Bamberger Sortengarten: Erdäpfel sind im Trockenen

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Die Kartoffelernte im Bamberger Sortengarten war vom Wetter begünstigt. Foto: Matthias Hoch
Die Kartoffelernte im Bamberger Sortengarten war vom Wetter begünstigt. Foto: Matthias Hoch
Blick in den Bamberger Sortengarten. Die Häuser im Hintergrund stehen an der Spitalstraße. Foto: Matthias Hoch
Blick in den Bamberger Sortengarten. Die Häuser im Hintergrund stehen an der Spitalstraße. Foto: Matthias Hoch
 
Zwei der vier Sorten Erdäpfel, die heuer im Sortengarten angepflanzt wurden. Foto: Matthias Hoch
Zwei der vier Sorten Erdäpfel, die heuer im Sortengarten angepflanzt wurden. Foto: Matthias Hoch
 
Foto: Matthias Hoch
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Ulrike Aas mit der alten Haussorte einer birnenförmigen Zwiebel. Foto: Matthias Hoch
Ulrike Aas mit der alten Haussorte einer birnenförmigen Zwiebel. Foto: Matthias Hoch
 
Der achtjährige Nick war der jünste Erntehelfer. Foto: Matthias Hoch
Der achtjährige Nick war der jünste Erntehelfer. Foto: Matthias Hoch
 

Ein noch junger Verein ist in Bamberg angetreten, das immaterielle Welterbe der Gärtnerei vor dem Aussterben zu bewahren. Im Frühjahr und Sommer wird gemeinsam gearbeitet und geerntet, wie jüngst vier Sorten Kartoffeln, im Winter kocht man zusammen. Selbst gewonnener Samen erfreut sich als Bamberg-Souvenir wachsenden Zuspruchs.

"Linda" fühlt sich im Sortengarten an der Mittelstraße wohl. Das sieht sogar ein Laie: Wahre Prachtexemplare der klassischen Kartoffelsorte füllen eine ganze Kiste.
Dagegen ist die Ernte beim "Bamberger Hörnla" und erst recht bei der "Schwarz-Blauen aus dem Frankenwald" eher mäßig ausgefallen. Letztere brauche wohl ein kühleres Klima, mutmaßt Gertrud Leumer.

Leumer ist Erste Vorsitzende des Vereins "Bamberger Sortengarten - Grünes Erbe Bamberg" und die Fachfrau unter den Mitgliedern, die sich kürzlich zur Kartoffelernte im Sortengarten getroffen haben. Sie hatten Wetterglück, denn der Regen kam erst danach. Die fleißigen Hände konnten die Erdäpfel recht mühelos aus dem dunklen sandigen Boden holten.

Vier Sorten Kartoffeln im Vergleich baute der Verein heuer an. Die Mitglieder wollen sie im Lauf der nächsten Monate gemeinsam verkosten.
Wenn das Gartenjahr vorbei ist, hört das Vereinsleben nicht etwa auf. Dann wird es richtig gemütlich, wie die Vorsitzende berichtet: "Von April bis Oktober arbeiten wir zusammen im Garten, im Winter wird gekocht."

Das Grundstück, auf dem heuer wohl an die 40 Sorten typisch fränkischer Gemüse gedeihen oder schon geerntet wurden, gehört Ulrike Aas und ihrer Familie. Sie wohnen direkt neben dem Gärtner- und Häckermuseum und haben für die Idee eines Sortengartens etliche Quadratmeter zur Verfügung gestellt.
Als Zweite Vorsitzende legt Ulrike Aas zwischen den wöchentlichen Treffen der Gartengruppe auch Hand an und gießt bei Bedarf. Eine große Entlastung sei das für die erst wenigen Aktiven, so Leumer.

Der Vereinsname "Bamberger Sortengarten - Grünes Erbe Bamberg" ist Programm. Die bislang rund 40 zahlenden Mitglieder führen ehrenamtlich ein Projekt fort, das vom Zentrum Welterbe Bamberg im Jahr 2012, zur Landesgartenschau, ins Leben gerufen wurde.

Ziel ist es, vom Aussterben und Vergessen-Werden bedrohte alte Gemüsesorten zu retten, die für Bamberg und Umgebung typisch sind. Außerdem hat man sich zur Aufgabe gemacht, das Wissen um den Anbau und die Pflege alter Nutzpflanzen weiterzugeben.

