Auch wenn es lange Zeit ruhig war um den Bahnausbau durch Bamberg: Aussitzen wie geplant wird der Stadtrat das Thema nicht können. Die Bahn möchte 2016 eine Entscheidung über die Trasse treffen und 2022 mit dem Ausbau beginnen.
Bamberg Die Flüchtlingskrise hat ein Großthema in Bamberg in den Hintergrund gedrängt, das sich im kommenden Jahr mit Macht neu stellen dürfte: Welchen Weg nimmt der viergleisige Bahnausbau durch Bamberg? Will der Stadtrat eine von zwei diskutierten Ost-Umfahrungen? Möchte er den Ausbau im Bestand oder die Untertunnelung, die mit 768 Millionen Euro teuerste Variante?
Die Hoffnungen im Stadtrat, dass Bamberg der Ausbau des verbliebenen 13 Kilometer langes Reststücks auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin München erspart bleibt, werden sich wohl nicht erfüllen. Davon zeigt man sich in der Stadtverwaltung überzeugt. Zwar habe es bahntechnisch und vor allem finanziell Manches für sich, einen zwischen 650 und 770 Millionen Euro teueren Ausbau einzusparen, der nur noch wenige Sekunden Fahrtzeitverkürzung bringt, "doch politisch ist das bei einem solchen Projekt von nationaler Bedeutung kaum denkbar", sagt Claus Reinhardt.
Baustart ab 2022?
Bestärkt hat den Persönlichen Mitarbeiter des Baureferenten in dieser Ansicht das jüngste Treffen mit führenden Bahnmitarbeitern vor wenigen Tagen in Bamberg. DB-Konzernbevollmächtiger Klaus-Dieter Josel und Projektverantwortlicher Olaf Drescher hätten dabei deutlich gemacht, dass die Bahn 2016 eine Entscheidung von der Stadt erwartet. Der Zeitplan der Bahngewaltigen sieht vor, dass im Folgejahr 2017 die Entwurfsplanung vergeben wird. Mit dem Start zum Planfeststellungsverfahren rechnet man im Jahr 2020, so dass 2022 mit dem Bau begonnen werden könnte.
Auch der Bamberger Bundestagsabgeordnete Thomas Silberhorn (CSU) hält die Entscheidung in Bamberg für überfällig. Vor allem vor dem Hintergrund, dass sich andere Städte im Umfeld für einen ICE-Halt stark machten, müsse sich die Stadt endlich klar darüber werden, was politisch gewollt sei.
GAL will "Ostumfahrung light"
In seiner Ansicht, dass die Ostumfahrung mittlerweile vom Tisch ist, trifft sich Silberhorn in der Meinung mit den beiden großen Fraktionen CSU und SPD, die sich mehr oder weniger bereits von einem Weg durch den Hauptsmoorwald distanziert haben. Allein die Bamberger Grünen möchten die zweite Ost-Alternative noch nicht abhaken: "Wer Bamberg Monstermauern ersparen will, sollte eine untertunnelte Güterzugumfahrung in ihrer abgespeckten Variante ernsthaft prüfen", sagt die GAL-Chefin Ursula Sowa.
Gerade weil hinter den Kulissen auch im vergangenen Jahr stets weitergearbeitet wurde, hat die Stadt bereits einen Berg von Fakten zusammengetragen, der es möglich machen sollte, eine Entscheidung zu fällen. So ist mittlerweile nicht nur bekannt, was der Bahnausbau in seinen unterschiedlichen Varianten kostet; auch die Lärmbelastungen und die Dimensionen der Beeinträchtigungen während des jahrelangen Bauprozesses der Trasse können heute halbwegs realistisch eingeschätzt werden.
Tunnel kostet 48 Millionen mehr
Unter anderem hat die Gutachterschlacht die bemerkenswerte Erkenntnis zu Tage gefördert, dass die Untertunnelung ab der Geisfelder Straße "nur" sieben Prozent, das sind 48 Millionen Euro, teurer kommen würde als der deutlich langwierigere Ausbau auf der Bestandsstrecke. Ungelöstes Problem beim Tunnel ist freilich nach wie vor, wer die Mehrkosten über das "betrieblich Notwendige" hinaus übernimmt und wie die Geisfelder Unterführung ersetzt werden könnte, die bei einem Eintauchen der Gleise auf Höhe Münchner Ring technisch nicht machbar wäre.
Claus Reinhardt nimmt es als Beleg für die Bereitschaft der Bahn, auch über ein Tunnel ernsthaft nachzudenken, dass man nun gemeinsam ein Szenario bearbeitet, bei dem die Absenkung der Gleise bereits auf Höhe der Forchheimer Straße beginnt.
Wie vielschichtig das Thema Bahnausbau trotz des bereits vorhandenen Wissens immer noch ist, zeigt ein weiteres Gutachten, das die Stadt bis Februar erwartet: Es soll die Kapazitätsauslastung des Bamberger Eisenbahnknotens berechnen und könnte neue Erkenntnisse darüber liefern, ob der Ausbau nach der Zahl der Güterzüge überhaupt nötig ist - neben der Streckenbeschleunigung der zweite Grund für die neuen Gleise.
Derzeit fahren durch Bamberg etwa 230 Züge am Tag, davon 85 Güterzüge. Zahlen, wonach sich diese Belastung deutlich verstärken soll, hat die Stadt in einem eigenen, von der Bahn nicht widerlegten Gutachten entkräftet. Die Hoffnung, die sich hinter den Zahlenspielen verbirgt, ist klar: Ein stufenweiser Ausbau könnte das Gespenst einer über mehrere Jahre total blockierten Stadt bannen.
Möglicherweise kommt den Interessen der Stadt ja auch der aktuelle Bundesverkehrswegeplan 2015 entgegen. Die Veröffentlichung dieser Übersicht über die prioritären und damit auch finanzierungsreifen Vorhaben der Bundesregierung wird mit Spannung erwartet. Denn trotz gegenteiliger Bekundungen gilt es nicht als sicher, dass der Ausbau in Bamberg dort wirklich auftaucht.