hält?
Hoffjann: Es ist eher umgekehrt. Im Moment fällt mir nur ein Kernthema der Union ein, das sie immer wieder gespielt haben: Die Wirtschaft nicht belasten - um den Aufschwung nach Corona nicht zu gefährden. Neben der Warnung vor dem Linksrutsch ist das das einzige größere Thema, das ich wahrgenommen habe.
Ansonsten nehme ich vonseiten der CSU und CDU keine Themen wahr, bei denen ich den Eindruck habe: Dafür brennen sie gerade. Oder das würde ihr Programm beschreiben, das sie antreibt. Und das ist schon überraschend wenig. Die Union sagt wenig, wie sie künftige Probleme wie den Klimawandel und die Digitalisierung angehen möchte.
Welche Rolle spielt CSU-Chef Markus Söder für seine Partei im Wahlkampf? Dominiert die Person Söder? Ist er in der Außendarstellung für die Partei am Ende wichtiger als Sachthemen?
Hoffjann: Die CSU hat ja seit jeher starke Männer an ihre Spitze gewählt. Die stehen dann natürlich auch im Mittelpunkt der Wahlkampagnen. Egal, ob sie nun wie bei der kommenden Bundestagswahl zur Wahl stehen oder nicht. Bei dieser Wahl kommt als Besonderheit hinzu, dass Söder als Kanzlerkandidat der Union kandidiert hat. Von dem Moment an, als er seine Kandidatur erklärt hat, ist klar gewesen, dass man sich bis zum Wahltag genau ansieht: Wie unterstützt der Verlierer den Gewinner?
"Söder kam aus dieser Glaubwürdigkeitsfalle letzten Endes nicht heraus"
Da muss man ehrlicherweise sagen: Söder hätte machen können, was er wollte, er wäre immer kritisch beäugt worden. Er hätte zwar vielleicht früher seine Unterstützung für den Kandidaten Laschet erklären können, aber wie glaubwürdig wäre das gewesen? Zumal die Umfragen bis heute auf seiner Seite geblieben sind. Söder kam aus dieser Glaubwürdigkeitsfalle letzten Endes nicht heraus. Ehrlicherweise muss man allerdings auch konstatieren: Es ist ja nicht so, dass die CDU von ihrem Kandidaten begeistert war. Warum soll dann ausgerechnet die CSU die Begeisterung entfachen?
In Bayern ist im Wahlkampf viel auf die Person Söder zugeschnitten. Der Kanzlerkandidat der Union, Armin Laschet, spielt in der Kommunikation der CSU allenfalls eine untergeordnete Rolle, oder?
Hoffjann: Am Ende geht es ja ums Kanzleramt. Und da ist nun mal Laschet der Spitzenkandidat der Union. Von daher spielt er natürlich in Bayern schon eine Rolle. Man hört ja, dass er weniger plakatiert wird oder die weniger guten Plätze bekäme. Aber dennoch spielt er natürlich eine zentrale Rolle. Bei allen Gesprächen, an Infoständen, bei Haustürgesprächen dürfte der Kandidat Laschet das zentrale Thema sein – aber eben selten im positiven Sinne.
Söder steht hier vor einem Dilemma: Hält er sich im Hintergrund, wird ihm fehlende Unterstützung vorgeworfen. Drängt er sich zu sehr in den Vordergrund, kann das den Kandidaten Laschet noch weiter schwächen.
Die CSU hat zuletzt in vielen Umfragen Verluste hinnehmen müssen. Hat sich das auf die Kommunikationsstrategie der Partei ausgewirkt? Ist in der CSU-Außendarstellung in den vergangenen Wochen eine Veränderung erkennbar?
Hoffjann: Da nehme ich eigentlich keine Veränderung wahr. Wobei ich hier auch sagen muss, dass das Ganze für die CSU eine durchaus luxuriöse Situation darstellt. Denn, wenn Laschet jetzt verliert, können Söder und die CSU sagen: Ja, wir wussten ja, dass das der schwächere Kandidat ist. Das kann in den nächsten Jahren die Position der CSU im Verhältnis zur Schwesterpartei weiter stärken.
"'Linksrutsch'- oder 'Rote Socken'-Kampagne immer eine Option"
Wie lässt sich die CSU-Kampagne "Linksrutsch verhindern“ aus Ihrer Sicht erklären? War die Aktion von langer Hand geplant und befand sich greifbar in der Schublade? Oder hat die CSU schlicht und einfach auf die schlechten Umfrageergebnisse ihrer Partei bei gleichzeitiger Popularität des SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz reagiert?
Hoffjann: Beides. Dass eine "Linksrutsch"- oder "Rote Socken"-Kampagne immer eine Option ist, ist ja bekannt. Das ist nichts Neues. Weil es letztlich auch Chancen bietet: Es mobilisiert die eigene Klientel. Ich halte eine derartige Kampagne in ihrer Gesamtheit auch für legitim. Weil es den Menschen noch einmal die Tragweite ihrer Entscheidung verdeutlicht. Aber es birgt auch Risiken. Denn Scholz ist seit vier Jahren Vizekanzler in einer Großen Koalition und ist wirklich nicht als linker Eiferer aufgefallen. Wenn Scholz nun als linker Ideologe dargestellt wird, kann das Wähler in der bürgerlichen Mitte durchaus abschrecken.
