Druckartikel: Bamberg: Stadträte nach Brief von Klimaaktivisten empört - "nennt man Erpressung"

Bamberg: Stadträte nach Brief von Klimaaktivisten empört - "nennt man Erpressung"


Autor: Daniel Krüger

Bamberg, Dienstag, 07. März 2023

Aktivisten der "Letzten Generation" hatten mit einer "maximalen Störung der öffentlichen Ordnung" gedroht, wenn das Bamberger Rathaus ihre Forderungen nicht öffentlich unterstützt. Dass OB Andreas Starke (SPD) darüber diskutieren lassen will, sorgt bei mehreren Stadträten für Empörung.
Werden die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" künftig häufig Bamberger Straßen blockieren? Ein Brief der Gruppe sorgt in der Lokalpolitik für Verärgerung.


Nach einem Brief von Mitgliedern der "Letzten Generation" an die Bamberger Stadtspitze haben sich mehrere Stadträte klar gegen mögliche Gespräche mit den Aktivisten und Aktivistinnen positioniert. In einem Dringlichkeitsantrag für die nächste Stadtratssitzung ist die Rede von einer "Erpressung", auf welche die Stadtverwaltung sich keinesfalls einlassen dürfe. 

Die "Letzte Generation" fordert einen deutschlandweiten "Gesellschaftsrat Klima", in welchem Bürger und Bürgerinnen unter Expertenrat für die Bundesregierung verpflichtende Lösungen in Hinblick auf "Nullemissionen bis 2030 in Deutschland" erarbeiten sollen. Die Bürgermeister von Hannover, Tübingen und Marburg haben ihre grundsätzliche Unterstützung der Idee bekundet. Die Aktivistengruppe hat der Stadt Bamberg mit einer "maximalen Störung der öffentlichen Ordnung" gedroht, sollte sie dies nicht ebenfalls tun. Bei positiver Rückmeldung werde man den Protest hingegen "dauerhaft beenden", heißt es in dem Schreiben von Ende Februar. 

Hat sich die "Letzte Generation" strafbar gemacht? Bamberger Stadträte fordern rechtliche Prüfung

Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) bezeichnete diese "Drohung" gegenüber inFranken.de als "inakzeptabel". Trotzdem wolle er "allen Fraktionen und Gruppierungen die Möglichkeit zur Meinungsbildung eröffnen" und habe das Thema daher am 17. März 2023 auf die Tagesordnung des Ältestenrats gesetzt. Das habe er der "Letzten Generation" auch "unverzüglich" mitgeteilt. Klimareferent Jonas Glüsenkamp (Grüne) zeigt Gesprächsbereitschaft und verweist auf Tübingen und Co. Hier habe man die Forderung unterstützt, allerdings ohne Bezug auf das "Angebot", keine Proteste mehr durchzuführen. Könnte die "Letzte Generation" in Bamberg also doch ihr Ziel erreichen?

Bei Claudia John (FW), Daniela Reinfelder (BuB), Martin Pöhner (FDP) und Klaus Stieringer aus dem Bamberger Stadtrat stoßen jegliche Gespräche mit der Gruppierung auf strikte Ablehnung. In einem Dringlichkeitsantrag heißt es, die Verwaltung solle rechtliche Schritte prüfen, "inwieweit sich die Mitglieder der „Letzten Generation“ durch die von ihr angedrohte 'maximaler Störung der öffentlichen Ordnung' gegenüber der Stadt der versuchten Nötigung strafbar gemacht haben könnte". Zur Begründung heißt es, die große Mehrheit des Stadtrates teile das "erklärte Ziel der 'Letzten Generation', beschleunigt gegen den Klimawandel zu kämpfen, grundsätzlich". 

Auch habe man Verständnis dafür, dass mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen auf die "drohende Klimakatastrophe" hingewiesen werden soll. "Wer Denkmäler beschädigt oder gefährdet, Straßen durch Ankleben blockiert und damit möglicherweise Menschen gefährdet oder mit Erpressung versucht, eigene Ziele auf Kosten der Allgemeinheit durchzusetzen, darf aber nach der festen Überzeugung der Unterzeichner niemals ein potenzieller Verhandlungspartner für die Stadt Bamberg sein", heißt es in dem Antrag. 

Warnung an Starke und Glüsenkamp zu möglichen Gesprächen - "schadet als gewählter Vertreter der Demokratie"

"Die Androhung der sogenannten 'Letzten Generation', dass man in Bamberg 'für eine maximale Störung der öffentlichen Ordnung sorgen werde', wenn aus dem Rathaus keine öffentliche Unterstützung für eine explizite Forderung der 'Letzten Generation' signalisiert werde", nenne man "nach Ansicht der Unterzeichner landläufig Erpressung". Es handle sich um "keine Ausdrucksform legitimen Protests", so die Stadträte und Stadträtinnen.  Die Vorgehensweise der 'Letzten Generation' verstoße nach Ansicht der Antragsteller gegen "jegliche demokratische Ordnung und darf deshalb auch nicht von einem demokratisch gewählten Gremium in Betracht gezogen werden".

Auch die Forderung der "Letzten Generation" nach einem Gesellschaftsrat lehne man ab. "Nach unserer Überzeugung müssen politische Entscheidungen in einem demokratischen System nicht von 'Räten', sondern von den demokratisch gewählten Volksvertretern getroffen werden", heißt es im Antrag. In Richtung des Bamberger Rathauses richten die Mitglieder des Stadtrats eine deutliche Warnung: "Wer meint, Straftaten und politischen Erpressungsversuchen damit begegnen zu können, indem er sich deren Forderungen zu eigen macht, nur damit Ruhe ist, der schadet als gewählter Vertreter der Demokratie insgesamt."

Ein Sprecher des Protestteams der "Letzten Generation", die am vergangenen Donnerstag (2. März 2023) den Bamberger Reiter im Dom mit einer Augenbinde und einem "Tag X"-Kreuz versehen hatten, sieht das Vorgehen seiner Gruppe hingegen nicht problematisch. "Wir werten es keineswegs als Erpressung, wenn wir in einer Extremsituation diesen ungewohnten Druck aufbauen. Wir sehen dies als völlig legitim und demokratisch an und sind das unseren Kindern und Enkeln schuldig", so der Klimaaktivist. Andere Aktionen, wie etwa Proteste vor Parteizentralen, hätten aus seiner persönlichen Sicht "viel zu wenig Aufmerksamkeit erreicht". Er hoffe nun sogar darauf, dass "Letzte Generation und Lokalpolitik ins Gespräch kommen".