Fast vergessenes Gemüs' im Beet

So finden Besucher im Sortengarten unbekannte Vitaminspender wie die Gelbe Speisemelde, eine Vorläuferin des Spinats. Und Weiße Rüben, die nach Meinung der beiden Vorstandsfrauen zu Unrecht verrufen seien. Das komme wohl daher, dass viele Ältere dieses Gemüs' mit der "schlechten Zeit" in Verbindung bringen, als es außer Rüben wenig anderes zu essen gab.

Neben den abgeernteten Kartoffelbeeten fällt ein fast mannshohes Kraut mit winzigen weißen Blüten auf. So also sieht blühender Rettich aus! Leumer macht auf die vielen Schoten am Rettichkraut aufmerksam, pflückt eine, drückt sie auf und hat Rettich-Samen in der Hand. Der Verein wolle auch erklären, was fast niemand mehr weiß, betont Leumer: wie man Saatgut gewinnt.

Erste selbst gewonnene Samen für die Bamberger Zwiebel, Bohnen, Gelbe Speisemelde und Erbsen gibt es inzwischen in kleinen Tütchen. Sie werden gegen eine Spende abgegeben. Die Sämereien würden sich schon zu einem beliebten Bamberg-Souvenir entwickeln, berichtet Ulrike Aas. Der Vorteil liegt für sie auf der Hand: "Gemüse kauft kein Tourist. Der Samen ist 'was, was man mitnehmen kann".

Samen als Souvenir

Zu haben sind die Samentütchen im Gärtner- und Häckermuseum, Mittelstraße 34. Der Sortengarten grenzt östlich an den Museumsgarten an, hat mit diesem aber nur insofern zu tun, als der Zugang für Besucher über das Museum (Mittwoch und Sonntag von 11 bis 17 Uhr geöffnet) stattfindet und im Eintrittspreis eingeschlossen ist.
Es gibt auch die ersten Rezeptkarten des Sortengarten-Vereins. Mit ihren appetitlichen Gemüse-Fotos sollen sie Betrachter (wieder) auf den Geschmack bringen, mit regionalem Gemüse zu kochen. Die Rezepte hat man bei gemeinsamen Essen ausprobiert.

Stolz sind Leumer, Aas und ihre vorwiegend weiblichen Mitstreiterinnen darauf, dass über das Projekt "Urbaner Gartenbau" schon eine verschollen geglaubte Zwiebelsorte vor dem Aussterben gerettet wurde: die Bamberger birnenförmige Zwiebel.

Von anderen alten Haussorten sucht man bislang vergeblich nach Samen, zum Beispiel von der Schwarzwurzel - auch so ein Gewächs, für das die Bamberger Gärtnerei früher bekannt war.

Von unschätzbarem Wert

Was den Wert der nur noch wenig verbreiteten Lokalsorten ausmacht, wird im Faltblatt des Vereins beschrieben. Sie seien "optimal an die vorherrschenden Klima- und Bodenbedingungen angepasst und daher widerstandsfähig und relativ anspruchslos". Weiter heißt es: "Gleichzeitig besitzen sie durch ihre genetische Ausstattung eine geschmackliche Vielfalt, die sich in vielen historischen Gerichten wiederfindet."

Kein Wunder, dass die alten Gärtner ihre Samen wie einen Schatz gehütet haben. Gertrud Leumer jedenfalls, selbst Spross einer Gärtnerfamilie, behauptet das. Die Bambergerin zitiert grinsend einen Spruch, der früher öfters zu hören gewesen sein soll: "Mei Dochdä kannsd hamm, mein Sama ned!"


Der Verein und seine Vereinsziele in Kürze

Verein: Er heißt "Bamberger Sortengarten - Grünes Erbe Bamberg", wurde am 1. Januar 2014 gegründet und zählt bisher rund 40 Mitglieder. Der vereinseigene Sortengarten liegt mitten in der Gärtnerstadt, in der Mittelstraße.

Ziel: Der Verein will das Aussterben alter regionaler Gemüsesorten stoppen sowie das Wissen um Anbau und Pflege des immateriellen Erbes weitergeben.

Beitrag: Mitglieder zahlen 35 Euro im Jahr. Die Gartenarbeit leistet eine Gruppe, die sich dienstags ab 17 Uhr trifft.

Kontakt: Wer an einer Mitgliedschaft oder Führung interessiert ist, sollte sich per Mail an bamberger-sortengarten-ev@web.de wenden.