Die Bamberger Modedesignerin Renatta Pruneda setzte ihre historisch inspirierte "Haute-Couture"-Mode im Bamberger Vogelsaal in Szene. Wir besuchten sie und ihr prominentes Model Kriemhild Siegel in der geschichtsträchtigen Kulisse.
Zwischen den weiß lackierten Vitrinen schimmern gleich zwei grünbläuliche Federkleider um die Wette: Zum einen das Gefieder des ausgestopften Pfaues, der regungslos auf seiner Stange sitzt, und zum anderen das Abendkleid der Sopranistin Kriemhild Siegel, die neben dem Vogel für den Fotografen posiert. - Der mit 2200 Exponaten bestückte Vogelsaal des Bamberger Naturkunde-Museums lieferte am Dienstag die Kulisse für ein Modeshooting der Designerin Renatta Pruneda.
Der Traum vom Modedesign
Bamberg ist nach Ansicht der Modeschöpferin ein "Juwel der Geschichte" und bietet ihr große Inspiration für die Arbeit.
Deswegen bereut sie auch nicht, vor sieben Jahren- der Liebe wegen - in die Stadt an der Regnitz gezogen zu sein.
Es war schon immer der Traum der gebürtigen Mexikanerin, nach Europa zu gehen und hier als Modedesignerin zu arbeiten: "Bereits als kleines Kind nähte ich meinen Puppen Kleider und setzte mich mit dem Thema Mode auseinander." Den Beruf des Modedesigners lernte sie allerdings von der Seite des Models her kennen, als sie in ihrer Heimat an diversen Schönheitswettbewerben teilnahm und dafür von namhaften Modemachern ausgestattet wurde.
Als die Entscheidung fiel, selbst in das Geschäft einzusteigen, blieb sie den Misswahlen zunächst treu und entwarf Abendmode für Schönheitsköniginnen. Obwohl sich Pruneda in ihrem Heimatland schnell einen Namen machte und Berühmtheiten wie die Frau des mexikanischen Präsidenten einkleidete, beschloss sie, für ihren heutigen Mann nach Bamberg zu kommen: "Ich bereue meine Entscheidung nicht. Gerade ist aber eine harte Zeit, weil ich komplett von vorne beginnen muss."
Ihre pompösen Kreationen passen perfekt in die oberfränkische Altstadt: Inspiriert von historischen Gewändern entwirft Pruneda opulente Roben und royal anmutende Kostüme.
Unter dem Motto "women empowerment" will sie starke Frauen anziehen und bedient sich dabei der Historie: Die opulenten Dreispitze und tailliert geschnittene Reiterjacken ihrer Kollektion "Imperium Napoleon" sollen die Macht der Frau darstellen.
Mode im Museum
"Frauen sind wie Vögel - frei. Eine starke Frau kann überall hin wo sie will." Mit diesem Satz erklärt die Modedesignerin auch den Bezug zwischen dem klassizistischen Vogelsaal und ihrer Damenmode. Sie hätte zwar schon Shootings in verschiedenen Museen gemacht, von dem klassizistischen Ausstellungssaal im Naturkundemuseum aber ist sie einfach begeistert, weil man sich in ihm so feminin und mächtig fühle.
Auf den zwischen 1792 und 94 vom Hofarchitekten Lorenz Fing erschaffenen Saal, stieß die zweifache Mutter durch eines ihrer Kinder: "Meine Tochter war mit der Schule im Museum und schwärmte mir von einem wunderschönen Saal voller Vögel vor. Ich erkundigte mich bei ihrer Lehrerin und fragte an, ob ein Shooting machbar wäre." Museumsdirektor Matthias Mäuser sagte zu.
Ein prominentes Model
Auch ihr Model Kriemhild Siegel - Ehefrau des Musikproduzenten Ralf Siegel - zeigte sich beeindruckt von dem Saal und der darin ausgestellten Artenvielfalt: "Es ist unglaublich, mir wurde gesagt, hier wären knapp zehn Prozent aller Vogelarten ausgestellt."
