Bamberg: Kein Respekt mehr vor der Polizei!

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Streifenbeamte haben es schwer - besonders in Bamberg.Archivbild; RiegerPress
Streifenbeamte haben es schwer  - besonders in Bamberg.Archivbild; RiegerPress

Streifenbeamte in Bamberg werden immer öfter beleidigt, beschimpft und angegriffen. Das hat in erster Linie mit deutlich zu viel Alkohol zu tun.

"Verpisst Euch, Ihr scheiß Bullen" ist noch harmlos. Es sind viel heftigere Kraftausdrücke, die Streifenbeamte der Bamberger Polizei in nahezu jeder Schicht zu hören bekommen. Dinge, die man in der Zeitung gar nicht schreiben kann - Beleidigungen und Beschimpfungen weit unter der Gürtellinie sind an der Tagesordnung. Vor allem an der Nachtordnung. Das schildert ein Polizeihauptmeister der Dienstgruppe B der Inspektion Bamberg-Stadt. "Immer hat es mit Alkohol oder Drogen zu tun", sagt der 28-Jährige, der lieber anonym bleiben will. In der Sandstraße etwa seien Beleidigungen aus der Menge von Feierenden heraus normal. Doch scheinen manche auch nicht vor mehr zurück zu schrecken: Vor Kurzem erst wurde eine seiner Kolleginnen angemacht, indem ein Betrunkener die Hose öffnete und zu ihr sagte: "Komm blas‘ mir einen." Unglaublich.

Nüchterne Bilanz

Der Polizeihauptmeister zieht eine eher nüchterne Bilanz nach vier Jahren auf Streife durch Bamberg: "Von Jahr zu Jahr stellt man fest, dass es mehr wurde. Der Respekt vor der Uniform hat dagegen abgenommen - er besteht unter Alkoholeinfluss so gut wie gar nicht mehr."

Das ist auch an den Zahlen festzustellen: Keine andere Inspektion in Oberfranken hat mit so vielen Attacken gegen Polizisten zu kämpfen, wie die Bamberger Inspektion. Waren es im Jahr 2016 noch 128 Angriffe, wuchs die Zahl bereits ein Jahr später auf 144 Vorfälle an. In ganz Oberfranken sind im vergangenen Jahr 627 Attacken registriert, das bedeutet, dass fast jeder vierte Angriff in Bamberg geschieht.

Darunter sind zwar zum größten Teil verbale Beleidigungen (2017: 69), doch auch Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (18) und vor allem Körperverletzungen und gefährliche Körperverletzungen (47) sind bereits registriert - und sogar ein Totschlagsversuch.

In diesem Fall wurde erst kürzlich ein Mann vom Landgericht verurteilt, der als Bräutigam bei seinem Junggesellenabschied auf eine Polizistin los ist und sie nach einem Streit vor einer Diskothek beinahe bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt hatte. Kollegen der 26-Jährigen konnten den stark alkoholisierten Mann nur schwer von der Streifenbeamtin wegbringen.

Der Angreifer hatte Glück: Das Gericht entschied aufgrund seiner Persönlichkeit und seines positiven Umfelds sowie seinen Bemühungen dem Opfer gegenüber auf eine Strafe wegen gefährlicher Körperverletzung, die mit bestimmten Auflagen auf Bewährung ausgesetzt wurde.

Polizeichef Thomas Schreiber beobachtet die Angriffe auf seine Beamten mit großer Sorge. Er macht aber auch deutlich, dass die Inspektion keine Kompromisse kennt: "Wir bringen so viele Delikte wie möglich zur Anzeige", erklärt Schreiber.

Er als Dienstherr stelle immer Strafantrag, da großes Interesse bestehe, dass die Angreifer auch verurteilt werden.

Eingestellt wurde laut Schreiber bisher nur ein Fall, als ein psychisch Kranker auf Polizisten in einer Wohnung los ging - mittendrin war damals auch der 28-jährige Polizeihauptmeister. "Eine untypische Situation", schildert der Beamte. Denn der Betroffene sei in der Wohnung ruhig gewesen, erst als ihm eröffnet worden sei, dass er in die Klinik St. Getreu am Michelsberg soll, tickte er aus. Mehrere Polizisten hatten Mühe, ihn unter Kontrolle zu bringen. "Wir fielen zusammen knapp an einem Glastisch vorbei", erzählt der junge Polizist. Der Einsatz verlief am Ende glimpflich.

Auch zum Ankerzentrum, dem großen Asylheim im Osten der Stadt, muss die Polizei zu Einsätzen ausrücken: "Die Bewohner werden relativ schnell laut in der AEO", erklärt der Streifenbeamte den Unterschied zu anderen Einsätzen. Deshalb werden die Polizisten sowohl in interkultureller Kompetenz geschult, wie auch speziell auf Konfliktsituationen.

Auf lange Sicht sollen bald Bodycams die Beamten bei ihrer Arbeit unterstützen: Die Bamberger Inspektion ist dabei in Oberfranken als Pilotdienststelle ausgewählt worden. Im Frühjahr soll das Roll-out erfolgen. "Wir erhoffen uns dadurch Deeskalation", erklärt Polizeidirektor Schreiber.

In erster Linie aber könnten die Aufnahmen zur Aufklärung dienen: Es könne damit aufgezeichnet werden, was passiere. Das könnte auch dem 28 Jahre alten Streifenbeamten und seinen Kollegen von der Dienstgruppe B mehr Sicherheit geben.