In einem Bamberger Gebäude findet sich das Schild einer Bushaltestelle. Auch einen Fahrplan und eine Sitzbank gibt es in dem langen Flur. Diese Attrappe hat eine wichtige Funktion, wie inFranken.de erfährt.
Menschen können in Bamberg an einem besonderen Haltestellenschild auf einen Bus warten - kommen wird dieser allerdings nie. Das Zeichen für den öffentlichen Personennahverkehr ragt in einem langen Hausflur aus der Wand. Unter dem Schild steht eine Holzbank. Auch ein Fahrplan ist ausgehängt.
Bei der Haltestelle handelt es sich gleichwohl um die Nachbildung einer echten Station. "Die haben wir schon sehr lange", erklärt Monika Schuhmann von der Bamberger Caritas im Gespräch mit inFranken.de. Die sogenannte Scheinhaltestelle steht im Altenpflegezentrum St. Otto in der Hainstraße im Süden der Domstadt. Die Attrappe kommt vornehmlich in der Pflege von Demenzkranken zum Einsatz.
Bushaltestelle in Bamberger Altenheim ist für Demenzkranke da - das soll sie bewirken
"Das Ganze habe ich damals persönlich initiiert", berichtet Schuhmann, die schon seit 1986 als Pflegefachkraft arbeitet. Vor acht Jahren wandte sie sich schließlich an die Bamberger Stadtwerke. Dort habe man das Anliegen gern unterstützt. "Die Mitarbeiter waren sehr kooperativ und haben gleich gesagt, wir sollen vorbeikommen. Die Stadtwerke haben uns dann das Bushaltestellenschild geschenkt." Im Anschluss daran wurde eigens ein Airbrusher engagiert. Mit einer speziellen Maltechnik zauberte der Designer das Motiv eines Haltestellenhäuschens samt angrenzender Bäume an die Flurwand der Pflegeeinrichtung.
Die fiktive Busstation soll Heimbewohner mit Demenz davon abhalten, das Gebäude zu verlassen. "Ziel war es, dass keine Menschen mehr weglaufen", erläutert Schuhmann. "Auf der Bank kann man sich richtig hinsetzen." Senioren mit gestörtem Kurzzeitgedächtnis kann die Scheinhaltestelle gewissermaßen auch als Ritual dienen. Das vermeintliche Warten auf einen Bus erinnert sie an frühere Zeiten, als sie noch selbstständig mit dem Stadtbus unterwegs waren.
Im Zuge einer gerontopsychiatrischen Fortbildung habe sie seinerzeit von der besonderen Maßnahme für Personen mit Demenz und Alzheimer erfahren, berichtet Schuhmann. Die nachgebildeten Haltestellen finden inzwischen in zahlreichen Pflegeeinrichtungen Verwendung.
Haltestelle dient Heimbewohnern vor allem als Ruheoase - "ein richtiger Eyecatcher"
"Dass sich jemand hinsetzt und tatsächlich mit dem Bus wegfahren will, kommt aktuell aber nicht vor", konstatiert die Pflegefachkraft. Den Bewohnern des Bamberger Otto-Heims diene die Einrichtung derzeit "eher als Ruheoase". In Anspruch genommen wird die Sitzbank demnach nicht nur von Demenzkranken. "Es ist eine gemischte Station. Wir haben natürlich viele demente Bewohner, aber auch solche, die geistig topfit sind."
Schuhmann selbst ist von dem Haltestellenmotiv im Hausflur nach all den Jahren noch immer angetan. "Das ist ein richtiger Eyecatcher", sagt sie. "Unser Haustechniker hat sogar noch einen Fahrplan mit verschiedenen Bamberger Buslinien montiert. Das Airbrush hat damals ein paar Hundert Euro gekostet." Die Wandgestaltung wurde durch den Förderverein der Bamberger Caritas-Altenheime finanziert. Ziel des Fördervereins ist es laut Angaben des Seniorenzentrums unter anderem, den Hausbewohnern einen zufriedenen und ausgefüllten Lebensabend zu bieten.