Die Sopranistin und die Modeschöpferin haben sich auf der Berlin Fashionweek kennen gelernt und arbeiten seither für Wohltätigkeitsveranstaltungen zusammen. In Hinblick auf ihre Mode bezeichnet Renatta Pruneda die Sängerin als ihre Muse. Diese Zuneigung beruht auf Gegenseitigkeit: Siegel liebt die Arbeiten der Mexikanerin, weil sie sich darin wie eine Prinzessin fühlt.
Auch ihrem prominenten Gatten dürften die aufwendig von Hand bestickten Stücke, die seine Frau für den Fototermin trug, gefallen: "Wäre mein Mann jetzt hier, würde er sagen, ich gefalle ihm immer und könnte sogar einen Sack tragen. Aber ich glaube, dass ihm auch diese Kleider zusagen würden." Siegel besitzt allerdings auch privat das eine oder andere Kunstwerk von Renatta: Als Bühnenoutfit für Konzerte eignen sich die Kleider perfekt; doch auch im Alltag sind einzelne Stücke tragbar." Die 40-jährige kombiniert zu ihren, laut eigener Aussage sonst eher schlichten Outfits gerne einmal Jacken der Designerin.
Die ansonsten eher für den roten Teppich gedachten Kreationen sollen in der nächsten Saison durch eine zweite Marke ergänzt werden. Dabei wird es sich nicht um Laufstegmodelle handeln, sondern um durchwegs alltagstaugliche Teile im Stil des Prêt-à-porter (französisch: "fertig zum tragen").
Pruneda verrät nur so viel darüber, dass sie sich für die neue Kollektion von den Farben ihrer südamerikanischen Heimat inspirieren ließ. Ansonsten bliebe sie ihrem Grundthema Geschichte treu, es werde "royal".
Königliches Auftreten hat angesichts der Sonderanfertigungen, die sie von Hand in ihrem Atelier anfertigt, allerdings seinen Preis: "Die Kosten sind unterschiedlich - für ein einfaches Abendkleid verlange ich um die 4000 Euro." Der Grund: Pro Outfit muss etwa eine Woche Arbeit investiert und darauf geachtet werden, "das Beste aus jeder Frau rausholen". Ihr Traum ist es, mit ihrem Handwerk den Durchbruch in Paris zu schaffen - rein beruflich, denn Bamberg will sie nicht den Rücken kehren.
Auch Kriemhild Siegel hat sich ein großes Ziel für die Zukunft gesteckt: Neben der für nächstes Jahr geplanten Veröffentlichung eines neuen Albums arbeitet sie gerade mit ihrem Mann an einem Lied, mit dem sie es zum "Eurovision Songcontest" schaffen will.
Ihrer Bekannten Pruneda und deren Arbeit wünscht sie noch viel Erfolg: "Wenn ich sie mit meinem Namen unterstützen kann, dann tue ich das gerne."
Lebende Geschichte
Die studentische Aushilfskraft des Naturkundemuseums Bamberg, Jochen Lupprian, erhofft sich allerdings nicht nur einen Karrierepush für die 42-jährige Modemacherin, sondern auch mehr Prominenz für den Vogelsaal: "Es ist ein Bamberger Phänomen, dass viele Leute weder von Frau Pruneda noch von unseren Räumlichkeiten je gehört haben. Deshalb ist es sehr schön, dass das Shooting hier stattfindet - es bringt die Geschichte zum Leben. Es wäre schade, die Räume "nur" als Museum zu verwenden."
Auch Museumsleiter Matthias Mäuser findet, dass zeitgemäße Veranstaltungen wie Lesungen, Theaterstücke oder in diesem Fall Fotostrecken der Altehrwürdigkeit des Gebäudes keinen Abbruch tun, im Gegenteil: "Das Moderne wird schließlich künftige Geschichte."