OB reagiert auf Entschuldigung von Klima-Aktivisten - eine Formulierung stört ihn besonders

In einem Brief wandten sich Mitglieder der Klima-Protestgruppe "Letzte Generation" vor Kurzem mit einer Forderung an die Bamberger Stadtspitze. Die Aktivisten drohten darin mit einer "maximalen Störung der öffentlichen Ordnung", falls das Rathaus ihre Forderungen nicht öffentlich unterstütze.
Das Schreiben stieß teils auf Kopfschütteln und Empörung. In einer erneuten Nachricht bat das Bündnis nun um Verzeihung für seine Wortwahl. Die Antwort von Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) ließ derweil nicht lang auf sich warten.
Update vom 23.03.2023: Starke antwortet "Letzter Generation" nach Entschuldigung - OB nimmt weiterhin Drohung wahr
Mit einem Antwortbrief hat Bambergs OB Andreas Starke auf das erneute Schreiben der "Letzte Generation" reagiert. Die Klima-Aktivisten hatten sich in ihren jüngsten Zeilen bei Deutschlands Rathaus-Chefs für ihre in ihrer ursprünglichen Mitteilung enthaltenden Wortwahl entschuldigt. Starke stört sich jetzt allerdings an einer weiteren Formulierung der Gruppierung.
In ihrer Stellungnahme zu den gegen sie erhobenen Erpressungsvorwürfen, die inFranken.de vorliegt, schrieben die Klima-Aktivisten am 20. März wörtlich: "Wir wollen, dass Sie ohne Druck mit uns in Verhandlungen gehen können und bieten Ihnen hiermit an, während Gesprächen oder nach einer Einigung, unsere Proteste zu pausieren oder zu stoppen."
Der Bamberger Oberbürgermeister bewertet diese Äußerung als abermalige Drohung. In seinem Antwortschreiben vom 22. März betont der SPD-Kommunalpolitiker, dass mit der gewählten Formulierung "meiner Meinung nach weiterhin mit Konsequenzen außerhalb des Rechtsrahmens gedroht wird". Starke gibt, an die Aktivisten gewandt, zu bedenken: "Die Demokratie lebt von der freien Meinungsäußerung. Diese darf niemals durch einzelne Gruppen eingeschränkt werden."
Forderung nach "Gesellschaftsrat Klima" stößt bei Starke auf Skepsis - OB gegen Aufbau von "Parallelstruktur"
Übereinstimmung gibt es laut OB-Schilderung indes in der Sache an sich. "Der Klimaschutz und der Kampf gegen den Klimawandel sollten das wichtigste Thema auf der politischen Agenda sein", erklärt Starke. "Gern möchte ich Ihre Forderungen daher in die Fraktionen und Gruppierungen im Bamberger Stadtrat tragen. Denn dies ist der Rahmen, in dem die inhaltlichen Beschlüsse gefasst werden."
Die Forderung der "Letzten Generation" nach einem deutschlandweiten "Gesellschaftsrat Klima" stößt bei Starke indes auf Skepsis. "Ein demokratisch legitimiertes Gremium, das repräsentativ die Meinungen und Bedürfnisse in Deutschland abbildet und den Anspruch hat, die Gesamtwillensbildung des Staates abzubilden, existiert bereits." Gemeint ist damit offensichtlich der Deutsche Bundestag. Die Existenz eines sogenannten "Gesellschaftsrats" hält Starke hingegen für nicht erforderlich, wie seinen Worten an die Gruppierung zu entnehmen ist.
"Ich sehe wenig Sinn darin, eine Parallelstruktur aufzubauen, die letztlich die Prozesse nicht beschleunigt (so Ihr Ansinnen), sondern verzögert, da es sich nicht um ein beschlussfassendes Gremium handeln kann." Gleich mehrere Fragen - etwa die konkrete Besetzung des "Gesellschaftsrats" - bleiben für den OB gegenwärtig unbeantwortet. In seiner Antwort bittet er die Aktivisten diesbezüglich um entsprechende Rückmeldung. "Für eine Stellungnahme wäre ich dankbar. Danach werde ich die Angelegenheit erneut im Ältestenrat der Stadt Bamberg beraten lassen", hält Andreas Starke abschließend fest.
Erstmeldung vom 23.03.2023: "Bitten um Verzeihung": Klima-Aktivisten entschuldigen sich nach Erpressungsvorwurf
Mit einer Forderung sorgten die Klima-Aktivisten der "Letzten Generation" unlängst in vielen Rathäusern für Empörung. In einem Schreiben an Deutschlands Oberbürgermeister und Bürgermeister verlangte die Gruppe einen deutschlandweiten "Gesellschaftsrat Klima". In diesem sollen Bürger unter Expertenrat für die Bundesregierung verpflichtende Lösungen in Hinblick auf "Nullemissionen bis 2030 in Deutschland" erarbeiten. Auch in Bamberg drohten die Aktivisten mit einer "maximalen Störung der öffentlichen Ordnung", wenn das Rathaus ihre Forderungen nicht öffentlich unterstütze.
Bei positiver Rückmeldung werde man den Protest indes "dauerhaft beenden", hieß es in dem Dokument der "Letzten Generation" von Ende Februar. Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) bezeichnete diese "Drohung" gegenüber inFranken.de als "inakzeptabel". Dass der OB dennoch über die Forderung der Klima-Gruppe diskutieren lassen wollte, stieß bei mehreren Stadträten allerdings auf Unmut. Die Stadtratsmitglieder Claudia John (FW), Daniela Reinfelder (BuB), Martin Pöhner (FDP) und Klaus Stieringer lehnten jegliche Gespräche mit dem Bündnis vehement ab. In einem Dringlichkeitsantrag für die seinerzeit nächste Stadtratssitzung war gar von einer "Erpressung" die Rede, auf die sich die Stadtverwaltung keinesfalls einlassen dürfe.
Nach Erpressungsvorwürfen: "Letzte Generation" räumt "Fehler" ein - weiterer Brief an Rathaus-Chefs
Nun die durchaus überraschende Wende: In einem weiteren Brief baten die Verantwortlichen der "Letzten Generation" in dieser Woche die Rathaus-Chefs um Entschuldigung. "Wir haben wahrgenommen, dass diese Formulierung bei den Städten als Drohung wahrgenommen wird. Das war nie unsere Absicht", heißt es in dem aktuellen Schriftstück. Die Gruppierung habe laut eigenen Angaben Verständnis, dass es unter Druck schwierig sei, in Verhandlungen zu kommen und währenddessen eine gute Lösung zu finden.
"Wir bitten um Verzeihung für diese Formulierung", erklären die Klima-Aktivisten. Die vormals gewählte Ausdrucksweise werde in zukünftigen Briefen gestrichen. "Wir sind eine lernende Gruppe und machen Fehler", hält die "Letzte Generation" fest. "Es ist uns wichtig, diese einzugestehen." Der Gruppe sei daran gelegen, die "teils verhärteten Seiten" wieder aufzuweichen.
Mit Blick auf die "fortschreitende Klimakrise" brauche es "schnelle, gemeinsame Schritte". Die überarbeitete Forderung: "Was wir wollen, ist also keine gesetzliche Bindung der Bundesregierung an die erarbeiteten Maßnahmen, sondern ein öffentliches Versprechen, den aus dem Gesellschaftsrat sprechenden demokratischen Willen der Bevölkerung umzusetzen."
In einer anderen Angelegenheit gibt es derweil ein juristisches Nachspiel: Nach einer Protestaktion der "Letzten Generation" am Bamberger Reiter im Dom kommt auf die Aktivisten nun unter anderem ein Strafantrag zu.