Bamberg soll ein "schiefes Haus" bekommen

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Traditionalisten fürchten einen Präzedenzfall: Der Entwurf von Matthias Bornhofen sieht ein gläsernes Haus mit schiefer Traufkante an der Kettenbrücke vor.
Traditionalisten fürchten einen Präzedenzfall: Der Entwurf von Matthias Bornhofen sieht ein gläsernes Haus mit schiefer Traufkante an der Kettenbrücke vor.
Wohnen unter einer schrägen Dachtraufe kann durchaus großzügig sein: Durch die großen Fensterflächen schweift der Blick Richtung Kettenbrücke. Grafik: Architekturbüro Bornhofen
Wohnen unter einer schrägen Dachtraufe kann durchaus großzügig sein: Durch die großen Fensterflächen schweift der Blick Richtung Kettenbrücke.   Grafik: Architekturbüro Bornhofen
 
Nächtliche Ansicht
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Die Pläne für das gläserne Haus mit der schiefen Traufkante provozieren und finden Beifall. Auch zwischen Stadtrat und Experten klafft ein Graben.

Es ist ein Gebäude, das für Transparenz steht und doch Verwirrung stiftet. Die Pläne des Bamberger Architekten Matthias Bornhofen heizen eine in Bamberg bereits schwelende Debatte an: Darf man auf einer Baulücke an der Kettenbrückstraße modern bauen - so, dass man kaum darüber hinwegsehen kann? Sollten sich hinzukommende Bauwerke nicht besser in das Ensemble eines reichen historischen Erbes einfügen? Wäre es am Ende gar sinnvoll, das Barockhaus wieder erstehen zu lassen, das hier bis zu einem Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg stand?

Am 15. Mai wurde das "Glashaus an der Kettenbrücke" auf unserer Internetseite infranken.de erstmals einem breiteren Publikum vorgestellt. Wer die Kommentarspalte liest, stößt vorwiegend auf Ablehnung, was nach dem Streit um die Unteren Mühlen nicht allzu sehr überrascht. Etwa so: "Alles Alte ist schön, alles Moderne hässlich! Wehrt Euch gegen diese Bausünde!" Da ist unvermeidlich von einem "Glaspalast" die Rede und es wird über einen "Monolith" geschimpft, der sich nicht mit der Umgebung befassen wolle, sondern lediglich das Ego des Erbauers in Beton gieße.


"Bamberg, trau dich!"

Aber auch die Gegenseite meldet sich zu Wort: "Ein schöner Entwurf, der sich gut in den Bestand eingliedert", schreibt ein Befürworter unter der Überschrift "Bamberg trau dich!"

Der 31-jährige Planer Bornhofen kann mit der Kontroverse um seinen Entwurf gut leben. "Es wäre schlimm, wenn es anders wäre. Das hieße ja, dass wir ein völlig unauffälliges Gebäude entworfen hätten." Die Kritik, dass zu wenig Rücksicht auf die Nachbarbebauung genommen werde, weist er aber zurück. Aus seiner Sicht ermöglicht die schräge Traufe den schwierigen Dachanschluss zum Eckgebäude links, ein Kunstgriff, der weitere Vorteile bringe: eine großzügige Wohnung mit faszinierenden Ausblicken auf die Kettenbrücke (Bild unten) und eine ruhige Dachlandschaft, die dem bereits vorliegenden Entwurf des ehemaligen Eigentümers gefehlt habe. Bornhofen findet es auch unangemessen, den von Nachkriegsbauten geprägten Platz um die Kettenbrücke mit dem "Kernbereich der Bamberger Altstadt" zu vergleichen. Wo, wenn nicht hier, könne moderne Architektur entstehen?

Freilich: Hinter den Kulissen geht es nicht nur um die Frage, was als schön, modern oder angemessen empfunden wird. Es ist auch ein Grundsatzstreit, bei dem sich zwischen den Experten und der Politik Gräben auftun. So hat mittlerweile nicht nur der von der Stadt beauftragte Gestaltungsbeirat sein Missfallen bekundet. Auch die Schutzgemeinschaft "Alt Bamberg" fürchtet einen "dauerhaften Fremdkörper", der selbst in Generationen keine Akzeptanz finden werde. Klare Worte von den Denkmalschützern: "Würde der bisherige Entwurf in dieser Form Wirklichkeit, wäre dies...mindestens so erschreckend wie das missglückte Glastor am Dominikanerkloster."

Der unter anderem als "Flughafentür" gescholtene Eingang zur Uni-Aula, die Debatte um die Villa Schröppel, die umstrittenen Pläne für die Unteren Mühlen und nun ein gläsernes Haus an der Kettenbrücke? Muss man in Bamberg eine Zeitenwende beim Denkmalschutz befürchten? Große Teile der Bamberger Politik sehen das nicht so. Sie stimmen dem Urteil zu, dass die Kettenbrücke der richtige Platz sei, um moderne Architektur zu wagen. CSU und SPD sprachen sich gegenüber dem FT dafür aus, dem Projekt mit ihrer Gestaltungsmehrheit den Weg zu ebnen.


Zwischen den Fronten

Die Nagelprobe folgt in Kürze: Am Donnerstag befasst sich der Gestaltungsbeirat erneut mit dem Projekt. Bornhofen kündigt heute schon an, kurz danach den Bauantrag einzureichen, mit nur leicht geändertem Entwurf, der die Teilung des Gebäudes in Glasfassade und aufstrebende Vertikale freilich noch betont.

Wie auch immer das Rathaus entscheidet: Eine Versöhnung von Modernisierern und Traditionalisten erscheint schwierig. Auch Baureferent Thomas Beese hält Bornhofens Entwurf für überarbeitungsbedürftig und plädiert für einen Kompromiss - ein zeitgenössisches Gebäude, das die grundsätzlichen strukturellen Merkmale des Bauens in Bamberg akzeptiert. Eine schräge Traufe gehört nicht dazu.

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