Bamberg vor besonderer Brückenbaustelle

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Seit 170 Jahren funktioniert sie zuverlässig: Die Zugbrücke am Mühlwörth ist Teil des technischen Denkmals, das die Schleuse 100 am alten Ludwig-Donau-Main-Kanal darstellt. Foto: Ronald Rinklef
Seit 170 Jahren funktioniert sie zuverlässig: Die Zugbrücke am Mühlwörth ist Teil des technischen Denkmals, das die Schleuse 100 am alten Ludwig-Donau-Main-Kanal darstellt. Foto: Ronald Rinklef
Vorarbeiter Andreas Betz betätigt die Kurbel, um die Zugbrücke hoch zu fahren. Foto: Ronald Rinklef
Vorarbeiter Andreas Betz betätigt die Kurbel, um die Zugbrücke hoch zu fahren. Foto: Ronald Rinklef
 
Die Kurbel bewegt das Gegengewicht: einen Kasten voller Steine.Foto: Ronald Rinklef
Die Kurbel bewegt das Gegengewicht: einen Kasten voller Steine.Foto: Ronald Rinklef
 
Flussmeister Albert Groh demonstriert, wie morsch etliche Balken sind: Er kann das Holz mit den Fingern lösen. Foto: Ronald Rinklef
Flussmeister Albert Groh demonstriert, wie morsch etliche Balken sind: Er kann das Holz mit den Fingern lösen. Foto: Ronald Rinklef
 

Die Eichenbohlen der Zugbrücke am Mühlwörth werden ausgewechselt. Für die Dauer der Baustelle wird am Wochenende ein Behelfssteg errichtet.

Sigrid Köstner freut sich: "Des hab' ich noch nie gesehen. Und ich bin Bambergerin!" ruft die Frau, als sie dazu kommt, wie Andreas Betz gerade die Zugbrücke an der Schleuse 100 in die Höhe kurbelt. Betz ist Vorarbeiter beim Wasserwirtschaftsamt (WWA) Kronach und demonstrierte am Mittwoch gemeinsam mit Flussmeister Albert Groh, wie die Brücke funktioniert. Es ist ein selten gewordenes Schauspiel.



Anlass für einen Pressetermin vor Ort war die bevorstehende Sperrung der einzigen Zugbrücke in der Talstadt. Ab Montag und bis voraussichtlich 6. Oktober ist sie gesperrt, weil ihr Belag erneuert werden muss. Dass das kein Luxus ist, führt Groh an einer Eichenbohle vor: Das Holz ist so morsch, dass er ein Stück mit bloßen Fingern aus dem Balken holen kann.

In den wenigen Minuten, in denen die Schleusenbrücke am Mittwoch Vormittag nicht passierbar ist, kommen beidseits etliche Fußgänger und Radfahrer an. Das zeigt, wie frequentiert der Weg vom Mühlwörth in den Hain und umgekehrt auch unter der Woche ist, auch schon früh um 10 Uhr.

Den vielen Nutzern des Uferwegs zuliebe lässt das Wasserwirtschaftsamt deshalb eine Behelfsbrücke errichten. Die Ortsgruppe des Technischen Hilfswerks habe sich spontan bereit erklärt, diese zu bauen, lobt Groh. Am Samstag ab 9 Uhr soll der Steg neben der Brücke entstehen und bleiben, bis die Baustelle beendet ist.

Damit der neue Belag nicht schon wieder nach 15 Jahren ausgedient hat, wie es jetzt der Fall ist, setzt der Flussmeister auf Eichenholz von besonderer Güte. Es handelt sich um speziell geschnittene Bohlen (kerngetrennt) aus länger gelagerten Eichenstämmen.

Im Gegensatz zum Holz ist die Mechanik der Zugbrücke so alt wie der frühere Ludwig-Donau-Main-Kanal und die dazu gehörige Bamberger Schleuse: 170 Jahre. Außer gelegentlich etwas Schmieröl braucht sie keine Wartung. Kurbel, Zahnräder und Gegengewicht befinden sich auf der Seite der Walkspundmühle.

Die Kurbel ist oberirdisch eingehaust, das Gewicht in einem Schacht den Blicken verborgen. Es besteht aus einem mit Steinen gefüllten Kasten. Groh schätzt ihr Gewicht auf sieben Tonnen. Für ihn stellt die Zugbrücke den technisch anspruchsvollsten Teil des Schleusen-Ensembles dar, das als Denkmal ersten Ranges gilt.

Der Zugmechanismus wird nicht mehr oft gebraucht. Laut Schleusenwärter Hans Werner Mayer ist es nur noch zwei Mal im Jahr der Fall: im Frühjahr und im Herbst, wenn die Fußgänger- und Radfahrer-Fähre des Don-Bosco-Jugendwerks zu Saisonbeginn in den linken Regnitzarm und dann wieder ins Winterquartier gebracht wird.

Bis in die 1960er Jahre, solange es die "Haindampferla" gab, war der Schleusenwärter wohl täglich an der Brücke gefordert. Wenigstens zwei Mal am Tag habe sie hochgezogen werden müssen, erzählt Mayer: Eines der beiden Ausflugsschiffe sei vom Mühlwörth nach Bug gefahren, das andere nach Klein-Venedig. Dazu musste es Brücke und Schleuse passieren.