Bezirksheimatpfleger Günter Dippold spricht am Dienstag in der Volkshochschule über "Bamberg im Umbruch - 1802 bis 1810".
Da blutet doch das Herz des stolzen Bambergers: Seine fränkische Heimat soll eine "bayerische! Provinzstadt!" sein? Aus Münchner Sicht ist das wohl heute noch so. War es auf jeden Fall zu Beginn des 19. Jahrhunderts.
Wie also Bamberg von der fürstbischöflichen Hauptstadt zur bayerischen Provinzstadt mutierte, wird Bezirksheimatpfleger Günter Dippold am Dienstagabend (26. September) in der Volkshochschule entfalten. Er spricht über "Bamberg im Umbruch - 1802 bis 1810". Kenner seiner humorvollen Vortragsweise dürfen sich auf fundierte Ausführungen und kaum bekannte Details freuen.
Professor Dippold lieferte zuvor unserer Zeitung eine Kostprobe seines heutigen Vortrags. Er machte deutlich, dass Bamberg in seiner wechselvollen Geschichte zwei besonders tiefe Einschnitte erlebte.
Durch die Errichtung des Bistums Bamberg durch Heinrich II. im Jahr 1007 und die Ausstattung mit Besitz und Herrschaftsrechten war der Grund gelegt für ein geistliches Fürstentum. Bamberg war durchweg Hauptstadt dieses Staates - nicht selbstverständlich, denn andere Bischöfe mussten ihren Herrschaftssitz verlegen. In Bamberg saßen zentrale Behörden, und hier entfaltete sich ein gewisses Hofleben. Bamberg wurde auch bald nach 1007 eine geistliche Stadt,
mit Stiften, Männer- und Frauenklöstern verschiedener Orden, zwei großen Pfarr- und vielen Nebenkirchen und mit einer lange Zeit geistlich geführten Universität.
Das Ende des geistlichen Staats und die Angliederung seines Gebiets an das Kurfürstentum Bayern war der zweite tiefe Einschnitt in der Bamberger Geschichte. Denn dem Ende des Hochstifts Bamberg folgte 1803 die Aufhebung der Stifte, des Klosters Michelsberg und der Universität. Anderen Klöstern wurden Neuaufnahmen untersagt. Die Bedeutung Bambergs als geistlicher Stadt sank.
Der Wegfall eines Fürstenhofes, der Klöster und der Hochschule veränderten den Charakter der Stadt. Etliche Handwerker, die von solchen Einrichtung profitiert hatten, ja von ihnen abhängig gewesen waren, standen vor einer ungewissen Zukunft.
Dabei war der Aderlass für Bamberg mit dem Jahr 1803 noch nicht zu Ende. 1810, nach dem Erwerb des ehemals preußischen Fürstentums Bayreuth durch Bayern, wurde Bayreuth anstelle von Bamberg zur Hauptstadt des "Mainkreises". Das Generalkommissariat, die heutige Regierung von Oberfranken, verließ die Stadt an der Regnitz. Schon im Jahr zuvor, 1809, war die Oberste Justizstelle für Franken, die in Bamberg saß, aufgelöst und ihre Zuständigkeiten dem Obersten Landesgericht in München übertragen worden. Diese Verluste bedeuteten weitere Nachteile für das städtische Gewerbe und mindestens ebenso sehr für das Selbstwertgefühl der Kommune.
Die Umbrüche waren aber auch am Stadtbild abzulesen. Die alte Martinskirche, die Franziskanerkirche und kleinere Nebenkirchen wurden abgebrochen - die bayerische Verwaltung hielt Plätze für erforderlich. Stadttürme am Steinweg
(später Königsstraße), am Kaulberg und an der Sandstraße wurden niedergerissen. Viele Fischteiche rund um Bamberg wurden trockengelegt. Andererseits entstand Neues: Schon 1803 wurde im Mühlwörth eine Volksgartenanlage geschaffen, der Hain. Eine öffentliche Bibliothek und eine allgemein zugängliche Naturaliensammlung wurden gegründet.
Auch verwaltungstechnisch wurde die Stadt neu gegliedert. Die komplizierte, historische gewachsene, schwer durchschaubare Rechtsstruktur wich einer einheitlichen Gemeinde, in nach naturräumlichen Gegebenheiten und
Nützlichkeitsaspekten in vier "Distrikte" gegliedert wurde, und dieser Unterteilung wurden die vier neuen Pfarrersprengel angepasst.
Bamberg wurde also in weniger als einem Jahrzehnt umgeformt: von einer Haupt- und Residenzstadt mit ihren Vorzügen, mit einer an Traditionen ausgerichteten und dadurch verkrusteten Verwaltung, zu einer bloßen Provinzstadt, mit nur noch begrenzten Zentralfunktionen, dafür aber mit zeitgemäßen, einheitlichen Strukturen in der Administration des Gemeinwesens.
Die Ansiedlung von Industriebetrieben ging stockend voran und war von mancherlei Misserfolgen begleitet. Erst die Anbindung an die neue Verkehrsinfrastruktur in den 1840er Jahren (Eisenbahn, Ludwigskanal) "scheint eine Wende zum Besseren eingeleitet zu haben", vermutet Bezirksheimatpfleger Dippold.
Der Vortrag am Dienstag:
Günter Dippold: "Bamberg im Umbruch. Von der fürstbischöflichen Hauptstadt
zur bayerischen Provinzstadt (1802-1810" in der VHS (Altes E-Werk),
Tränkgasse 4, Großer Saal. Beginn: 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.