Die "Linksrutsch"-Kampagne war daher selbstverständlich eine Option. Inwieweit das bereits in der Schublade gelegen hat, weiß ich nicht. Was allerdings überraschend war: Eigentlich sind solche 'Rote Socken'-Kampagnen eher etwas für die letzten zwei Wochen vor der Wahl. Es war schon auffällig, dass die jetzige Kampagne schon vor vier, fünf Wochen gestartet wurde, als die Umfragewerte in den Keller gegangen sind. Das zeigt auch noch einmal, wie überrascht die Union vom Aufstieg der SPD gewesen ist und deshalb so frühzeitig zum letzten Mobilisierungsmittel gegriffen hat.
Sind bezüglich der Kommunikationsstrategie der CSU merkliche Unterschiede im Vergleich zur letzten Bundestagswahl 2017 erkennbar?
Hoffjann: Nein, es gibt erstaunlich wenig Unterschiede. Erstaunlich deswegen, weil es beim letzten Mal ein Titelverteidiger-Wahlkampf war. Und jetzt gibt es eben keine Titelverteidigerin. Mein Eindruck ist, dass es vor allem bei der CDU kein Umdenken im Kopf gegeben hat – gemäß dem Motto: 'Dieses Mal müssen wir da ganz anders herangehen.' Sie haben sich vielmehr sichergewogen, dass das Kanzleramt in der Hand der Union bleibt.
Ebenfalls interessant: In Bamberg kämpfen zur Bundestagswahl im Wahlkreis Bamberg-Forchheim 14 Kandidaten um den direkten Einzug in den Bundestag. Die Wahlprognosen sehen bereits einen klaren Gewinner.
Wenns in der Politik nicht mehr klappt, können
Söder und Laschet ja einen Bratwurststand
eröffnen und drei im Weggla verkafe.
unser Herr Ministerpräsident nimmt den immer lächelnden Kanzlerkandidaten der CDU doch nicht für voll


Wenn's schief geht wird er sagen: "Ja Armin, das hast du mal schön vergeigt, wusst' ich doch"
Mal so nebenbei gefragt: brauchen wir einen KanzlerIn überhaupt?
Gute Frage
Brauchen wir so viele Parteien?
Brauchen wir so einen großen Bundestag?
Das macht irgendwann das Regieren unmöglich
Wie viele Parteien es gibt, obliegt der freien Entscheidung derer, die sie gründen. Denn die Koalitionsfreiheit ist im Grundgesetz festgelegt.
Wie viele Fraktionen sich im Bundestag finden, ergibt sich aus der freien Entscheidung der Wähler/innen, korrigiert durch den Filter der 5%-Hürde, welche - unter Inkaufnahme einer leichten Verzerrung des Wahlergebnisses - eine zu extreme Zersplitterung des Parlaments dämpft.
Die Zahl der Abgeordneten ergibt sich aus dem Wahlgesetz. In 299 Wahlkreisen werden Abgeordnete direkt gewählt. Das ist angesichts einer Bevölkerung von mehr als 80 Millionen Menschen selbst dann nicht viel, wenn die (noch) nicht Wahlberechtigten abgezogen werden.
Ebenfalls 299 Mandate werden über die Zweitstimme für die Partei vergeben. Aus diesen ergeben sich die Mehrheitsverhältnisse. Die jedoch werden verfälscht, erringt eine Partei mehr Direktmandate als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen. Daher dienen Ausgleichsmandate der notwendigen Korrektur.
Rechnerisch ergibt sich ganz logisch: Je mehr Parteien vertreten sind, desto wahrscheinlicher sind Überhang- und damit Ausgleichsmandate. Dem könnte ohne Verzerrung des Wahlergebnisses nur wirksam begegnet werden, indem die Zahl der Wahlkreise verringert wird, sie somit erheblich größer würden. Damit ginge der direkte Draht der Abgeordneten zu den von ihnen vertretenen Menschen noch weiter verloren.
Die Regierungsfähigkeit wird nicht durch die Größe des Parlaments beeinträchtigt. Denn Regieren ist nicht Aufgabe des Bundestags, sondern des Kabinetts. Ein größerer Bundestag hingegen ermöglichte, wenn man wollte, mehr Arbeitsteilung und damit effektivere Parlamentsarbeit.
Tatsächliche Schwachstellen sind übertriebener Fraktionszwang und damit einhergehende Meinungskonformität, die Mandatsausübung in den Hintergrund treten lassende "Nebentätigkeiten" und die starke Bindung an Lobbyinteressen, welche viel zu oft dem Gemeinwohl widersprechen.
leider alles wahr


wie kommen wir ohne eine Revolution nur aus diesem Dilemma raus
Mit der Wahl hat das ja jetzt wieder mal nicht geklappt