Architekt Heinz Rosenberg hat 40 Jahre Berufserfahrung. Aber einen so aufwändigen Abbau alter Mauern wie derzeit in Bamberg hat er noch nicht betreut.
Ein normaler Abbruch ginge schneller und billiger. Doch die Sterzersmühle ist alles andere als eine normale Baustelle. 70 Jahre nach ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg werden ihre Reste jetzt Stein für Stein und so behutsam abgetragen, dass man sie später wieder verwenden kann.
Architekt Heinz Rosenberg führt beim Neubau an Stelle der Mühle Regie und wickelt auch deren Rückbau ab. Wir ließen uns von ihm erklären, worauf es dabei ankommt.
Erster Schritt war eine maßgenaue Dokumentation des Mauerwerks durch den Bamberger Architekturfotografen Uwe Gaasch. Auf seinen Bildern ist jeder Steinreihe ein Buchstabe zugewiesen, jedem Stein zusätzlich eine Nummer.
Auch jedes andere Detail ist zu sehen: die unterschiedlichen Fugenbreiten, jede Beschädigung, jede spätere Zutat wie die Porzellan-Isolatoren aus den Anfängen der Elektrifizierung oder Bestandteile eiserner
Zuganker, die schon vor 1945 das Mühlengebäude zusammengehalten haben.
Für jeden Stein ließ der Architekt eine nummerierte Aluplakette anfertigen. Diese wird in die Oberseite des jeweiligen Quaders gedübelt, erst dann wird dieser aus dem Mauerwerk gelöst. Wie einmalig diese Vorgehensweise ist, belegt Rosenbergs Antwort auf die Frage, wie oft er in 40 Berufsjahren schon so verfahren ist: "Ich hab's noch nie gemacht."
Die Nummerierung nehmen die Steinmetze der Firma Bauer-Bornemann vor, die die Sandsteinmauer lösen und Reihe für Reihe abtragen. Die gröbsten Mörtelreste an den Quadern entfernen sie noch an Ort und Stelle.
Danach wird jeder Stein einzelnen per Spezialzange und Kran (4) sanft auf die Ladefläche eines Lastwagens gehievt.
Das Mühlengebäude, dessen Reste jetzt abgetragen werden, stammt aus dem 19. Jahrhundert. Die Quader sind im Schnitt 25 Zentimeter stark und stammen wohl aus dem Steigerwald. Sie werden bis zu ihrer Wiederverwendung von der Firma Bauer-Bornemann eingelagert.
Der Aufwand wird betrieben, um die alte Mauer - ein den Bambergern vertrauter Anblick - später dem Erdgeschoss des Neubaus vorzublenden. Das hat die Stadt dem Bauherrn, Johannes Kraus, zur Auflage gemacht.
Dieser errichtet an Stelle der Sterzersmühle ein modernes Haus, das über einem Wasserkraftwerk ein Lokal und das künftige Welterbe-Besucherzentrum beherbergen wird.
Ohne Mitwirkung des städtischen Baureferenten könnte das Vorhaben gelingen...