Bamberg will die Mietpreise an die Kette legen

3 Min

In Bamberg soll die maximale Mietpreiserhöhung auf 15 Prozent gedeckelt werden. Der Vorstoß der Politik löst selbst bei Mieterschützern wenig Begeisterung aus. Grund: Die Ursache des Kostendrucks wird durch die Preisbremse nicht beseitigt.

Die 83-jährige Antonie G. ist eine jener Vermieterinnen, die dafür sorgen, dass Bamberg immer noch ein günstiges Pflaster ist, zumindest teilweise. Erhöht wurde die Miete in ihrem Haus nur im Abstand von vielen Jahren, und deshalb ist es auch heute noch konkurrenzlos günstig, hier zu leben. 276 Euro kostet die 70-Quadratmeter-Wohnung in der Wunderburg.

Hört man Martina Bauernschmitt vom Verein der Haus- und Grundbesitzer, dann ist der Fall Antonie G. gar nicht so selten, wie man angesichts der viel zitierten Wohnungsnot glauben sollte. Es gebe in Bamberg immer noch viele Vermieter, die die gesetzlichen Möglichkeiten bei weitem nicht ausschöpfen, sagt Bauernschmitt. Das hat dazu geführt, dass zwischen den Bestandsmieten und den Preisen bei Neuvermietungen in Bamberg mittlerweile Gräben klaffen.


Dennoch sind es gerade Vermieter mit langjährigen Mietverhältnissen, die über eine Verordnung künftig in Bamberg zu einer Entspannung auf dem Mietpreismarkt beitragen sollen. Grund: Vor wenigen Tagen hat der Stadtrat beschlossen, die maximale Mietpreiserhöhung in der Stadt binnen drei Jahren von 20 auf 15 Prozent zu begrenzen. Grundlage für den Antrag auf Aufnahme in eine Rechtsverordnung ist ein Mietrechtsänderungsgesetz, das im Mai 2013 in Kraft trat. Es soll in Städten mit besonders angespanntem Wohnungsmarkt die Lage der Mieter verbessern.

Einstimmiger Beschluss
Die Initiative des SPD-Vorsitzenden Wolfgang Metzner fiel bei seinen Stadtratskollegen auf fruchtbaren Boden, der Beschluss wurde einstimmig gefällt: "Diese Regelung ist legitim. Wir haben seit Jahren ähnliche Verhältnisse wie in München", sagte Peter Neller (CSU). Auch Heinz Kuntke (SPD) sprach von einer Mietpreisexplosion und bemängelte, dass der soziale Wohnungsbau zum Erliegen gekommen sei. Dass dort etwas passieren müsse, findet auch Herbert Lauer (FW). Wenn demnächst der neue Mietspiegel vorgelegt wird, fürchtet er eine Preiserhöhungswelle.

Der Stimmungslage im Stadtrat zum Trotz ist das Echo beim Mieterverein in Bamberg eher verhalten. Vorsitzender Thomas Kliemann glaubt nicht daran, dass sich durch die Preisbremse am Wohnungsmarkt in Bamberg viel ändern wird. Der Grund: Die Neuregelung trifft vor allem jene Vermieter, die mit ihren Preisen deutlich unter dem Niveau von Neuvermietungen liegen - sei es aus Gutmütigkeit heraus oder weil sie Auseinandersetzungen mit den Mietern scheuen.

Unberührt von der Kostenbremse bleibt dagegen der Sektor, von dem der größte Druck in Bamberg ausgehe - die Neuvermietungen, bei denen der Markt in vollem Umfang ausgereizt werden kann. So seien Neubauwohnungen in Bamberg kaum mehr unter 8,50 Euro pro Quadratmeter zu haben, teils liegen sie sogar deutlich darüber. Kliemann mag nicht ausschließen, dass durch die neue Kappungsgrenze die Neigung bei Vermietern steigt, Preisanhebungen mit einer Modernisierung zu begründen. Für sie erlaubt das Bürgerliche Gesetzbuch, die Miete um elf Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten im Jahr anzuheben - ein umstrittenes Gesetz, das beispielsweise dem Bamberger Maler Michael Cleff Anfang 2012 eine Mietpreiserhöhung von 475 Prozent bescherte.

"Mit dem Vorschlag des Stadtrats wird wieder einmal nur an den Symptomen kuriert", lautet das Fazit von Kliemann. Was aber sind die Ursachen der vergleichsweise hohen Wohnungspreise in Bamberg? Gutachter Klaus-Peter Möller hat der Stadt unlängst bescheinigt, auf gleicher Höhe mit Frankfurt und Düsseldorf und deutlich über Berlin zu liegen.

Mietwohnungsbau am Boden
Für Martina Bauernschmitt vom Verein der Haus- und Grundbesitzer in Bamberg liegen die Gründe auf der Hand. Das Angebot ist knapp, die Nachfrage hoch, und es wird seit Jahren zu wenig gebaut in Bamberg. Das wiederum hänge mit den überschaubaren Renditen zusammen, die der Mietwohnungsbau verspricht. Eine Initiative wie sie im Stadtrat beschlossen wurde, sei für die Masse ihrer 4300 Vermieter und Hausbesitzer ärgerlich, denn viele Eigentümer hätten seit Jahren die Mieten nicht erhöht - weil der Mieterschutz ortsübliche Vergleichsmieten verlangt und langwierige Prozesse nicht auszuschließen sind. "Man braucht sich nicht zu wundern, dass der Mietwohnungsbau in Bamberg am Boden liegt", sagt Bauernschmitt.

In die gleiche Scharte schlägt Thomas Winkler, Leiter der Immobilienabteilung der Sparkasse Bamberg. Wegen der hohen Grundpreise in Bamberg und der in den letzen Jahren stark gestiegenen Baukosten sei der Mietwohnungsbau unter 3000 Euro pro Quadratmeter kaum noch rentabel. Ob angesichts solcher Zwänge eine Mietpreisbremse den erhofften Effekt bringt, stellt Winkler in Frage: "Allzu viel Reglementierung hilft uns nicht weiter."

Von einem falschen Signal spricht auch Heiner Kemmer, Chef des stadteigenen Wohnungsbauunternehmens Stadtbau. "Alle fordern, dass mehr gebaut wird, gleichzeitig verschlechtert man die Situation für die Eigentümer." Kemmer widerspricht der Behauptung, die Stadtbau stelle nicht genügend preiswerten Wohnbau für einkommensschwächere Bevölkerungsschichten zur Verfügung. Bei ihren 4000 Einheiten liegt der mittlere Mietpreis nach seinen Angaben bei 4,80 Euro. Auch er bestätigt, dass der Bau neuer Sozialwohnungen sich nicht rechnet. "Selbst wenn Sie ein Grundstück geschenkt bekommen und nur die Herstellungskosten rechnen, landen Sie am Ende bei sieben Euro pro Quadratmeter."

Lade TED
 
Ted wird geladen, bitte warten...