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Gewalt im Ankerzentrum Bamberg: Stadträtin stellt Forderung


Autor: Daniel Krüger

Bamberg, Freitag, 03. November 2023

In den vergangenen Wochen haben immer wieder Gewalt-Vorfälle im Bamberger Ankerzentrum für Aufsehen gesorgt. Stadträtin Ursula Redler (parteilos) ist Mitglied des Ombudsteams - und hat eine klare Forderung. Die Polizei äußert sich zu den Zahlen.
Im Bamberger Ankerzentrum ist es in den vergangenen Monaten immer wieder zu Gewalt-Vorfällen gekommen.


In den vergangenen Wochen haben im Bamberger Ankerzentrum vermehrt gewalttätige Auseinandersetzungen für Aufsehen gesorgt. Teilweise kam es binnen weniger Tage gleich zu mehreren Vorfällen. So gerieten beispielsweise am Abend des 13. Oktober 2023 zwei Personengruppen aneinander. Dem Bericht der Polizei zufolge sollen nach damaligem Ermittlungsstand sieben georgische Tatverdächtige mehrere syrische und russische Männer "mit spitzen Gegenständen und Eisenstangen verletzt" haben. Nur wenige Stunden später, am Morgen des 14. Oktober 2023, waren dann laut Polizei Unbekannte in eine fremde Wohnung auf dem Gelände eingedrungen.

Die männlichen Angreifer sollen "mit Fäusten und Eisenstangen auf die Georgier eingeschlagen" haben, die dort zum Tatzeitpunkt wohnten. Drei Tage später, am Dienstag (17. Oktober 2023), attackierte der Polizei zufolge ein 23 Jahre alter Mann einen 26-Jährigen mit Schlägen und einer Nagelschere. Bereits in der Nacht auf den 11. Oktober 2023 war es im Ankerzentrum zu einer Messerstecherei gekommen, bei der ein Mann schwer verletzt wurde. Einige Wochen zuvor hatte eine Massenschlägerei in der Einrichtung die Polizei auf Trab gehalten - vier Personen wurden in Krankenhäuser gebracht. Am darauffolgenden Tag rückte die Polizei sogar mit einem Hubschrauber aus - denn offenbar als Nachspiel zur Schlägerei versuchten sich 40 Personen, illegal Zutritt zum Gelände zu verschaffen

Gewalt im Ankerzentrum "geringfügig rückläufig" - doch Polizei sieht zunehmendes "Konfliktpotential"

Hat die Gewalt im Ankerzentrum tatsächlich zugenommen? Auf Anfrage von inFranken.de äußert sich die Polizeiinspektion Bamberg-Stadt zur aktuellen Lage. "Im Jahr 2023 kam es bis dato zu 544 Einsätzen in der Anker-Einrichtung Oberfranken. Im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres waren es 558 Einsätze", heißt es in der schriftlichen Antwort. "Im gesamten Jahr 2022 konnten 740 Einsätze verzeichnet werden. Die Gesamteinsatzzahlen sind somit geringfügig rückläufig. Eine überdurchschnittliche Anzahl an Gewalt- beziehungsweise Straftaten konnten wir nicht feststellen", so ein Sprecher der Polizei.

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Auch bezüglich von Meldungen aus der Nachbarschaft sei "keine überdurchschnittlich hohe Anzahl an Mitteilungen festzustellen", heißt es weiter. "Es ist uns ein Anliegen, jede Störung des Sicherheitsempfindens der Anwohner ernsthaft zu hinterfragen, die Ursachen festzustellen und Lösungen zu finden", schreibt die Polizei. Bei der vergangenen Landtagswahl hatte die Alternative für Deutschland (AfD) in der unmittelbaren Umgebung des Ankerzentrums, aber auch in Stadtteilen mit überdurchschnittlich vielen Menschen mit Migrationshintergrund sehr hohe Zustimmungswerte erzielen können.

Gleichzeitig bestehe bei der Bamberger Polizei "der Eindruck, dass durch die hohe Auslastung und Verdichtung innerhalb der Einrichtung das Konfliktpotential in der täglichen Begegnung unterschiedlicher Nationalitäten und Ethnien – oft auch aus nichtigen Anlässen – zunimmt". Mit einer geringeren Auslastung "wäre somit auch eine dahingehende Verbesserung zu vermuten", so die Inspektion. "Wir versuchen stets, im Rahmen von repressiven und präventiven Maßnahmen in enger und regelmäßiger Abstimmung mit der Einrichtungsleitung und anderen involvierten Behörden und Institutionen, dahingehenden Lageentwicklungen entgegenzutreten". 

"Stimmung schwierig": Bamberger Stadträtin sieht Obergrenze als entscheidendes Instrument

Die Bamberger Stadträtin Ursula Redler (parteilos) ist seit der Gründung 2015 Mitglied des Ombudsteams, das sich um die Belange im Ankerzentrum kümmert und als Vermittler zwischen Behörden, Organisationen und der Bewohnerschaft dient. "Wir sagen seit Jahren, dass wir eine Obergrenze brauchen. Der Beschluss des Stadtrats, der noch immer gilt, sieht eine Maximalbelegung von 1500 Personen vor - das ist eine Grenze, mit der die Infrastruktur der Stadt umgehen kann", sagt die Kommunalpolitikerin. Mit Sorge betrachte sie die aktuelle Vollauslastung mit rund 2700 Menschen - nun ist sogar eine Reserve-Unterkunft in Bamberg geplant

"Immer, wenn wir über bestimmte Grenzen kamen, wurde die Stimmung schwierig", erklärt Redler. "Wenn viele Menschen aus vielen Kulturen, großteils ohne Bleiberechte, auf engem Raum zusammenleben, wird es problematisch und auch zu viel für die Stadt", sagt sie mit Blick auf wiederholte Gewalt-Vorfälle in der Erstaufnahmeeinrichtung. Aktuell seien im Ankerzentrum vor allem Menschen aus Georgien, Russland, Syrien, Marokko und der Republik Moldau untergebracht. "Als das Ankerzentrum geschaffen wurde, waren die Balkan-Länder Schwerpunkt, heute sind es vor allem Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion, die Bamberg zugewiesen werden." 

Die Ampel-Koalition hat sich mittlerweile nach längerem Ringen geeinigt, Moldau und Georgien zu sicheren Herkunftsländern zu erklären. Experten sehen dies - analog zu den Balkan-Staaten - als mögliches Erfolgsinstrument bei der Steuerung von Migration. Für Bamberg sei es enorm wichtig, dass die Obergrenze eingehalten werde, sagt Stadträtin Redler. "Wir dürfen nicht die Augen verschließen." Ihre Forderung: "Die Bundesregierung muss die Bedürfnisse der einzelnen Kommunen achten." Weitere Nachrichten aus Bamberg findet ihr hier.